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Würzburg
Mit dem Solar-Rad über die Alpen: Würzburger Schüler sammelt auf seinem umgebauten Lastenrad Höhenmeter
Von Südfrankreich nach Slowenien und zurück: Kilian Weigand hat ein Lastenrad mit einer Fotovoltaikanlage ausgestattet und macht damit eine ungewöhnliche Tour.
Der Würzburger Kilian Weigand fährt mit seinem solarbetriebenen Fahrrad durch die Alpen. Dabei dürfte die Strecke nur selten so flach verlaufen wie bei diesem Testlauf am Hubland in Würzburg.
Foto: Patty Varasano | Der Würzburger Kilian Weigand fährt mit seinem solarbetriebenen Fahrrad durch die Alpen. Dabei dürfte die Strecke nur selten so flach verlaufen wie bei diesem Testlauf am Hubland in Würzburg.
Christoph Sommer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:11 Uhr

In drei Wochen mit dem Fahrrad quer durch die Alpen und zurück. Für viele, die das Rad nur auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkauf nutzen, klingt das unmöglich. Kilian Weigand aus Würzburg fährt zurzeit diese Strecke – mit 18 Jahren und auf einem Rad, das er selbst umgebaut hat. Etwa bei der Hälfte ist ein Tag Pause eingeplant. Während draußen ein Schneesturm tobt, findet er an dem Ruhetag Zeit, mit dieser Redaktion über die Hintergründe seiner Leidenschaft zu sprechen.

Von 'Jugend forscht' zur 'Sun Trip'-Alpenüberquerung

Angefangen habe alles mit einer simplen Feststellung: "E-Bikes sind total im Kommen und Fotovoltaik ist eine zukunftsfähige Energiegewinnung. Also habe ich mich gefragt: Warum nicht beides kombinieren?" Mit der technischen und nicht zuletzt finanziellen Unterstützung seiner Eltern hat er also eine alte Fahrradrikscha mit einer Fotovoltaikanlage ausgestattet. Im Frühjahr 2021 gewann er damit bei "Jugend forscht" den ersten Preis in Unterfranken.

"Die Forschungsergebnisse und das Wissen daraus habe ich genutzt, um ein zweites, optimiertes Rad zu bauen", sagt der Schüler. Und mit diesem Lastenrad, ausgestattet mit einer Solaranlage, die sich automatisch nach der Sonne ausrichtet, ist er jetzt unterwegs.

Er ist der bisher jüngste Teilnehmer am "Sun Trip", einer seit 2013 auf verschiedenen Routen stattfindenden Radtour. Die einzige Voraussetzung zur Teilnahme ist ein Solarpanel auf oder an dem fahrbaren Untersatz.

Statt bis nach China "nur" quer durch die Alpen

Die längste Route des Wettbewerbs verlief 2018 von Südfrankreich nach Guangzhou in China. Dagegen ist die Strecke dieses Jahr noch vergleichsweise kurz. "Allein wegen der Dauer wäre eine Tour wie die nach China für mich als Schüler nicht möglich gewesen. Aber als ich gesehen habe, dass die Tour dieses Jahr nur drei Wochen geht, wollte ich unbedingt dabei sein", sagt Kilian Weigand. 

Er erklärt, dass die Vorbereitung vor allem aus der Arbeit an der Technik bestanden hat. "Neben der Schule war kaum Zeit, also musste ich die letzten Programmierungen in der einen Woche Ferien machen", begründet der Elftklässler, warum er vor der Abfahrt kaum auf dem Rad trainieren konnte.

Nach dem Tag auf dem Fahrrad muss noch gelernt werden

Apropos Schule: Eigentlich geht Kilian Weigand in die elfte Klasse des Wirsberg-Gymnasiums in Würzburg. Für die Alpenüberquerung ist der Nachwuchsforscher allerdings vom Unterricht befreit. Den verpassten Stoff muss er allerdings ebenso wie die angefallenen Klausuren nachholen, "dafür habe ich aber extra mein Tablet dabei, um abends noch ein bisschen zu lernen".

Die Photovoltaikanlage auf der Ladefläche von seinem Lastenrad hat Kilian Weigand so konstruiert und programmiert, dass sie sich auch während dem Fahren automatisch nach der Sonne ausrichtet.
Foto: Patty Varasano | Die Photovoltaikanlage auf der Ladefläche von seinem Lastenrad hat Kilian Weigand so konstruiert und programmiert, dass sie sich auch während dem Fahren automatisch nach der Sonne ausrichtet.

Zeit dürfte er allerdings kaum finden, denn die Tour-Tage sind lang. "Morgens um halb sechs stehe ich auf, packe das Zelt zusammen und fahre dann mit Pausen auch mal bis 21 Uhr." Die insgesamt 2500 Kilometer lange Strecke führt von Grenoble aus durch die Schweiz, Österreich, Slowenien und Italien nach Lyon, wo am 9. Juli die Zielankunft geplant ist.

Unterwegs gibt es sieben Zwischenziele, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht werden müssen. Welchen Weg die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum nächsten Checkpoint wählen, ist jedoch ihnen überlassen.

"Morgens um halb sechs stehe ich auf, packe das Zelt zusammen und fahre dann mit Pausen auch mal bis 21 Uhr."
Kilian Wiegand, Tour-Teilnehmer

Kilian Wiegand ist einer von fünf Fahrerinnen und Fahrer, die die Tour in erster Linie als Wettbewerb sehen: Durch die Überquerung möglichst vieler Pässe sammeln sie Punkte für eine Abschlusswertung. Er erklärt allerdings, dass der Eindruck täusche, mit einer Fotovoltaikanlage trage ihn sein Rad ohne große Anstrengung über die Berge: "Ich muss das Fahrrad aus eigener Kraft fahren. Der Motor übernimmt nur das Gewicht des ganzen Gepäcks für die drei Wochen - und auch nur, wenn der Akku voll ist."

Die Leistung der Räder ist vom Wetter abhängig

Das Problem: So richtig spielt das Wetter nicht mit. Die letzten Tage war es stürmisch oder zumindest bewölkt. Der Ausblick für die kommenden Tage sei nicht allzu rosig. Davon lässt sich der Allwetterfahrer aber nicht einschüchtern: "Ich fahre auf jeden Fall weiter. Ich habe es bisher auch überlebt, wenn mir das Wasser in den Schuhen stand und der Schlafsack nass wurde."

"Ich fahre auf jeden Fall weiter. Ich habe es bisher auch überlebt, wenn mir das Wasser in den Schuhen stand und der Schlafsack nass wurde."
Kilian Wiegand, Tour-Teilnehmer

Wie er weiter berichtet, hat aber auch das entgegengesetzte Wetterextrem, die Hitze zu Tourbeginn, nicht nur den Mensch, sondern auch die Technik an ihre Grenzen gebracht. Der Tüftler ist zwar erleichtert, dass er sich bisher auf seine Maschine verlassen konnte. Allerdings berichtet er von einigen Pannen anderer Teilnehmenden, die aber auch dank der großen Hilfsbereitschaft innerhalb des Felds allesamt gelöst worden seien: "Der Teamspirit ist enorm und irgendjemand nimmt immer gerne einen Umweg in Kauf, um bei der Reparatur zu helfen."

Beim Zelten ist er auf die Gastfreundschaft angewiesen

Besonders beeindruckt hat ihn die Hilfsbereitschaft der Einheimischen. Außer an den Zwischenzielen ist er nachts auf einen Stellplatz für sein Zelt angewiesen. Häufig frage er dafür einfach die Menschen nach ein wenig Platz im Garten. "Die reagieren immer sehr gastfreundlich, bieten mir Essen und Trinken an und sind interessiert, was ich hier mache."

Bei der noch verbleibenden Strecke freut sich der Schüler besonders auf die Abstecher nach Turin und Mailand, bevor er in Lyon von seinem Vater erwartet wird. Dann wird das Rad für die Rückfahrt im Kleinwagen verstaut und das Solarpanel auf das Dach geschnallt.

Auch wenn der Weg zurück nach Würzburg weniger bergig ist, dürfte sich Kilian Weigand darauf freuen, dass der Motor dann die ganze Arbeit übernimmt.

 
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    Der feuchte Traum der Grünen! Hoffe, das setzt sich durch, dann müssen sie nicht mehr mit dem Flugzeug in den Urlaub…
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  • K. F.
    ganz schön pfiffige idee, aber für mich wär das nix!
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  • H. S.
    Wieviel mehr an Strom muss das Rad erzeugen / aufwenden, um die zusätzliche Last zu transportieren? Hübsches Experiment, aber auch nicht mehr.
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