
Rund 100 Menschen aus der "Querdenker"-Szene hatten am vergangenen Mittwoch an einer als "Spaziergang" deklarierten, unangemeldeten Versammlung auf dem Würzburger Marktplatz gegen die Corona-Politik demonstriert. Zugleich hatte es eine von der Grünen Jugend Würzburg angemeldete Gegendemonstration gegeben, an der laut Polizei ebenfalls rund 100 Menschen teilgenommen hatten.
Bereits während und unmittelbar nach der Veranstaltung war Kritik an der Polizei laut geworden. In einem an Polizei und Stadt gerichteten offenen Brief, der am Montag veröffentlicht wurde, legen Vertreterinnen und Vertreter der Grünen und der Linken sowie mehrere Einzelpersonen jetzt noch einmal nach.
Vorwurf der mangelnden Konsequenz durch die Polizei
In dem Brief, der an den unterfränkischen Polizeipräsidenten Detlev Tolle, den Chef der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt, Matthias Weber, sowie an Würzburgs Kommunal- und Ordnungsreferenten Wolfgang Kleiner gerichtet ist, gehen Verfasserinnen und Verfasser insbesondere auf die ihrer Meinung nach mangelnde Konsequenz der Polizei gegenüber den Teilnehmenden der "Querdenker"-Demo ein.
Ursprünglich hatte die von einer Initiative namens "Bürger-Stehen-Auf Würzburg" angemeldete "Querdenker"-Demo auf den Mainwiesen stattfinden sollen. Dort war die Versammlung dann aber von den Veranstaltern abgesagt worden. Stattdessen war auf der Internetseite von "Eltern stehen auf Würzburg" und in Chats des Online-Nachrichtendienstes Telegram zu einer als "Spaziergang" deklarierten Versammlung auf dem Unteren Markt aufgerufen worden.
Strategie von vermeintlich spontanen "Querdenker"-Versammlungen
In dem offenen Brief wird darauf hingewiesen, dass solche vermeintlich spontanen Versammlungen zur Strategie der "Querdenker"-Szene gehörten und dass am vergangenen Mittwoch die entsprechende Planung "über den ganzen Tag hinweg in öffentlich einsehbaren Telegram-Gruppen" zu sehen gewesen sei. Die Verfasserinnen und Verfasser berufen sich zudem auf Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der bereits auf diese Strategie hingewiesen und angekündigt hatte, die Behörden würden "Verstöße gegen das Versammlungsgesetz ebenso konsequent ahnden, wie sie auch Verstöße gegen die infektionsschutzrechtlichen Vorgaben konsequent zur Anzeige" bringen würden.
"Ein solches konsequentes Vorgehen mussten wir in Würzburg am 8. Dezember jedoch vermissen", heißt es in dem Brief. Trotz der "offensichtlichen Verstöße gegen das Versammlungsgesetz" und wahrscheinlicher Verstöße gegen Corona-Auflagen seien von der Polizei keine Personalien von Teilnehmenden der "Querdenker"-Demo aufgenommen worden.
Keine Bußgelder wegen fehlender Personalien?
Die Verfasserinnen und Verfasser befürchten nun, dass es wegen fehlender Personalien wohl keine Konsequenzen für die "Querdenker" geben wird. Ohne diese Daten könnten schließlich keine Bußgelder verhängt werden.
Mit Blick auf die Zukunft schreiben die Autorinnen und Autoren: "Wir bitten Sie dringend darum, in den kommenden Wochen die Verstöße der 'Querdenker:innen' gegen Versammlungsgesetz und Infektionsschutzmaßnahmenverordnung mit maximalem Nachdruck zu ahnden."
Auf Nachfrage der Redaktion bezieht Björn Schmitt, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken, Stellung zu den Vorwürfen. Für die Polizei gelte es, "konsequent, aber gleichzeitig auch mit Augenmaß vorzugehen", wenn es um die Einhaltung von Corona-Regeln bei Versammlungen geht. Die unterfränkische Polizei verfolge dabei "einen kommunikativen Ansatz und setzt insbesondere bei ordnungsgemäß angemeldeten Versammlungen Kommunikationsteams ein", so Schmitt.
Zudem müssten Versammlungsteilnehmer bei Nichteinhaltung von Infektionsschutzvorschriften mit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens rechnen. "In ein laufendes Versammlungsgeschehen greift die Polizei dann ein, wenn es erforderlich ist, um unvertretbare Infektionsgefahren zu unterbinden", schreibt der Pressesprecher.
Verstöße gegen Corona-Auflagen würden auch ohne direktes Einschreiten "beweissicher dokumentiert, um eine Beanstandung gegebenenfalls nach Beendigung der Versammlung" zu ermöglichen. "Eine Auflösung einer Versammlung mit friedlichem Verlauf kommt aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Frage, auch wenn es von Seiten der Teilnehmer zu Ordnungswidrigkeiten kommt", stellt Schmitt klar.
Polizei wusste von Aufrufen im Internet
Von den Aufrufen im Internet zu "spontanen Spaziergängen" habe die Polizei gewusst und diese Erkenntnisse in ihre Lagebeurteilung aufgenommen. Am Mittwoch hatte die Polizei laut Schmitt die "Querdenker"-Veranstaltung als "stationäre Versammlung" eingestuft und die Teilnehmenden aufgefordert, "sich unter Einhaltung der Mindestabstände auf die Versammlungsfläche auf den Oberen Markt zu begeben". Nachdem die "Querdenker" den Anordnungen der Polizei Folge geleistet hätten, "bestand kein Anlass, die Personalien von Teilnehmern festzustellen", so Schmitt weiter.
Unterdessen hat die Grüne Jugend Würzburg für diesen Mittwoch und Freitag erneut Proteste gegen "Querdenker" angekündigt.
bei diesen beschriebenen Einsatz " ALLES richtig gemacht ! " Denn sie sind keine " grünen Jungs " mehr !
Ansonsten verbitte ich mir diese impliziten und völlig aus der Luft gegriffenen Anschuldigungen. Da könnte man ehrlich gesagt auch als Moderations-Team mal Konsequenzen ziehen.
Trotzdem: Deeskalation hat keinen Sinn, wenn Grenzen deutlich überschritten werden.
Ach Albatros, ich denke, da sind bestimmt auch einige Leute dabei, die bei einer durchaus friedlichen Demonstration von der Polizei nicht so vorteilhaft behandelt wurden und damit haben die nicht nur das legitime sondern auch verständliche Anliegen, auf Gleichbehandlung zu pochen. Was nicht heißen muß, daß die Polizei gleich Tränengas, Knüppel und Wasserwerfer einsetzem soll. Personalien aufnehmen hätte in diesem Fall schon genügt.
Musste ich übrigens in WÜ als Passant, nicht als Teilnehmer, bei einer Nazidemo auch schon. Ich war gute 400m vom Geschehen entfernt und, wie schon gesagt, nicht beteiligt, vielleicht habe ich dem Uniformierten irgendwie zu links ausgesehen (ich hatte weder Lodenjanker noch Hundekrawatte an...
Und dennoch: so lange es friedlich bleibt, sollen die Querdenker sich doch frei bewegen können. Die aktuelle Lage sorgt zudem dafür, dass sich jeden Tag 0,6% dieser Gruppen noch intensiver und als kompetente Insider mit Corona beschäftigen können. Das sorgt dann letztlich auch für eine Art natürliche Selektion/Schwund. Es werden also definitiv weniger.