In den vergangenen Jahren haben in Unterfranken mehrere privat getragene Pflegeheime Insolvenz angemeldet. Ganz aktuell sorgt das Seniorenheim Haus Fuchsenmühle in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) für Schlagzeilen. Die Curata Care Holding GmbH will das Haus Ende April schließen. Was aus den 62 Bewohnerinnen und Bewohnern wird, ist offen. Im Frühjahr 2022 hatte der Träger der Pflegeeinrichtung "Haus im Park" in Schloss Gleusdorf im Landkreis Haßberge Insolvenz angemeldet.
Solche Fälle werfen Fragen auf: Welche Voraussetzungen muss ein Investor eigentlich erfüllen, um ein Seniorenheim eröffnen zu dürfen? Wie gewinnträchtig dürfen solche Einrichtungen sein? Und was passiert im Fall einer Schließung? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Unter welchen Voraussetzungen darf man ein privates Pflegeheim betreiben? Braucht es dafür eine Genehmigung?
Grundsätzlich kann jeder eine Pflegeinrichtung eröffnen. "Es gibt keine Erlaubnis- oder Genehmigungspflicht", sagt Christine Güdelhöfer, Sachgebietsleiterin Soziales und Jugend bei der Regierung von Unterfranken. Es besteht lediglich eine sogenannte Anzeigepflicht. Das heißt: Wer ein Pflegeheim eröffnen will, muss dies spätestens drei Monate vor Betriebsaufnahme der Heimaufsicht mitteilen. Dabei sind unter anderem Angaben zur Einrichtung, zur Belegung und zur Leitung zu machen. Auch ist ein Versorgungsvertrag mit der Pflegekasse vorzulegen – oder zumindest zu erklären, ob ein solcher abgeschlossen werden soll. Wer die Heimaufsicht nicht oder nicht rechtzeitig über die Eröffnung einer stationären Senioreneinrichtung informiert, riskiert ein Bußgeld.
Wird ein Investor oder Betreiber vorab auf Seriosität, Motivation und Liquidität geprüft?
Nein, ein privater Träger muss keine finanzielle Sicherheit nachweisen. Eine Wirtschaftlichkeits- oder Liquiditätsprüfung ist nicht vorgesehen, sagt Güdelhöfer. Ebenso wenig spielt die Motivation eine Rolle – also die Frage, ob ein Betreiber die Einrichtung eher als Beitrag zur Daseinsvorsorge oder als Renditeobjekt sieht. Allerdings verpflichtet der Gesetzgeber im elften Sozialgesetzbuch die Beteiligten (Pflegekassen, Sozialhilfeträger, Einrichtungen), eine Vereinbarung zur Qualität in der Pflege abzuschließen.
Hier finden sich quasi Grundsätze, wie eine vernünftige Pflege auszusehen hat – von der Ausbildung der Fachkräfte über die Verpflegung und Hausreinigung bis zu Betreuungsangeboten. "An sie haben sich alle zugelassenen Einrichtungen zu halten", sagt die Expertin von der Regierung. Für die Verträge mit den Pflegekassen gilt grundsätzlich beidseitig eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Zusätzlich definiert in Bayern das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz Anforderungen für den Betrieb einer Einrichtung.
Wer kontrolliert eigentlich Pflegeheime?
Grundsätzlich finden in allen Altenpflegeheimen die gleichen Kontrollen statt – unabhängig davon, ob sie privat, kommunal oder freigemeinnützig getragen werden. So werden laut Bundesgesundheitsministerium alle Pflegeheime in der Regel einmal im Jahr vom Medizinischen Dienst oder vom Prüfdienst des Verbandes der Privaten Krankenversicherung überprüft; diese Besuche werden am Tag zuvor angekündigt.
Daneben überwachen und kontrollieren die Heimaufsichtsbehörden die Pflegeinrichtungen. Hierbei handele es sich um eine ordnungsrechtliche Prüfung, sagt Güdelhöfer. Kontrolliert werde dabei beispielsweise, ob die vorgeschriebene Fachkraftquote eingehalten und Pflegemaßnahmen korrekt durchgeführt werden. Zu diesen Überprüfungen kommen in der Regel vier- bis fünfköpfige Teams in die Heime. Darunter seien Fachkräfte der Sozialmedizin, Sozialpädagogen oder auch ärztliche Vertreter des örtlichen Gesundheitsamts, erklärt Johannes Haager, ebenfalls Mitarbeiter bei der Regierung von Unterfranken.
Wie viel Gewinn darf ein privater Betreiber mit einem Pflegeheim machen – gibt es hier Beschränkungen?
Nein, es gibt dafür keine "Obergrenzen". Wenn allerdings so viel Geld aus dem Heim gezogen wird, dass regelmäßig Personal fehlt oder die vorgeschriebene Fachkraftquote nicht erfüllt wird, dann schreitet normalerweise die Heimaufsicht ein.
Wieweit sind private Träger verpflichtet, Gewinne in die Einrichtung zu reinvestieren und Rücklagen zu bilden?
Eine gesetzliche Verpflichtung, Gewinne wieder in die Einrichtung zu investieren oder Rücklagen für schwierige Zeiten zu bilden, gibt es nicht. Lediglich dort, wo Einrichtungen von der öffentlichen Hand gefördert werden, werden Instandhaltungskosten und ihre Umlage auf Bewohnerinnen und Bewohner geprüft.
Gelten bei privaten Trägern dieselben Anforderungen an den Personalschlüssel wie für öffentliche oder kirchliche Träger?
Bis dato gibt es keine allgemeinen Personalschlüssel. Allerdings sollen sie ab Juli 2023 für Pflegeheime bundeseinheitlich festgelegt werden. Aktuell vereinbaren sie noch die Pflegekassen mit den jeweiligen Trägern. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Pflegegrad der Bewohnerinnen und Bewohner – also wie intensiv ihre Versorgung und Betreuung ist.
Darf ein privater Betreiber eine Einrichtung einfach schließen, wenn sie wirtschaftlich nicht mehr rentabel ist?
Eine Schließung ist gesetzlich nicht verboten. Auch eine Begründung dafür ist laut Christine Güdelhöfer nicht nötig. Niemand könne gezwungen werden, ein Pflegeheim auf Dauer gegen seinen eigenen Willen zu betreiben. Betriebseinstellungen müssen spätestens sechs Monate vorher der Heimaufsicht mitgeteilt werden. Mindestens mit einem Jahr Vorlauf sind die Versorgungsverträge mit den Pflegekassen zu kündigen.
Was passiert, wenn ein privater Heimbetreiber schließt? Haben Heimbewohner einen Anspruch auf einen Ersatzplatz?
Kündigt ein Betreiber wegen der Schließung des Heims seinen Vertrag und den Platz für einen Pflegebedürftigen, muss er auf dessen Verlangen einen "angemessenen Leistungsersatz zu zumutbaren Bedingungen" nachweisen. So steht es im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz. Außerdem darf der Unternehmer Pflegeverträge nur aus einem "wichtigen Grund" kündigen – etwa, wenn der Betrieb eingestellt oder eingeschränkt wird und die Fortsetzung für den Unternehmer unzumutbar ist.
Der Heimträger sei in der Pflicht, einen Ersatzplatz anzubieten und auch die Kosten des Umzugs zu tragen, sagt die Sozial-Expertin bei der Regierung von Unterfranken. Diskussionswürdig ist nicht selten die Zumutbarkeit alternativer Heimplätze. So wurden im Fall der Ochsenfurter Fuchsenmühle im Landkreis Würzburg den Bewohnerinnen und Bewohnern Ersatzplätze im entfernten Bad Königshofen im Grabfeld und in Bad Rappenau im Kraichgau angeboten – für die meisten Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Angehörigen keine ernsthafte Alternative.
Gibt es eine Art Fürsorgepflicht von Staat oder Kommune, nach einer Schließung oder Insolvenz die Heimbewohner "aufzufangen"?
Nein, eine konkrete gesetzliche Verpflichtung der öffentlichen Hand ist nirgends festgelegt, erklärt Johannes Hardenacke, Sprecher der Regierung von Unterfranken. Wer also seinen Heimplatz verliert, muss vor allem selbst (oder über Angehörige) nach einer alternativen Unterbringung suchen. Dass sich im Fall der Fuchsenmühle der Landkreis Würzburg nun gemeinsam mit dem Träger um eine Lösung bemüht, geschehe aus eigenem Verantwortungsgefühl für die betroffenen Menschen heraus.
Haben Angehörige einen Anspruch auf einen Heimplatz für Pflegebedürftige?
Zwar beschreibt das elfte Sozialgesetzbuch die Versorgung in der Pflege als eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Und die Länder sind laut Güdelhöfer zuständig für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur. Auch die Pflegekassen hätten einen Auftrag: Sie müssen die pflegerische Versorgung ihrer Versicherten sicherstellen. Hier gehe es allerdings um allgemeine Strukturen. Nicht daraus abzuleiten sei allerdings ein Anspruch Einzelner auf einen Heimplatz.
Gut, dass die Heimaufsicht "normalerweise" einschreitet, wie die normalerweise mit der Dienstaufsicht betraute Fr. Güdelhöfer mitteilt, Regierung Unterfranken.
Die Aussage , falls "so viel Geld aus dem Heim gezogen wird, dass regelmäßig Personal fehlt oder die vorgeschriebene Fachkraftquote nicht erfüllt wird, dann schreitet normalerweise die Heimaufsicht ein" ist pure Augenwischerei.
Obwohl die Fachkraft- und Personalsituation seit langem völlig inakzeptabel und Leistungen nicht mehr erbracht werden, unternehmen die Träger - Beispiel Diakonie - hiergegen nichts. Die Gelder fließen weiter, obwohl Betreuung und Assistenzleistungen bspw. in der Behindertenhilfe überhaupt nicht mehr erbracht werden, auf Angehörige und Eltern abgewälzt werden. Erfahrenen Fachkräfte will man zum Teil überhaupt nicht - FSJler, Schüler und junge idealistische und unerfahrene Menschen kann man besser ausnutzen.
Das System ist krank - und die Politik schaut weg, wie dieses "Interview" der Fr. Güdelhöfer, zeigt, Missstände werden mit wohlfeilen Worten bagatellisiert.