
Ein möglicher Abrechnungsbetrug bei Corona-Bürgertests sorgt seit dem Wochenende für Schlagzeilen: Testcenter sollen gegenüber den Behörden eine viel höhere Zahl von Tests angegeben haben, als sie tatsächlich ausgeführt haben. Bekannt wurden bislang Verdachtsfälle in Nordrhein-Westfalen und Bayern. Wären derartige Betrugsfälle auch in Würzburg denkbar? Wir haben das Gesundheitsamt Würzburg und einen Betreiber von Testzentren nach Kontrollmechanismen und Qualitätsstandards befragt.
Erstaunt habe ihn die Nachricht über den Betrugsverdacht nicht, erschrocken sei er aber schon, sagt Marco Kurre, Geschäftsführer der Würzburger Firma Contime, die im Auftrag von Stadt und Landkreis Würzburg nicht nur im "Airport" in der Gattinger Straße ein Zentrum für kostenlose Schnelltests betreibt, sondern auch in der Odeon Lounge in der Augustinerstraße, im Vogel Convention Center sowie im Burkardushaus hinter dem Dom.

Zum Hintergrund: Seit dem 8. März kann sich jeder mindestens einmal pro Woche kostenlos auf Corona testen lassen. Die Kosten für die sogenannten Bürgertests übernimmt der Bund: Zwölf Euro pro Testung plus bis zu sechs Euro Materialkosten werden pro Test an die Testzentren überwiesen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) treten hier als Mittler auf. Über sie rechnen die Betreiber von Testzentren die Tests ab, die KVs wiederum bekommen das Geld vom Staat zurückerstattet.
Kaufbelege müssen bei der Abrechnung nicht beigelegt werden
Belege darüber, ob die abgerechneten Tests wirklich stattgefunden haben, sind nicht verpflichtend, eine reine Zahlenangabe reicht. Marco Kurre bestätigt dies: Es gebe lediglich den Hinweis, dass man die Kaufbelege über die Tests bis Ende 2024 aufheben müsse – beigelegt werden müssten diese aber nicht. "Ich schicke bei der Abrechnung mit der KV freiwillig die Rechnungen über die gekauften Tests mit", so Kurre.
Der gelernte Fachmann für Arbeitssicherheit sieht einige generelle Schwächen in der bestehenden Testverordnung – zum Beispiel, dass mancherorts ein Online-Video als medizinische Unterweisung für das Personal von Testzentren ausreiche. Für den Bereich Würzburg sieht er die Lage aber positiv: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier zu solchen Betrugsfällen gekommen ist", sagt Kurre und begründet dies mit den hohen Standards des hiesigen Gesundheitsamtes, das er für "mehr als gewissenhaft" hält.
Wie aber kontrolliert das Gesundheitsamt die Testzentren? "Das Gesundheitsamt Würzburg setzt zur Qualitätsprüfung der Arbeit an den Antigen-Schnellteststellen in Stadt und Landkreis Würzburg zwei aus Fachkräften bestehende Teams ein", heißt es von Seiten des Testmanagements am hiesigen Gesundheitsamt. Diese würden unangekündigt und verdeckt die ordnungsgemäße Durchführung der Testungen überprüfen, außerdem die Einhaltung der Hygieneregeln, den Nachweis der Fachkunde, die Einhaltung von Arbeitsschutzmaßnahmen sowie das Vorgehen der Mitarbeiter bei positiven Testergebnissen.
62 Antigen-Schnellteststellen in Stadt und Landkreis Würzburg
An den 62 Antigen-Schnellteststellen in Stadt und Landkreis Würzburg habe es bisher 31 unangemeldete Kontrollen gegeben, informiert das Gesundheitsamt. Bei drei ohne Beauftragung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes betriebenen Antigen-Schnellteststellen beanstandeten die Prüfer, dass weder eine ordnungsgemäße Durchführung der Testung noch die Einhaltung grundlegender Hygieneregeln beachtet wurden. Die testenden Personen hätten außerdem nicht gewusst, wie bei einem positiven Ergebnis zu reagieren ist. Die Folge: "Das Gesundheitsamt veranlasste die Schließung dieser Antigen-Schnellteststellen."
Doch wer kann überhaupt eine Teststelle eröffnen? Die bayerischen Landratsämter seien am 8. März aufgefordert worden, Schnellteststraßen in den lokalen Testzentren einzurichten oder gesonderte Schnelltestzentren zu schaffen. Da erwartet wurde, dass etwa 2,5 Prozent der Bevölkerung täglich einen Antigen-Schnelltests nachfragen würde, lag die Planzahl für Stadt und Landkreis Würzburg bei rund 7300 täglichen Antigen-Schnelltests, informiert das Gesundheitsamt.
Wer zur Erbringung von Leistungen an Teststationen berechtigt ist, regelt die Coronavirus-Testverordnung: Dies können entweder zuständige Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und die von ihnen betriebenen Testzentren sein, als auch weitere Leistungserbringer oder als Testzentrum beauftragte Dritte – wie die Würzburger Firma Contime – oder aber Arztpraxen und die von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebenen Testzentren.
Interessenten sprechen sich mit dem Gesundheitsamt ab
Den Ablauf der Beauftragung hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege festgelegt: Interessenten müssen sich online beim Gesundheitsministerium registrieren und sich danach mit dem örtlichen Gesundheitsamt absprechen. Unter anderem müssen dort ein Schulungsnachweis und ein Hygienekonzept vorgelegt werden. "Das Gesundheitsamt überprüft die Dokumente im Rahmen seiner Möglichkeiten auf Plausibilität", so die Anweisung des Gesundheitsministeriums. "Es wird keine vollumfängliche und detaillierte Prüfung erwartet."
"Für die Prüfung dieser Unterlagen braucht unser Testmanagement in der Regel bis zu einer Woche Zeit", erklärt man beim Gesundheitsamt Würzburg. Oft seien Beratungsgespräche nötig, in Einzelfällen hätte es auch bereits vor der geplanten Inbetriebnahme einer Teststelle Ortstermine gegeben.
"Ehe die Teststrecke am Airport freigegeben wurde, haben dort neben dem Gesundheitsamt unter anderem auch der Katastrophenschutz und die Feuerwehr das Gesamtkonzept geprüft", bestätigt Kurre. Mitarbeiter des Testmanagements hätten sich zudem zeigen lassen, welche Schnelltests und welche Software zur Datenerfassung verwendet würden.
"Für jeden Standort wurde das jeweilige Hygienekonzept individuell geprüft", sagt Kurre. So hätten zum Beispiel in der Odeon Lounge aus Brandschutzgründen zusätzliche Anforderungen an den Fluchtweg bestanden. Auch bei den verschiedenen verwendeten Schnelltests sei stets dessen Zulassung vom Gesundheitsamt geprüft worden. "Ich sehe mich mit der Arbeit meiner Teststationen im öffentlichen Auftrag für die Stadt Würzburg", beschreibt Kurre sein Selbstverständnis. Er ist der Meinung, dass die meisten Betreiber von Teststrecken diese ordnungsgemäß betreiben würden. Aber: "Wer betrügen will, findet einen Weg."