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Würzburg
Betrug mit Corona-Tests: Auch in Bayern ein Verdachtsfall
Nach Razzien in NRW wird nun auch in Bayern ein Betrugsfall untersucht. „Verantwortlicher Umgang mit Geld spielt offenbar keine Rolle mehr“, kritisiert der Würzburger FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann.
Rechnen manche Testzentren mehr Geld ab als ihnen zusteht?
Foto: Karl-Josef Hildenbrand | Rechnen manche Testzentren mehr Geld ab als ihnen zusteht?
Margit Hufnagel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:48 Uhr

Der großflächige Einsatz von Corona-Tests ist ein wichtiger Bestandteil des Konzepts gegen ein erneutes Aufflammen der Pandemie. Doch der schnelle Aufbau der Test-Stationen und die mangelnde Kontrolle lädt Betrüger ein. Nachdem am Wochenende Razzien in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurden, wird bekannt dass es auch in Bayern einen Verdachtsfall auf Abrechnungsbetrug gibt. „Dem Staatsministerium ist konkret ein Fall bekannt, in dem die Behörden ermitteln“, teilte das bayerische Gesundheitsministerium dieser Redaktion auf Nachfrage mit.

Um welche Teststation es sich dabei handelt, wollte der Ministeriumssprecher nicht sagen, die Ermittlungen laufen. „Das bayerische Gesundheitsministerium steht im dauernden Kontakt mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, auch um dazu beizutragen, dass missbräuchliche Abrechnungen vermieden und aufgeklärt werden.“ Konkret geht es bei den Betrugsfällen um den Vorwurf, dass die Teststellen Corona-Proben abrechnen, die nie durchgeführt worden sind.

Probleme mit dem Datenschutz

Seit Anfang März sieht die Corona-Testverordnung der Bundesregierung Bürgertests, also Schnelltests, vor. Der Bund übernimmt die Kosten für mindestens einen Schnelltest pro Bürger und Woche. Die Teststellen erhalten 18 Euro pro Test - und das, obwohl die Test-Kits inzwischen für einen Bruchteil des Geldes zu haben sind. Hinzu kommt, dass die Tests bei der Abrechnung keinen konkreten Patienten zugeordnet werden, sondern anonym bleiben. Recherchen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ hatten etwa an einer Teststelle in Köln ergeben, dass statt 70 wirklich genommener Proben fast 1000 abgerechnet worden seien.

Die Aufklärung ist schwierig, anders als das Landesgesundheitsministerium sieht die KVB den Bund in der Verantwortung. „Da die Angaben, die die registrierten Anbieter von Bürgertests an die KVB zu übermitteln haben, keinen Bezug zu den getesteten Personen aufweisen dürfen, ist es der KVB weder gestattet noch faktisch möglich, vertiefte inhaltliche und qualitative Prüfungen vorzunehmen“, sagt Martin Eulitz, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern.

Nachdem die Betreiber vor der Eröffnung ihrer Teststelle eine Genehmigung beim Gesundheitsamt einholen müssen, habe der Öffentliche Gesundheitsdienst auch zu prüfen, ob die Arbeit ordnungsgemäß erfüllt werde. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigte „stichprobenartig mehr Kontrollen“ an. „Egal ob bei Masken oder beim Testen - jeder, der die Pandemie nutzt, um sich kriminell zu bereichern, sollte sich schämen“, schreibt er auf Twitter. Doch die FDP sieht ihn persönlich in der Verantwortung.

Würzburger Politiker Ullmann fordert Nachbesserungen

Andrew Ullmann (FDP)
Foto: Patty Varasano | Andrew Ullmann (FDP)

„Verantwortlicher Umgang mit Geld spielt offenbar keine Rolle mehr“, kritisiert der Mediziner und FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann aus Würzburg. „Leider ist das in dieser Pandemie sehr oft vorgekommen: Es ist voraussehbar, was kommen wird. Aber die Bundesregierung ignoriert es, bis es nicht mehr geht. Was dann kommt, ist Stümperei von oberster Stelle.“

Ullmann fordert, Tests nur an medizinisches Fachpersonal zu vergeben. Derzeit reicht ein einstündiger Kurs. „Es ist gut und richtig, dass die Tests niederschwellig und in großer Masse angeboten werden. Die Durchführung selbst ist auch keine medizinische Meisterleistung und kann schnell erlernt werden“, sagt Ullmann. Aber die Tests müssten richtig durchgeführt werden. „Es geht primär um das Erkennen von Infektionen. Das ist ein medizinischer Fachbereich und bedarf der medizinischen Verantwortung, Aufsicht und Einordnung.“

 
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  • E. H.
    Sorry, wenn mein Beitrag so verstanden worden ist. Ich finde Tests grundsätzlich sinnvoll, habe auch nichts dagegen, das diese von mit Steuergeldern finanziert werden. Ich meine nur, die schnelle Tasse Kaffee oder das mal schauen was es neues in Kaufhof gibt, ist doch mein Privatvergnügen. Ich kenne in meinem Umfeld einige, die fast täglich zum testen gehen (kost ja nix), ohne vorher zu wissen ob sie überhaupt einen brauchen!
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  • J. B.
    Wer sich an coronna Test bereichert, gehört sofort auf die schwarze Liste, jeder öffentliche Auftrag auch der k Kassen entzogen.
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  • S. M.
    Regelungen über eine Kostenerstattung aus Steuergeldern zu erlassen ohne dabei Regularien für eine Kontrolle einzubauen und durchzusetzen halte ich für naiv, letztlich verantwortungslos.

    Aber insgesamt, so vermute ich mal, wird der Schaden geringer sein als beim Maut-Debakel. Und beide Minister bleiben im Amt.

    Aber wegen einer unzulänglichen Doktorarbeit muss man zurücktreten. Hier stimmen einfach die Maßstäbe nicht.
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  • H. S.
    Dieser Bericht zeigt wieder einmal die Unfähigkeit bzw Intelligenz unserer Behörden.

    " 70 Tests gemacht und 1000 abgerechnet" und das Ganze sei nicht nachprüfbar.

    Jede Person, die zum Testen kommt, wird registriert und das Ergebnis erhält sie schriftlich oder per Mail.
    Was ist da nicht nachprüfbar ?
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  • I. F.
    Da kommt man schon ins Grübeln...

    ...ob durch diese Betrugsmasche außer dem finanziellen Schaden nicht auch die Inzidenzen ad absurdum geführt werden.
    Wenn soviele Tests mehr gemeldet werden als tasächlich durchgeführt (und natürlich als "negativ" deklariert!) kommt man doch wesentlich schneller unter die kritisch-relevanten Werte, oder?
    Mit ein Grund für die nicht vorhandene Überprüfung der Testzentren? Hier ist politisch nach zu schärfen und eine verantwortliche Stelle (Ministerium, Gesundheitsamt oder?) zu benennen die dann auch wirklich die Verantwortung übernehmen muß ohne sich raus zu reden!
    Wem soll und kann man noch vertrauen?
    Jetzt muß schnell aufgeklärt und die Bosse der betrügerischen Testzentren hart bestraft werden.
    Neben Rückforderung des ergaunerten Geldes sollte auch an Berufsverbote bei involvierten Medizinern gedacht werden.
    Hier geht es schließlich um die Gesundheit aller.

    MP-Redaktion, bitte hier dran bleiben und über die weiter Entwicklung berichten.
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  • M. B.
    Die einen haben keine Einkünfte durch Corona, andere verdienen sich eine goldene Nase mit dem Virus. Und wer den Rachen nicht voll bekommt, betrügt mit Masken und Tests. Das ist pervers.
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  • E. H.
    Pervers ist es auch, sich vom Staat für 18 € einen Test bezahlen zu lassen um anschließend zum shoppen oder Schoppen trinken zu gehen! Und das ganze 2-3 x in der Woche.
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  • I. R.
    In manchen beruflichen Umfeldern ist testen 2-3 mal pro Woche durchaus sinnvoll. Nicht um shoppen zu gehen, sondern um seine Familie zu schützen.
    Ich als Tagesmutter habe täglich Kontakt zu 5 Familien. Kinder werden verschnupft gebracht. Das Gesetz sagt: betreuen.
    Abstand beim füttern oder wickeln, auch beim trösten und kuscheln ist schwierig.
    Darum bitte nicht alle verurteilen, die sich regelmäßig testen lassen.
    Ich bin froh über diese Möglichkeit!!!
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