
Kardinal Michael Faulhaber, Künstler Richard Rother oder Sportfunktionär Carl Diem haben wegen ihrer Nähe zu den Nazis als Namensgeber von Straßen, Schulen und Plätzen ausgedient. Das gleiche Schicksal ereilt nun auch Rupert Egenberger, nach dem die Förderschule des Landkreises Würzburg benannt ist. Sie soll künftig "Drei-Linden-Schule" heißen. Den Anstoß dazu hat die Schulleitung gegeben. Der Kreistag stimmte in seiner jüngsten Sitzung dem Antrag mit großer Mehrheit zu.
Der 1877 im Ostallgäu geborene Egenberger gilt als Pionier der Heilpädagogik. 40 Jahre lang wirkte er als Hilfsschullehrer und Schulleiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er maßgeblich an der Gründung des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes BLLV beteiligt und erhielt 1954 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Nazi-Verstrickungen Egenbergers blieben lange unbeachtet
Dass Egenberger bereits in den frühen 1920er Jahren vor Erstarken der Nationalsozialisten in seinen Schriften rassistische, rassenhygienische und sozialdarwinistische Standpunkte verbreitet hatte, blieb lange Zeit unbeachtet. Auch den Lehrerinnen und Lehrern an der nach ihm benannten Schule war dieser Aspekt aus Egenbergers Vergangenheit nicht bekannt. Wie die Schulleitung in ihrem Schreiben an den Kreistag berichtet, habe sich erst im November 2022 eine Studierende der Uni Würzburg eingehender mit dem Namensgeber befasst. Der Prozess, den sie damit ausgelöst hat, habe Lehrkräfte und Eltern schnell zu der Überzeugung gebracht, die Schule umzubenennen.

So sprach Egenberger beispielsweise von "Schwachsinnigen" als ein "Geschwür am Volkskörper" und der "Klasse der Überflüssigen" und warnte vor der Weitergabe ihres "minderwertigen Erbguts". Zwar sei er nie Mitglied der NSDAP gewesen, so die Schulleitung weiter, dies aber wohl eher aus Enttäuschung über die fehlende Anerkennung. Durch sein Wirken habe er beispielsweise zur Zwangssterilisation von Menschen mit geistiger Behinderung beigetragen.
"Auffällig und ausschlaggebend für die Ablehnung seines Namens für uns als Schule ist, dass sich Rupert Egenberger in den Nachkriegsjahren nie selbstkritisch zu seiner braunen Vergangenheit geäußert hat, seine pädagogischen und politischen Entgleisungen nie kritisch reflektiert und sich davon distanziert hat, wie andere Pädagogen, die Wegbegleiter waren", so das Schreiben der Schule.

Die Schule heißt künftig "Drei-Linden-Schule"
Schulleitung und Lehrerkollegium schlugen stattdessen vor, die Schule in "Drei-Linden-Schule" umzubenennen. Ein Grund dafür: Der Name kennzeichnet die drei Standorte der Schule in Sommerhausen, Höchberg und Veitshöchheim als Einheit und beugt der Diskriminierung der Schülerinnen und Schüler vor, weil er keiner Schulart zugeordnet werden kann. Der Kreistag willigte mit großer Mehrheit in die Umbenennung ein. Der einzige, der dagegen stimmte, war AfD-Kreisrat Berthold Seifert.
Gleichzeitig befindet sich die Förderschule in einer Zeit großer Veränderungen. Am Standort in Höchberg findet zurzeit eine Generalsanierung statt. Der Standort Veitshöchheim, ebenfalls hoch sanierungsbedürftig, wird nach Rimpar verlegt. Dort hat der Landkreis bereits die ehemalige Grundschule erworben.
In Gaukönigshofen wird gerade ein neues Schulhaus gebaut. Dort sollen künftig die Schülerinnen und Schüler unterkommen, die bis zum Ende dieses Schuljahres in Sommerhausen unterrichtet wurden. Die Gemeinde Sommerhausen hatte Eigennutz für das Schulgebäude angemeldet und nach rund 20 Jahren den Pachtvertrag nicht mehr verlängert.
Weil es noch dauert, bis die neue Schule in Gaukönigshofen fertig ist, ziehen die Schülerinnen und Schüler mit Beginn des kommenden Schuljahrs für mindestens zwei Jahre in die ehemalige Grundschule nach Frickenhausen um. Dort war der Förderschul-Standort ansässig, bevor er nach Sommerhausen verlegt wurde.