Die Botschaft ist klar: Der vergangene Samstagabend war ein "katastrophaler wirtschaftlicher Schaden", schreibt das "Plou i fa sol", eine Würzburger Tapas-Bar, auf Instagram. 20 Sitzplätze wurden abgesagt - ein Tisch für zehn Personen, einer für sieben, einer für drei. Die Begründung des Zehner-Tisches: Zwei Leute seien krank, der Rest habe jetzt doch keinen Hunger mehr. Fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit trudelten die Absagen ein. So geht das fast jedes Wochenende. "Don't be a no-show", appellierte das Restaurant deswegen nun an seine Gäste.
Der Post wurde von vielen Gastro-Kollegen geteilt und kommentiert, der Tenor ist ähnlich: No-Shows – so heißen im Gastro-Jargon kurzfristig geplatzte Reservierungen oder Gäste, die gar nicht erst auftauchen – bringen vor allem kleine Restaurants in enorme wirtschaftliche Nöte.
Ein Drittel Einnahmeeinbußen wegen 20 Stornierungen
"Für uns Gastronomen und Gastronominnen wird die zunehmende Unverbindlichkeit in der Gesellschaft zum ernsten Problem", schreibt das "Plou i fa sol". An einem guten Samstagabend werden die 28 Sitzplätze zweimal belegt, um 18 Uhr und um 20 Uhr. Restaurantleiterin Christina Ausserlechner rechnet im Gespräch mit der Redaktion vor: "Wir haben also Platz für rund 56 Gäste. Wenn 20 nicht kommen, fallen uns ein Drittel der kalkulierten Einnahmen weg. Dazu kommt, dass wir mehr eingekauft haben und zusätzliches Personal eingeteilt haben."
Was wäre eine mögliche Konsequenz? In Großstädten werden mittlerweile häufig bei Reservierung Kreditkartendaten hinterlegt. Wird zu kurzfristig oder gar nicht storniert oder kommt nur ein Teil einer Gruppe, wird eine Ausfallpauschale abgebucht. "Davor schrecken wir gerade noch zurück", sagt Christina Ausserlechner.
Wer nicht rechtzeitig absagt, muss 28 Euro zahlen
Im "Backöfele" gibt es diese Gebühr bereits: "Es vergeht kein Abend ohne No-Shows", sagt Geschäftsführer Christopher Thum. 28 Euro pro Person müssen hier gezahlt werden, wenn nicht mit 48 Stunden Vorlauf storniert wurde. "Wenn wir den Tisch nachbesetzen können, verlangen wir keine Ausfallgebühr. Aber abends um halb neun ist das auch bei uns nicht garantiert. Deswegen müssen wir eigentlich jede Woche Rechnungen schreiben."
Thum hat vor allem für seine Kolleginnen und Kollegen mit kleineren Restaurants Verständnis: "Für uns mit den 220 Plätzen ist das nicht existenzgefährdend, aber den Kollegen mit kleineren Restaurants kann ich nur raten: Lasst euch Kreditkartendaten geben und seid da rigoros! Auch wir beschäftigen uns regelmäßig mit dem Gedanken."
Für Thum ist es auch eine Frage des Anstands: "In New York zahlt man in manchen gehypten Restaurants schon bei der Buchung sein volles Menü, teilweise Monate im Voraus. Da frag' ich mich schon: Ja, gilt denn in New York ein anderer Anstand als in Würzburg?"
Eine Beobachtung hat Thum genau wie sein Gastro-Kollege Alexander Wiesenegg vom "Bürgerspital" schon öfters gemacht: "Leute reservieren teilweise parallel in mehreren Restaurants einen Tisch und entscheiden dann kurzfristig, wohin sie gehen", so Wiesenegg. "Gerade Firmen, die einen wichtigen Kunden bewirten wollen, fahren manchmal bis kurz vor dem Restaurantbesuch mehrgleisig und lassen dann ihren Gast entscheiden, worauf er Lust hat. Das geht für mich gar nicht."
Bei kleineren, privaten Reservierungen tauchen im Bürgerspital rund fünf bis sieben Prozent der Reservierungen nicht auf. "Damit liegen wir sehr gut im Vergleich mit anderen Restaurants", sagt Wiesenegg. "Vor einiger Zeit haben wir es bei jeder Reservierung zur Bedingung gemacht, eine Handynummer zu bekommen. Am Tag vor dem Besuch bekommt der Gast eine SMS, in der er erneut bestätigen muss, dass er auch wirklich kommt. So konnten wie unsere No-Shows um die Hälfte reduzieren, zuvor lag die Quote bei bis zu 15 Prozent."
Wiesenegg möchte es, wenn möglich, vermeiden, Gäste nach ihren Kreditkartendaten zu fragen. "Da geht einfach eine gute Portion Leichtigkeit verloren. Wir Gastronomen sind ja grundsätzliche Leute, die Menschen mögen, gerne um sich haben, vom Guten in den Gästen ausgehen."
Das Glouglou setzt auf klare Kommunikation - so weiß jeder, auf was er sich einstellen kann
Ähnlich sieht es auch Anne-Kathrin Lengemann, die Inhaberin des Glouglous. "Ich setze auf Persönlichkeit und einen guten Kontakt zu meinen Gästen." Dennoch: Immer wieder kommt es vor, dass in dem kleinen Restaurant mit 36 Plätzen ganze größere Tische kurzfristig absagen. "Das ist für uns eine Katastrophe", so Lengemann.
"Ein noch häufigeres Problem ist es aber, dass gerade bei größeren Gruppen nicht alle wissen, auf was sie sich einlassen. Wir bieten eine gehobenere Küche, die hat ihren Preis." Darüber müssten sich alle in einer Gruppe einig sein. "Für uns ist es wirklich schwierig, wenn bei zehn Leuten drei gar nicht kommen und vom Rest die Hälfte nur eine kleine Vorspeise isst und den Abend über an einem Glas Wasser nippt. Da geht einfach unsere Kalkulation nicht auf, hochwertige Zutaten müssen weggeworfen werden, in der Küche ist Personal eingeteilt, das nichts zu tun hat."
Sie setzt deswegen auf Transparenz und Austausch im Vorfeld: "Wenn bei mir größere Gruppen reservieren, möchte ich immer im Vorfeld das Menü durchsprechen. So hat jeder alle Infos, die er braucht - der Gast und ich auch."
Vor wenigen Wochen hat im Mainviertel in der Katzengasse das MiZAR eröffnet - und ist gleich zu Beginn einen Schritt gegangen, den andere befragte Gastronomen als "mutig" bezeichnen. Wer nicht rechtzeitig absagt - im MiZAR 24 Stunden vor Reservierung - muss den vollen Menüpreis zahlen, der meist zwischen 120 und 160 Euro liegt. Schon bei der Reservierung müssen die Kreditkartendaten hinterlegt werden, sonst gibt es keinen der sechs Tische.
"Wir kaufen speziell für unsere geplanten Menüs ein, richten alles darauf aus. Wenn bei uns ein Tisch spontan ausfällt, bleibt der leer - wir sind zu klein und speziell für Laufkundschaft", sagt Konstantin Kuntzsch, der mit Florian Mack das Lokal betreibt. "Es ist ja ähnlich wie bei einem Konzert: Da bezahle ich meine Karte auch im Voraus."
"Wenn ein paar anfangen, die Kreditkartendaten zu nehmen, würden sicher viele nachziehen."
Auch Heiko Fleischmann, Betriebsleiter der Goldenen Gans, begrüßt es, dass immer mehr Gastronomen den Schritt wagen und Stornogebühren verlangen. "Ich glaube, es wäre keine schlechte Idee. " Konkrete Pläne diesbezüglich hat man bei der Goldenen Gans noch nicht. "Dazu haben wir als Biergarten eine zu komfortable Situation. Wir kriegen auch abgesagte Tische gut mit Laufkundschaft voll - so lange das Wetter mitspielt."
Erst vergangenes Wochenende hatte er selbst eine der oft beschriebenen Situationen: "Reserviert war für 35 Personen, gekommen sind 15. Das passiert ständig." Fleischmann versteht, wie problematisch diese No-Shows für seine Kollegen mit kleineren Restaurants sind. "Deswegen würde ich es auch begrüßen, wenn ein paar anfangen, Kreditkartendaten zu nehmen. Dann würden sicher viele nachziehen."
ein Essen bei der Oma abzusagen!
und das gleiche gilt für die Gastro...
Respekt ...
Und wenn es eine gäbe, müßte man erst mal die Gastronomen und Dehoga-Mitglieder rausrechnen.
Ja es gibt diese Egoisten denen alles egal ist und die Gastronomen verärgern, ich halte es aber für übertrieben. Gehen sie doch mal spontan Essen, es ist zunehmend überall belegt. Gäbe es soooo viele No-Show-Plätze würde man diese bei einen spontanen Essen ohne Reservierung doch bestimmt angeboten bekommen?
Wie dem auch sei: früher hat man abgesagt oder die Wirte haben diese Kunden irgendwann abgelehnt.
Kein Verständnis habe ich dagegen für Leute, die von einer Minute auf die andere Reservierungen ohne Absage einfach nicht wahrnehmen, weil andere Treffs gerade interessanter waren.
Als die MwSt runter ging habe ich nichts davon verspürt, nur als sie hoch ging.
Aber das kommt da von, wenn man wie im ersten Beispiel mit 100% Auslastung kalkuliert, was kaufmännisch (kauffrauisch) eh falsch ist. Da hilf dann auch jammern nichts!