Wer kauft echte Menschenschädel als Kunstobjekte und warum? Die ARD-Sendung "Panorama" hat sich erst kürzlich mit genau diesem Thema beschäftigt und ist dem Handel mit menschlichen Ahnenschädeln aus der Kolonialzeit auf den Grund gegangen. Ihr Weg führte sie dabei auch nach Würzburg.
Das Kunstauktionshaus "Zemanek-Münster" für "Tribal art", also Stammeskunst und Kunst von indigenen Völkern, verkaufte regelmäßig Ahnenschädel aus der Kolonialzeit. In der ARD-Reportage ist eine Versteigerung eines Ahnenschädels aus Papua-Neuguinea zu sehen, er wird für 9000 Euro an einen privaten Bieter aus dem Internet versteigert. "In der Vergangenheit unseres Hauses haben wir gelegentlich rituelle Ahnenschädel versteigert", bestätigt der Inhaber des Auktionshauses, David Zemanek, gegenüber dieser Redaktion.
Raubzüge während der Kolonialzeit spülten massenhaft Kunstgegenstände nach Europa – auch nach Würzburg
Der Besitz und Handel mit Menschenschädeln ist in Deutschland nicht illegal. Es sei denn, der Schädel steht im Zusammenhang mit einer Straftat. Ein solcher Nachweis ist bei antiken Schädeln jedoch oft unmöglich. Die historische Zuordnung der Ahnenschädel ist meist unklar.
Im 19. Jahrhundert eroberten europäische Mächte Teile des afrikanischen Kontinents und Lateinamerikas und bildeten dort Kolonien. Dabei gingen sie teilweise mit brutaler Gewalt gegen die einheimische Bevölkerung vor. Die Eroberer brachten Schätze aus den Kolonien mit nach Europa, darunter auch Menschenschädel. Diese dienten oft als Trophäen oder wurden zu Zwecken der "Rassenforschung" genutzt.
Würzburger Kunstauktionshaus sieht sich nur als Vermittler
Auch heute noch werden diese Schädel in Europa gehandelt. In den vergangenen Jahren haben immer wieder Länder der ehemaligen Kolonien die Rückgabe von Gegenständen aus Kolonialraubzügen gefordert. Der Handel ist seither stark umstritten, auch in Deutschland setzte ein Umdenken ein.
Das Würzburger Kunsthaus sieht sich hier nicht in der Verantwortung: "Wir sind nur Vermittler", erklärt Zemanek. Bei ihnen finde lediglich die Versteigerung der Gegenstände statt. Die Ahnenschädel stammten aus Nachlässen und Privatsammlungen. Zemanek betont, man habe in der Vergangenheit Gespräche mit den Besitzerinnen und Besitzern dieser Schädel über mögliche Rückführungen geführt.
Besitzer zeigen oft kein Interesse an der Rückführung ihrer Sammlungen und Kunstgegenstände
"In den meisten Fällen zeigten die Besitzer jedoch kein Interesse", da die Schädel legal erworben und die Sammlungsstücke von den Nachkommen als Erbe versteuert wurden, erklärt er. Zudem sei der Rückgabeprozess oft aufwendig und mit "kostspieliger wissenschaftlicher Recherche verbunden".
"Die meisten Objekte, die während der deutschen Kolonialzeit gesammelt und sich heute in Privatbesitz befinden, wurden nicht geraubt", sagt Zemanek. Er räumt aber gleichzeitig ein, dass "problematische Objekte aus Strafexpeditionen" existierten. Dies müsse aufgearbeitet, dokumentiert und publik gemacht werden. Sein Auktionshaus habe das getan.
Würzburger Auktionshaus hat Versteigerungen von Ahnenschädeln eingestellt.
Zemanek verstehe zwar die Kritik rund um das Thema, sagt jedoch auch, dass es nicht gerechtfertigt sei, "sämtliche Kunstwerke aus der Kolonialzeit pauschal in einen Unrechtskontext zu stellen". Vielmehr müsse der Einzelfall geprüft werden, um eine Lösung auf Augenhöhe zu finden.
Ob das praktikabel ist, bleibt offen. Seit der letzten Auktion im Frühjahr habe sein Haus sich dazu entschlossen, keine rituellen Ahnenschädel mehr zu versteigern.
Es empfiehlt sich die Sendung einmal in der Mediathek anzusehen. Man mag nicht glauben, dass das heute noch möglich ist und es ist höchste Zeit etwas zu ändern.
Katrin Weber