Mit einem Paukenschlag traten im Juni 2021 binnen einer Woche alle mit Wein in Verbindung stehenden Genossenschaftsverbände und der Fränkische Weinbauverband (FWV) aus dem Deutschen Weinbauverband (DWV) aus, weil sie sich nicht mehr vertreten fühlten. Die Franken waren damit der erste Regionalverband, der nach den Genossenschaftsverbänden dem DWV den Rücken kehrte.
Nun ist der Austritt vollzogen. Doch was bedeutet er für die Vertretung des Frankenweins in Deutschland und Europa? Der Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes, Hermann Schmitt, sieht hier keine Probleme - auch wenn eine Zusammenarbeit natürlich besser gewesen wäre. Doch das sei nicht mehr gegangen, nachdem selbst gemeinsam gefasste Beschlüsse vom DWV nicht oder nur halbherzig umgesetzt worden seien. So zum Beispiel bei der gerechten Verteilung von Fördergeldern der Europäischen Union.
Drähte des fränkischen Weinbaus in die nationale Politik
Durch die Zusammenarbeit mit den ebenfalls ausgetretenen Genossenschaftsverbänden seien der Frankenwein und seine Winzerinnen und Winzer beispielsweise auf europäischer Ebene bestens vertreten, weil diese in Brüssel gut vernetzt seien. Hinzu komme die attraktive bayerische Landesvertretung in Brüssel, ergänzt Weinbaupräsident Artur Steinmann. Die sei immer gut besucht, wenn sich der Frankenwein dort präsentiere. Allerdings - so Schmitt - habe der deutsche Weinbau im europäischen Konzert noch nie die erste Geige gespielt. Da würden Frankreich, Italien und Spanien dominieren.
Hingegen habe der fränkische Weinbau als mit Abstand größtes Weinbaugebiet in Bayern beste Drähte in die bayerische Landespolitik. Und mit Manuela Rottmann aus Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen), deren Wahlkreis im fränkischen Anbaugebiet liegt, jetzt auch eine Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium. Von ihr und auch vom neuen, aus Baden-Württemberg stammenden Landwirtschaftsminister Cem Özdemir verspreche man sich viel - auch wenn es aktuell in der Landwirtschaft sicherlich vielfältige Probleme gebe, so Schmitt. Aber gerade beim Einsatz neuer Technologien im Weinberg sei man auf politische Unterstützung angewiesen.
Der Fränkische Weinbauverband kann eigene Interessen jetzt besser vertreten
Wichtig sei dabei, dass sich der Fränkische Weinbauverband jetzt selbstständig auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene um seine Belange kümmern dürfe, sagt Artur Steinmann. Laut Satzung des DWV ist dies regionalen Verbänden nämlich verboten. Sie dürften ihre Interessen nur über den Deutschen Weinbauverband, aber nicht direkt vertreten. "Jetzt sind wir frank und frei", sagt Steinmann.
Man werde auf Koalitionen mit den Genossenschaftsverbänden, dem Verband der bayerischen Wirtschaft und auch anderen Weinbaugebieten setzen. So gebe es auf Bundesebene mehrere Organisationen, die die Interessen der deutschen Weinwirtschaft vertreten würden. Ob er als Gast weiter an den vom DWV organisierten Treffen der Weinbaupräsidenten teilnehmen dürfe, sei noch nicht geklärt, sagt Artur Steinmann. Einige seiner Kolleginnen und Kollegen würden dies begrüßen, andere würden sagen: "Wer draußen ist, ist draußen".
Was die fränkischen Winzerinnen und Winzer zum Austritt sagen
Bei den fränkischen Winzerinnen und Winzern gibt es viel Verständnis für den Austritt, aber auch die Furcht, die Belange des Frankenweins könnten darunter leiden. Ludwig Knoll vom Weingut am Stein in Würzburg sagt, fränkische Interessen seien auf Bundesebene manchmal eher belächelt worden, jetzt aber gebe es gar keine Chance mehr, im Deutschen Weinbauverband sein Wort zu erheben, um fränkische Interessen anzumahnen. Doch der Frankenwein müsse internationaler werden, auch in seinen Qualitäten. Knoll denkt, der Ausstieg aus dem DWV sei ein Fehler gewesen, denn in der Gemeinschaft sei man stärker.
Der Nordheimer Winzer Manfred Rothe glaubt, das es keinen fachlichen Grund für den Austritt gebe, Gründe würden wohl auch im zwischenmenschlichen Bereich liegen. Wenn man für Sitzungen quer durch Deutschland reise und immer wieder überstimmt und enttäuscht werde, sei das nachvollziehbar. Rothe findet den Schritt des FWV dennoch schade. Es sei nun einmal das Schicksal der Kleinen, überstimmt zu werden. Bei der Mitgliederversammlung des Fränkischen Weinbauverbandes habe er mit seinen wenigen Hektar ja auch nicht so viele Stimmen wie die Großen. Das müsse man wissen und entsprechend für seine Positionen werben.
Frankenwein muss internationaler werden
Die Gründe für den Austritt seien nachvollziehbar gewesen, sagt hingegen Florian Müller vom Weingut Müller in Hammelburg. Da gebe es keine Reibungspunkte. Allerdings hätte durch eine bessere Kommunikation vermieden werden können, dass die fränkischen Winzerinnen und Winzer den Austritt zuerst aus der Presse erfahren hätten.
"Die Spaltung war schon viel früher da." Es habe einfach keinen Konsens mehr gegeben, sagt Markus Schmachtenberger aus Randersacker (Lkr. WÜrzburg), der selbst in der bayerischen Junglandwirte-Kommission aktiv mitarbeitet. Die Verbindungen der fränkischen Winzerinnen und Winzer nach München und Berlin seien gut, da brauche man keinen Deutschen Weinbauverband. Man könne die Dinge gut selbst anschieben. Letztlich aber müsse die Branche zusammenhalten, auch und gerade auf europäischer Ebene.
Auch wenn 80 Prozent des Frankenweins in einem Radius von 200 Kilometern rund um das Anbaugebiet verkauft würden, müssten sich die Winzerinnen und Winzer aus der Region internationaler aufstellen, sagt FWV-Geschäftsführer Hermann Schmitt. Dabei helfe die große Qualitätsoffensive und die Fokussierung auf den Silvaner und den Spätburgunder, die seit Jahren vorangetrieben werde. Junge, international erfahrene Winzerinnen und Winzer würden in vielen Weingütern das Zepter übernehmen, sagt Artur Steinmann. Die internationalen Erfolge einiger Weingüter und eine erste Vinothek mit Frankenwein in Polen zeigten, dass der Frankenwein auch international auf einem guten Weg sei, so Schmitt.
Jochen Freihold, langjähriger Verbandsdirektor des Fränkischen Weinbauverbandes e.V.