Es ist gerade mal einen Tag her, dass es auf der A3 bei Helmstadt (Lkr. Würzburg) zu einem schweren Unfall gekommen ist, bei dem eine Frau und ein zweijähriges Kind starben und 31 Menschen verletzt wurden. Zeit, um das Gesehene zu verarbeiten, blieb Paul Justice, organisatorischer Leiter der Rettungsdienste, bisher nicht. Er gibt derzeit viele Interviews, bei denen er das Geschehene immer wieder Revue passieren lassen muss. "Als ich an die Einsatzstelle kam, waren die ersten Minuten etwas, dass ich so schnell nicht vergessen werde", sagt er.
Ein Unfall dieser Größenordnung ist auch für den erfahrenen Einsatzleiter kein Alltag. Noch bevor er am Unfallort eintraf, habe er die Information von einem Notarzt bekommen. "Er hat von drei brennenden Fahrzeugen und rund 20 verletzten Personen auf der Fahrbahn berichtet", sagt Justice. Daraufhin habe er sofort zusätzliche Einsatzkräfte angefordert.
Herausforderung: Bei anfänglichem Ressourcenmangel schnell Entscheidungen treffen
An der Unfallstelle angekommen, musste dann alles ganz schnell gehen – die Lage einschätzen, abwägen und Entscheidungen treffen. "Ein Notarzt kam auf mich zu und sagte, dass dort drüben sieben verletzte Personen auf der Fahrbahn liegen, er müsse sich aber erst um ein schwerverletztes Kind kümmern", rekapituliert Justice. "Er brauchte für das Kind schnell einen Rettungswagen."
Beinahe zeitgleich seien zwei weitere Feuerwehrleute auf ihn zugekommen, die ihm von 14 bis 16 verletzten Personen an zwei weiteren Stellen berichteten. Auch sie brauchten schnell Unterstützung durch zusätzliche Kräfte. "Das war ein Einsatz, wie wir ihn vorab immer wieder mal geübt hatten, aber den wir nie erleben wollten", sagt Justice mit ernster Stimme. "Meine Herausforderung war es dann, bei diesem anfänglichen Ressourcenmangel schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen."
Auch Kreisbrandrat Michael Reitzenstein hatte an dem Unfalltag eine leitende Rolle und erinnert sich an die Situation vor Ort. "Die Anzahl der beteiligten Fahrzeuge und die Ausdehnung der Einsatzstelle auf fast 1,5 Kilometer, waren eine Herausforderung für alle 195 Einsatzkräfte." Und auch die seelische Belastung sei nicht zu unterschätzen. "Wir hatten gerade zu Beginn des Einsatzes nicht die volle Einsatzstärke zur Verfügung und konnten nicht überall gleichzeitig sein", sagt Reitzenstein. In diesen Momenten die Entscheidung zu treffen, wem man als Erstes helfe, mache die Einsatzsituation so belastend.
Notfallseelsorge für alle Unfallbeteiligten ist wichtiger Bestandteil
Auch deshalb habe der Kreisbrandrat sofort die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) mit in den Einsatz eingebunden. Einer von ihnen ist Notfallseelsorger Ulrich Wagenhäuser vom Bistum Würzburg. Er und zwölf weitere Kolleginnen und Kollegen haben die psychosoziale Betreuung übernommen. "Wichtig ist es, die Leute erstmal weg vom Geschehen zu bringen, in einen geschützten Raum mit Essen und Trinken." Dort fände dann die seelsorgerische Arbeit statt.
Zum Beispiel würden Ersthelferinnen und Ersthelfer im ersten Moment vor allem funktionieren und erst später realisieren, was sie erlebt hätten. "Wir hatten Personen, die mit bloßen Händen versucht haben, eingeklemmte Menschen aus Autos zu befreien und im Nachgang das Gefühl hatten, sie konnten nicht helfen", sagt Wagenhäuser. Die Aufgabe von ihm und seinem Team sei es dann, den Helfenden zu sagen, dass sie ihr Möglichstes getan hätten und damit viel Hilfe geleistet haben.
Lob und Respekt an die ehrenamtlichen Einsatzkräfte
Auch im Gerätehaus der Feuerwehr Waldbrunn (Lkr. Würzburg) fand eine Betreuung von rund 30 Unfallbeteiligten durch die Hilfsorganisation der Malteser statt. "Wir hatten sehr viel Glück, dass so viele ehrenamtliche Einsatzkräfte zur Verfügung waren", sagt Paul Justice. Das hätte zu einem großen Teil auch daran gelegen, dass sich der Unfall an einem Sonntag ereignet habe. "Viele Rettungskräfte, Notärzte und Helfende waren dadurch selbst nicht im Dienst und damit schnell verfügbar."
Ohne die Hilfe der ehrenamtlichen und freiwilligen Einsatzkräfte wäre ein Einsatz dieser Größe nicht möglich gewesen, resümiert Justice und spricht allen Beteiligten seinen größten Respekt und Lob aus. Unter anderem waren die Einsatzkräfte der Malteser, Johanniter, des BRK, die Polizei und die Feuerwehren aus Neubrunn, Waldbrunn, Helmstadt, Hettstadt, Uettingen, Wertheim und Holzkirchen vor Ort.
Vor allem auch herzlichen Dank alle Ersthelfer vor Ort die den Mut hatten zu helfen und nicht zu gaffen!
Es wäre schön, wenn das ehernamtliche Potential wieder durch eine Dienstpflicht wie früher aufgestockt würde!
Viele der früher dienstpflichtigen Helfer sind entweder in den Organisationen "hängen geblieben", haben sich sogar beruflich dafür entschieden oder haben zumindet für den Rest des Lebens eine nachhaltige Grundausbildung bekommen, sei es im Sanitätsdienst des KATS, bei der Feuerwehr, dem THW etc. oder auch als Zivis in Krankenhäusern und Pflegeheimen, ja und natürlich auch bei der Bundeswehr!
Es täte unserem Land sehr gut und kann den Zusammenhalt in der Gesellschaft nur stärken, wenn man "klassenübergreifend" einen Dienst einführen würde (m/w/d) der die Gesellschaft insgesamt nur resilienter machen kann!
Dort lernt man fürs Leben!
Warum gibt es zu diesem Großereignis
keinen vernüftigen und ausführlichen
Bericht mit Bildern in der gedruckten Ausgabe ?
Im Moment lassen die Berichterstattungen
zu solchen Fällen sehr zu Wünsche übrig.
Gruß Klaus Habermann, Estenfeld ! ! !
Sie haben recht, der Artikel in der Printausgabe ist wesentlich kürzer ausgefallen als der Artikel, den Sie online finden. Damit Sie Ihre Printausgabe pünktlich am nächsten Morgen im Briefkasten haben, müssen wir bereits gegen 18.30 Uhr alle unsere Artikel an die Kolleg*innen im Druck übergeben.
Daher konnten wir zu dem Zeitpunkt nur die Informationen abdrucken, die uns bis dahin vorlagen.
Der Vorteil an unserem Onlineangebot ist, dass wir die Artikel fortlaufend aktualisieren können, sobald uns neue Informationen vorliegen. Im Print ist das natürlich nicht möglich.
Sie finden aber einen ausführlichen Bericht über den tragischen Unfall auf der A3 in der heutigen Ausgabe.
Viele Grüße
Gina Thiel (Autorin)
Welche "Informationen" fehlen Ihnen denn? Nahaufnahmen?
Diese Sensationslust ist befremdlich!
Schon schlimm, was sich da am Sonntag Nachmittag ereignet hatte
Schön, wenn man nicht in der Nähe des Unfallortes sein musste.
Allen Verletzten gute Besserung!!
Den FFW`lern und Notfallseelsorgern ein dickes und aufrichtiges Lob und Dankeschön!
Schon als ich die erste Meldung las, dachte ich an das wahnsinnige Ausmaß!
Hut ab, hierbei Überblick und Koordination zu behalten!
Ebenso vielen Dank an alle Ersthelfer, ehrenamtliche und professionelle Helfer, die bei dieser Katastrophe dabei waren.
Angesichts der Geschehnisse verschlägt es mir jedoch den Atem und stelle ich die Frage in den Raum, was auf unseren Autobahnen und ja, auch in den Köpfen vieler Verkehrsteilnehmer, schief läuft, dass ein Unfall derartigen Ausmasses am hellichten Tag geschehen kann!
Wie können so viele Folgeunfälle so viele Minuten nach dem ersten Unfall geschehen? Nur, weil es geregnet hat und die Fahrbahn nass war?
Vertrauen denn alle nur noch blind der Technik, für die immer noch die physikalischen Gesetze gelten? Wo bleibt der gesunde Menschenverstand, das eigene Urteilsvermögen? Ist denn alles erlaubt, nur weil es nicht verboten ist?
Vielleicht ist autonomes Fahren mit KI die Lösung, weil es der Mensch nie auf die Reihe kriegt.
Wenn ich den Kommentar von Herrn Klippen lese, dann wäre solch eine Wetterlage auch eine deutliche Herausforderung für die Technik. Wobei die dann artig runterbremsen würde, den Mitfahrenden signalisieren würde: sorry, dass Wetter ist gerade so arg, deshalb “schleiche” ich so. So mein Wunsch a die verantwortlichen Entwickeler.
Da wäre dann in der Tat die menschliche Selbstüberschätzung rausgenommen und die Welt ein wenig sicherer.
Bis dahin ist leider noch ein weiter Weg.
Insofern: danke a die vielen auch ehrenamtlichen Helfer in der Hoffnung, dass solche Ereignisse immer seltener werden und diese Leute auch am Wochenende Freizeit genießen können.
Das gibt es seit >> 3 Jahren in vielen Serienfahrzeugen wird aber in D kaum eingesetzt.
In Österreich zum Brenner rauf z. B. wird vor jeder Baustelle eine Meldung angezeigt.
Dennoch: eine wichtige Entwicklung.
Noch wichtiger wäre: egal ob mit oder ohne viel Technik im Auto: Hirn einschalten und entsprechend Abstand halten. Das ist viel zu oft der Punkt, der nicht hinreichend beachtet wird… Leider!
Wobei ich auch gerne mal schnell fahre wenn Verkehr, Wetter und Fahrbahn es zuläßt, aber halt mit Abstand und Augenmaß...
...und doch freue ich mich jedes mal auf Österreich, wenn da nur die Piefkes nicht wären ;o)