Seit Wochen ist das Bild zwischen Sebastian-Kneipp-Steg und Konrad-Adenauer-Brücke geprägt von Scherben, Essensschachteln und leeren Alkoholflaschen. Die Anwohner in der Sanderau beschweren sich zudem über massive Lärmbelästigungen und Wildpinkler. Das Problem der ausufernden Outdoor-Feiern scheint die Stadt noch immer nicht in den Griff bekommen zu haben.
Im Interview erklären Kommunalreferent Wolfgang Kleiner und der Leiter des Fachbereichs Allgemeine Bürgerdienste, Uwe Zimmermann, welche weiterführenden Maßnahmen sich die Stadt überlegt hat und warum auch ein Alkoholverbot noch nicht ganz vom Tisch ist.
Zimmermann: Sanderau und Kranenkai kann man nicht gleichsetzen. Das Publikum und das Verhalten sind ganz anders. Am Kranenkai haben sich die Menschen online zum Tanzen verabredet. Hier hatten wir das Problem, dass zur späteren Stunde nachweislich mehrere Hundert Menschen Körper an Körper getanzt haben. Zum einen spielt hier der Infektionsschutz eine große Rolle, aber man hat zudem eine Gefahrensituation am Wasser. Ziel war es also, diese Tanzfläche erst einmal zu befrieden. Und dies gelingt nur durch eine Sperrung. Diese Tanzfläche hat sich jedoch nicht in die Sanderau verlagert.
Kleiner: Dass es natürlich gewisse Verlagerungen geben wird, war abzusehen. Doch eine konzentrierte Verlagerung ist ausgeblieben. Insofern muss ich das positiv bewerten. Was man in dem Zusammenhang nochmal betonen muss, ist, dass die Bars und Clubs geschlossen sind. Wenn man die Kapazitäten in Würzburg zusammen zählt, kommt man auf über 10 000 Menschen, die sich an normalen Wochenenden in Clubs und Bars aufgehalten haben. Man kann nachvollziehen, dass diese Menschen nach eineinhalb Jahren Pandemie dies wieder erleben wollen. Deshalb drängt es sie eben in den öffentlichen Raum und es kommt zu den aufgezeigten Effekten.
Zimmermann: Man muss auch ein bisschen in die Zukunft schauen. Wir müssen den Menschen mal wieder eine Tanzfläche bieten, so haben wir gemeinsam mit dem Club Airport in der Gattinger Straße ein Konzept entwickelt, das wir dem Gesundheitsamt und dem Ministerium vorlegen werden. Dies sieht einen Biergarten vor, der jedoch auch durch eine Tanzfläche im Freien ergänzt wird. Organisatorisch soll das als eine Art Schachbrett durchgeführt werden. Mit aufgesprühter Kreide zeigen wir den Feiernden ihre Tanzfläche, und zwar ein Quadratmeter für eine Person. Außerdem haben nur Getestete, vollständig Geimpfte oder Genese Zutritt. Wir denken das ist ein guter Ansatz für ein Modellprojekt.
Kleiner: Rückblickend muss man die ganze Entwicklung betrachten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist sehr wichtig und dieser erfordert immer ein angemessenes Vorgehen in mehreren Schritten. Man muss sich immer die Frage stellen, ob die Maßnahme überhaupt geeignet ist, um an das Ziel zu kommen? Ist sie wirklich erforderlich? Und ist die Zweck-Mittel-Relation ausgewogen? Das Problem des Lärms und des Mülls haben wir jedes Jahr. Momentan muss man dies etwas differenzieren. Denn nach wie vor tragen wir die Verantwortung, das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. Das ist der erste Handlungsgrundsatz. Die Tanzfläche am Kranenkai ist also noch immer unter dem Infektionsschutzgesetz zu betrachten. Hier muss man sehen, dass die Maßnahme, den Bereich zu sperren, richtig war, denn so haben wir die Menschenmassen entzerrt. Wir halten auch weiterhin alle Maßnahmen im Auge.
Kleiner: In der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ist das Alkoholverbot als Option für die Kreisverwaltungsbehörde auferlegt. Theoretisch kann es ein Alkoholverbot also geben. Momentan spricht jedoch sehr viel dagegen... wir haben weiter sinkende Zahlen. Die Frage lautet hier, ob man gleich zu dem ganz großen Schwert greift, oder ob es Maßnahmen gibt, die dazwischen liegen. Wir haben ein System, was derzeit erfolgreich ist. Und auch für das jetzige Wochenende haben wir uns ergänzende Maßnahmen überlegt.
Zimmermann: Wir richten zwei Müllsammelstellen an der Kurt-Schumacher-Promenade ein. Dort stehen jeweils zwei Toiletten und ausreichend Mülleimer. Das Ganze wird von jeweils zwei Security-Mitarbeitern unter einem großen Lichtstab bewacht. Das alles ist jedoch sehr kosten-, personal- und materialintensiv, aber es kann ein Versuch sein. Grundsätzlich stellen wir uns natürlich die Frage, ob wir wirklich wollen, dass die Grünanlagen für ein feierndes Publikum dauerhaft genutzt werden. Doch die "Service-Points" sehen wir als einen Schritt an, um dem Publikum dort entgegen zu kommen und kommunikativ mit dem Problem umzugehen.
Zimmermann: Das Problem ist da. Dies muss medial noch einmal angegangen und kommuniziert werden. Hier muss ein Bewusstsein geschaffen werden, das man strukturell angehen muss, beispielsweise mit mehr Plakaten über die Nachtruhe. Und wer weiß: Eventuell schaffen wir durch die Securitys und das Licht eine informelle Sozialkontrolle. Vielleicht wird es dieses Wochenende ruhiger.
Kleiner: Man kann außerdem nicht immer nur die Stadt in die Verantwortung ziehen. Man muss auch Eigenverantwortung tragen – gerade was den Klimaschutz und das enorme Müllaufkommen angeht. Unsere primäre Aufgabe ist es, auf diese Verantwortung hinzuweisen. Deshalb auch die "Wir haben dieses Wochenende frei!"-Aktion.
Kleiner: Wir haben natürlich immer unsere Augen und Ohren offen und sind kommunal sehr gut vernetzt. Für uns alle ist die Pandemie neu, deshalb ist es wichtig, auch aus anderen Erfahrungen zu lernen. Sauberkeit und Ruhe in der Stadt ist ein Dauerthema, dem müssen wir uns während und nach der Pandemie weiter widmen und wir werden das auch wieder verstärkt tun. Aber wir sind mit unseren Arbeitskapazitäten auch noch anderweitig mit der Bewältigung der Pandemie gebunden.
Zimmermann: Trotzdem haben wir noch genügend Kapazitäten mit Düsseldorf direkt zu kommunizieren und auch das Verweil- und Alkoholverbot dort zu analysieren und zu reflektieren. Es ist doch klar, dass wir mit Kollegen im direkten Austausch stehen oder mindestens deren Rechtslage verfolgen. Mit Schweinfurt, Nürnberg und München haben wir beispielsweise direkten Kontakt. Auch aus Ingolstadt oder Regensburg bekomme ich regelmäßig die Rechtslage.
Kleiner: Wir hatten eine Corona-Situation, in der die Außengastronomie über Wochen geschlossen hatte – und nach wie vor haben die Bars und Clubs geschlossen. Wir haben schönes Wetter, die Menschen wollen und müssen nach draußen. Das heißt, dass ich logischerweise in einem Corona-Jahr mehr Menschen im öffentlichen Raum habe. Man kann immer sagen, dass man etwas anders oder besser hätte machen können, aber wir sind stabil über die Runden gekommen, was die Infektionszahlen angeht. Wir haben auch immer wieder hinterfragt, wo die Infektionen herkommen. Es war nie so, dass man etwas auf private Zusammenkünfte im öffentlichen Raum zurückführen konnte, es waren immer private Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen. Deshalb sehe ich auch nicht, was wir anders hätten machen können oder sollen. Dass wir immer wieder auf Information und Kommunikation gesetzt haben, war unsere große Stärke und da bin ich stolz darauf. Außerdem haben wir Hunderttausende Euro Bußgelder verhängt.
Zimmermann: Diese Frage hat den Vorwurf, ob wir etwas zu spät erkannt oder nicht proaktiv agiert haben. Im März hatten wir schönes Wetter und viele Menschen am Kranenkai, doch noch keine Tanzfläche. Trotzdem haben wir unmittelbar an den Wochenenden Doppelstreifen der Polizei eingeführt und auch den Kommunalen Ordnungsdienst nochmal ausgeweitet. Wir haben mehrere 100 000 Euro Ordnungswidrigkeitsgelder bearbeitet. Vor wenigen Wochen kamen dann die AHA-Teams in Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing hinzu. Die ganzen Maßnahmen haben also in Stufen stattgefunden.
Die Stadt geht das doch recht konstruktiv an.
Und Leute, es ist EM.
2006 war bei der WM noch Sommermärchen, als alle draußen gefeiert haben. Auch die Fans anderer Länder. Täglich gab es Hupkonzerte.
Und Weindorf, Kiliani, die vielen Weinfeste auf den Dörfern... haben halt sonst auch extrem viel Partyvolk angezogen. Wenn die mal wieder sind, verteilt es sich wieder.
Die überaus laute Außenmusik in einem Wohngebiet! war lt. Ordungsamt nicht genehmigt. Dennoch wurde diese nicht eingestellt. Am Abend war ungestörtes TV schauen, auf dem Balkon sitzen oder Arbeit am PC, trotz geschlossener Fenster, unmöglich. Mein Vertrauen in die Stadt und die Polizei war völlig zerstört, denn trotz Audio-und Videoaufnahmen, machte der Betreiber unbeirrt bis Oktober weiter.
Der nächtliche Lärm am Main ist nicht nur eine Frage der "Moral", sondern eine Frage der Gesundheit! Es gibt einen öffentlichen Auftrag zum Schutz der Bürger*innen und der obliegt auch den Kommunen!
Die Situation am Kranenkai und auf der Leonhard Frank Promenade hat sich seither erheblich verbessert. Mein Dank gilt daher OB Schuchardt!
Latürnich war absehbar, dass dies nicht die zukünftige Lösung sein kann und eine Verlagerung der komplexen Problematik stattfinden wird!
Ich werde mich daher auch weiterhin für ein Alkoholverbot an den Mainufern, außerhalb der Gatronomie, engagieren.
Ich hatte den Vorschlag gemacht, zukünftig eine öffentliche Event- und Partyzone auf den Mainwiesen, außerhalb der Wohngebiete, mit entsprechender Infrastruktur einzurichten, denn die Stadt ist auch gefordert, jungen Menschen ein Angebot zu machen!
Der Witz war gut, sehr gut!
Selten so gelacht ...