
Der Fasching steht vor dem Endspurt. Höhepunkt der närrischen Zeit, in der die Welt Kopf steht. In der vieles geht, was sonst tabu ist. Aber wie weit dürfen Hohn und Spott gehen? Und wo werden Menschen – möglicherweise unbedacht – durch ein falsches Wort oder eine Kostümierung verletzt?
"Fasching ohne Diskriminierung ist möglich", ist der Würzburger Rassismusforscher Dr. Julien Bobineau überzeugt. Es brauche nur hinreichende Sensibilisierung und Aufklärung. Dazu will er mit dem jungen Unternehmen "Denkfabrik Diversität" beitragen. Bobineau ist Mitbegründer und Geschäftsleiter.
Der 37-Jährige hat in Würzburg Kulturwissenschaften studiert und war an mehreren Hochschulen weltweit tätig. Intensiv beschäftigt er sich mit Rassismus und den Folgen des Kolonialismus. Wo also sollte der Spaß im Fasching aufhören und wie verkleidet man sich "korrekt"?
Verkleiden und verhöhnen: Woher der Fasching eigentlich kommt
Für eine richtige Einordnung des Faschings und seiner Gepflogenheiten lohnt ein Blick auf die Ursprünge: Der Fasching war immer ein Ventil gegenüber der mächtigen Obrigkeit. Sie wurde kritisiert und auf den Arm genommen. Julien Bobineau verweist auch auf sogenannte Eselsmessen im Mittelalter: Geistliche machten sich über kirchliche Rituale lustig und schlüpften unter anderem in Eselskostüme.
Bei der Entstehung des modernen Faschings verhöhnten die Kölner die Uniformen und Verhaltensweisen ihrer preußischen Besatzer. Rollentausch (siehe Prinzen und Rathaussturm) und Spott für die Politik gehören zum guten Ton des Faschings. Bobineau: "Ob Maskeraden, Verkleidungen und Faschingsumzüge mit satirisch-politischen Botschaften – der Karneval ist unzertrennlich mit der Kritik an den Mächtigen und mit einer Umkehrung der Machtverhältnisse verbunden."
Kulturelle Aneignung: Warum vermeintlich harmlose Kostüme verletzen können
Wie passt hierzu nun eine möglichst exotische oder fremdländische Kostümierung, mit der man einen Faschingsball lang in eine andere Kultur schlüpft? "Gar nicht", findet Rassismusforscher Bobineau. Die DNA des Faschings sei die Kritik an "denen da oben". Über die Mächtigen mache man sich lustig, und eben nicht über andere Kulturen von einst kolonisierten und unterdrückten Menschen außerhalb Europas.
Ob die Verkleidung als Mexikaner mit Sombrero, Jamaikaner mit Dreadlocks oder einer japanischen Geisha: Bobineau spricht in diesem Zusammenhang von kultureller Aneignung, die im Faschingskontext andere Menschen verletzen, verärgern und unter Umständen sogar retraumatisieren könne.

Närrinnen und Narren sollten dies respektieren und sich nicht über einige wenige, historisch erklärbare Einschränkungen aufregen. Die Karnevalskultur sei auch in Deutschland dynamisch und einem steten Wandel unterworfen. Was gestern noch in Ordnung war, werde vielleicht heute hinterfragt und aus guten Gründen geändert.
Verklärter Kolonialismus, diskriminierte Urbevölkerung: das Indianerkostüm
Schon der Begriff "Indianer" ist eine historische Fehlleistung: Die Urbevölkerung Amerikas erhielt den Namen nur, weil Kolumbus sich bei seiner Ankunft fälschlicherweise in Indien wähnte. Was folgte, war eine brutale Unterdrückung und nahezu die Ausrottung der indigenen Bevölkerung durch weiße, europäische Eroberer.
Vor diesem Hintergrund hält es nicht nur Rassismusforscher Bobineau für zynisch, sich heute in Europa – dem Ursprungskontinent der Ausbeuter und Kolonialherren – zum Spaß als Indianerin oder Indianer zu verkleiden. "Das kann Angehörige der Gemeinschaften, die in Nord- und Südamerika um Anerkennung kämpfen und gesellschaftlich isoliert sind, zusätzlich kränken und verletzen", sagt der Experte.
Auf diesem Umstand weisen auch regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter der indigenen Gruppen hin. "Natürlich hat nicht jede:r, der oder die ein Indianerkostüm trägt, böse Absichten", räumt Bobineau ein. Doch die Intention sei irrelevant, wenn sich Menschen in ihrer Kultur durch den spaßigen Karnevalskontext verhöhnt fühlen.
Blackfacing: Warum man mit Hautfarben besser keine Scherze macht
Erst vor Kurzem hat ein Vorfall von "Blackfacing" in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) für Ärger gesorgt: Ein Tänzer des Männerballetts war mit schwarz bemaltem Gesicht aufgetreten. Er sollte Hollywood-Schauspieler Will Smith darstellen. Das Problem: Blackfacing ist von Haus aus eine rassistische Praktik, sie entstand in den USA in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Weiße Schauspielerinnen machten sich damals in sogenannten Minstrel Shows mit geschwärzten Gesichtern über schwarze Sklavinnen lustig. Später habe sich das Blackfacing auch in Europa verbreitet, erklärt Bobineau. Mit der abwertenden Darstellung von Afrikanerinnen und Afrikanern habe man den Kolonialismus gerechtfertigt.
Durch die deutlichen Hinweise von Interessensvertretungen gilt Blackfacing in Deutschland heute als geächtet. Für Diversitätsmanager Bobineau ist klar: "Wer sich in der heutigen Zeit zur Verkleidung schwarze Farbe ins Gesicht schmiert, kann in Anbetracht der medialen Thematisierung von Rassismus nicht ahnungslos sein, sondern ist allenfalls ein:e Provokateur:in."
Dennoch kommt Blackfacing noch vor, nicht nur im Fasching: Auch um schwarz angemalte Sternsinger gibt es immer wieder Diskussionen. Zuletzt sprach sich der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Würzburg dafür aus, Sternsinger nicht schwarz zu schminken. Dieser Empfehlung schloss sich auch das Bistum Würzburg an.
Warum finden so viele das Blackfacing oder andere Diskriminierungen nicht problematisch?
Nach der Berichterstattung dieser Redaktion über den Blackfacing-Vorfall in Karlstadt zeigten sich zahlreiche Kommentatoren verwundert über die Aufregung darum. Man habe doch niemanden diskriminieren wollen.
Rassismusforscher Bobineau führt ein solches Herunterspielen auf den Umstand zurück, dass die Mehrheit der Deutschen nicht von Rassismus betroffen ist. "Dadurch fehlen die Erfahrungen und das Wissen, welche Demütigungen rassistisches Verhalten auslösen kann." Viele Blackfacing-Befürworter hätten deshalb das Gefühl, unter einer angeblichen "Verbotskultur" zu leiden.
Durch die "Black Lives Matter"-Bewegung sei die Kritik an rassistischen Praktiken auch in Deutschland breiter und lauter geworden. "Das bringt die Verteidiger von Blackfacing wiederum dazu, noch lauter und vehementer zu antworten, häufig mit unsachlichen Argumenten."
Es liegt nunmal in der Natur des Faschings, in eine Rolle zu schlüpfen, sich temporär eine Persönlichkeit anzueignen, die nicht seine eigene ist!
Fasching IST kulturelle Aneignung, liegt in der Natur der Sache - nur ist es halt eben KEINE kulturelle Aneignung um sich über etwas lustig zu machen - sondern um einfach temporär in eine Rolle zu schlüpfen! Wenn mir diese Rolle nicht gefallen würde, würde ich mir eine andere aussuchen!
DAS ist Fasching - das gehört so - und das ist gut so!
Denkt mal darüber nach, das hier geht ganz in diese Richting!
Kein Student aus Westafrika eine Lederhose zum Oktoberfest anziehen?!
Das nenn ich Rassismus!
Welche "Rasse" hat denn das Militär?
Warum auch immer wurden meine Kommentare von gestern nicht veröffentlicht, sie wurden zensiert, obwohl ich niemanden beleidigt, sondern sachlich argumentiert habe.
Nichtsdestotrotz ist es ein Übel unserer Zeit, und das bilden auch solche Beiträge ab, wenn Werte einer kleinen Gruppe zu allgemeinen Werten erklärt werden. Genau das spielt nämlich fast täglich der AfD in die Hände. Rassismus und Diskriminierung lehnt nämlich die breite Masse ab, wenn denen nun Derartiges vorgeworfen wird, verletzt das.
Und wenn zu allem Übel noch die Sternsinger zum wiederholten Male auch mit in diesen Topf geworfen werden, dann lange ich mir nur noch an den Kopf. Und nicht nur ich.
Wenn ihr keine kritischen Kommentare wollt, schaltet das ab, ich stehe mit Klarnamen zu dem, was ich hier schreibe.
MP macht nur weiter so. Dann macht ihr euch ehrlich gesagt mitschuldig.
Jeder sucht sich selbst aus, von wem er sich wie beeinflussen lässt und - als mündiger Erwachsener!! - "erziehen" lassen will!
Im Idealfall denkt man selbst, vorrangig mal darüber, WARUM man wie auf was reagiert!
Aber: eine rassistische Partei zu wählen, um zu "beweisen", dass man nicht rassistisch ist, entspringt kaum logischem Denken.
Am Rande: JEDER praktiziert Schubladendenken, JEDER reproduziert rassistisches Denken und Klischees. Das ist KEIN Werturteil sondern ein schlichter Fakt.
Die FRAGE ist, inwieweit man in der Lage ist, Vorurteile und Stereotype im eigenen Denken zu hinterfragen, für sich selbst, ganz allein!
Das geht bestimmt auch nicht, denn Hexen wurden früher ja bei lebendigem Leib verbrannt.... also brauche ich jetzt dringend Rat von den hier ach so klugen Leuten.... was mache ich jetzt nur? Bei der Veranstaltung ist Kostümzwang. Als Putzfrau möchte ich auch nicht auftreten, dafür habe ich zuviel Achtung vor dieser Tätigkeit.... Hilfeeeee