zurück
Würzburg
Missbrauch: Neue Vorwürfe gegen Würzburger Ruhestandspriester
Der Priester aus Unterfranken ist bereits wegen Missbrauchs verurteilt worden, nun soll er sich wieder Minderjährigen genähert haben. Wie reagiert die Bistumsleitung?
Im Fall eines mehrfach beschuldigten Ruhestandspriesters gibt es neue Vorwürfe. Noch ist nicht alles geklärt. Das Bistum bereitet derzeit eine neue Eingabe bei der Glaubenskongregation in Rom vor.
Foto: Daniel Peter | Im Fall eines mehrfach beschuldigten Ruhestandspriesters gibt es neue Vorwürfe. Noch ist nicht alles geklärt. Das Bistum bereitet derzeit eine neue Eingabe bei der Glaubenskongregation in Rom vor.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:20 Uhr

Aussagen von Frauen aus dem Raum Main-Spessart beschreiben Distanzverletzungen. Der Ruhestandspriester, der sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierte, suchte den Beschreibungen zufolge die Nähe zu teilweise minderjährigen männlichen Asylbewerbern. Er soll ihnen über Arm und Rücken gestreichelt und per Handy Nachrichten geschrieben haben wie: "Ich habe Sehnsucht nach dir!" oder "Ich vermisse dich" - versehen mit Kuss-Emojis und Herzchen. Gezielt habe der Mann Kontakt zu Asylbewerber-Familien mit Kindern aufgenommen, Wohnungen für sie gesucht. Auch soll er großzügige Geschenke verteilt haben. Das weckte irgendwann Misstrauen.

Der Mann wurde daraufhin Ende des Jahres von Johannes Heibel, der die Aussagen der Frauen zusammengetragen hat, bei der Staatsanwaltschaft Würzburg angezeigt. Der Vorsitzende der Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen mit Sitz im Westerwaldkreis informierte zudem Bischof Franz Jung.

Bistum will erneut Glaubenskongregation informieren

Die Redaktion fragte aktuell beim Bistum nach: Die Vorwürfe habe Generalvikar Thomas Keßler am 21. Dezember 2018 an die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg weitergeleitet, so Bistumssprecher Bernhard Schweßinger. Dort befinde sich bereits die Akte des Beschuldigten. Ebenso sei der Diözesancaritasverband informiert worden. Zudem bereite die Diözese derzeit "eine neue Eingabe bei der Glaubenskongregation in Rom aufgrund der neu aufgekommenen Sachverhalte" vor.

Die Betonung "neu" in diesem Zusammenhang hat einen Grund. Es gibt bereits alte Vorfälle - über die diese Redaktion mehrfach berichtet hat. In diesen Artikeln kürzt sie seinen Namen mit X. ab

Bistum verkaufte dem wegen Missbrauchs Verurteilten ein geerbtes Haus

So wurde X. wegen Missbrauchs eines Schülers zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Das war 2002. Der Geistliche wurde suspendiert und darf laut Bistum Würzburg ausschließlich nur im privaten Rahmen zelebrieren. Das Bistum finanziert seinen Ruhestand, obwohl X.,  der unter bislang nicht restlos geklärten Umständen in Rumänien geweiht wurde, nicht der Diözese angehört. Die Kirche verkaufte ihm darüber hinaus im Jahr 2007 "für knapp 150 000 Euro" ein Haus, das ihr von einer als fromm beschriebenen Lehrerin vererbt worden war.  Auf Nachfrage bezeichnete das Bistum diesen Verkauf "aus heutiger Sicht" jedoch als Fehler.

Diese "heutige Sicht" beruht wohl darauf, weil mittlerweile bekannt ist, dass der Missbrauch von 2002 nicht der erste war - wie der einstige Personalreferent damals vermutet hatte. Vor zwei Jahren wurde ein weiterer Übergriff des Mannes bekannt. Er geschah in Österreich. Dort soll er sich 1993 an einem Jugendlichen vergangen haben. Der Mann, damals Chorherr, musste das Stift Klosterneuburg verlassen.

Neuer Verdacht: Betroffener meldet sich nach 30 Jahren 

Und nun rückt X. erneut in den Fokus. Es soll einen weiteren, noch älteren Vorfall geben. Ein Mann beschuldigt den Ruhestandespriester eines massiven Übergriffs Ende der 1980er Jahre - ebenfalls im Stift Klosterneuburg. Damals war der Betroffene Anfang 20.

Diese Redaktion informierte in seiner Anfrage das Bistum Würzburg auch über diesen Vorwurf, über den die Journalistin Edith Meinhart im österreichischen Nachrichtenmagazin "Profil" zuerst berichtete. Auch darüber sei die Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg und die Glaubenskongregation in Rom "unverzüglich" informiert worden, so Schweßinger.

Der Beschuldigte X. bestreitet den Vorwurf. Auf Nachfrage sagte er: "Ich kann mit ruhigem Gewissen sagen: Ein Übergriff gegenüber dieser Person hat nie stattgefunden. Ich bin dieser Person nie zu nahe getreten."

Bistum untersagt Beschuldigtem Kontakt zu Kindern und Jugendlichen

Es bleiben Fragen zu diesem komplexen Fall. Dringlich sind folgende: Wie will die Bistumsleitung sicherstellen, dass der Ruhestandspriester künftig keinen Kontakt mehr zu Kindern und Jugendlichen hat? Und: Ist das Bistum überzeugt, dass die Therapie, die X. nach seiner Verurteilung absolviert hat, vor weiteren Übergriffen schützt?

Die Antworten: "Aufgrund der neuen Vorwürfe wird ihm der Kontakt zu Kindern, Jugendlichen und Familien untersagt." Und weiter: "Das Bistum Würzburg ist sich bewusst, dass eine Therapie nie einen absoluten Schutz vor weiteren sexuellen Missbrauch bieten kann. Eine Therapie kann lediglich ein Wiederholungsrisiko mindern."

Die Antworten passen zu einer Aussage des Bischofs beim Podiumsgespräch über sexuelle Gewalt in der katholischen Kircheund zur Missbrauchsstudie am 12. Dezember im Burkardushaus. Damals gestand Franz Jung ein: "Es gibt keine Sicherheit." Wichtig sei es, dauerhaft zu agieren und genau hinzusehen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Christine Jeske
Bistum Würzburg
Franz Jung
Sexueller Missbrauch
Staatsanwaltschaft Würzburg
Thomas Keßler
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • 2186583
    Die meisten Kommentare treffen den Sachverhalt nicht -bleibt die Frage, ob sie das überhaupt wollen.
    1) Streicheln an Rücken und Armen stellt für sich genommen kaum einen Straftatbestand dar.
    2) Ebenso "Sehnsuchtsemails mit Küsschen"
    3) Der Mann ist einer von ca. 20.000 Beschuldigten, die jährlich bei der Polizei zur Anzeige kommen.
    4) Als Priester genießt er für die Beschuldigungen mehr Aufmerksamkeit zu als andere Berufsgruppen - warum wohl?
    5) Das Bistum hat sich bisher korrekt verhalten; die Auszahlung einer sicher gekürzten Pension ist rechtlich bindend oder die Anteile für eine Rente müssten nachgezahlt werden, damit der Beschuldigte ein Rente beziehen kann.
    6) Vorschläge wie "Kastration" ect. kommen aus einer gewissen politischen Ecke; Polen ist auch hier kein Vorbild.
    7) Beschuldigungen wie "Die Kirche vertuscht, deckt zu ..." sind unsinnig. Und treffen zumindest den Tatbestand der Falschaussage.
    8) Ein so heikles Thema verdient nur namentlich gezeichnete Kommentare
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • steffen.cyran@freenet.de
    @FJ1830:

    Diese krude Sichtweise ist ja nicht zu überbieten, wie kann man schwere Straftaten so verharmlosen oder gar rechtfertigen?

    Ihre "Ansichten" sollten Sie mal Auge in Auge den Mißbrauchsopfern ins Gesicht sagen...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Markustan
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 2186583
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ra.kellermann@gmx.de
    bei Pädophilen hilft leider auch die Aufhebung des Zölibat nichts...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lebenhan1965
    Diesem Mann

    Wird eine Pension bezahlt.

    Die Ehefrau eines griechisch-katholischen Priesters muss um ihre Witwenpension bangen, obwohl sie jahrzehntelang ehrenamtlich in der Kirche mitgearbeitet hat.

    Kann einer dieses Verhalten der Diözese verstehen?

    Also ich habe damit Probleme!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 2186583
    Das Bistum Wü ist für Witwen der griech-kath Priester sicher nicht zuständig.
    Witwenrenten zahlt im Normalfall die entsprechende Rentenkasse. Ehrenamtliche Tätigkeit werden wohl nirgendwo mit einer "Rente" gewürdigt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Arcus
    Toll find ich ja nicht, was da so in der kath Kirche abgeht. Aber zu meinen, dass mit einem Aufheben des Zölibats, Frauen in Priesterämtern etc. das Problem aus der Welt geschafft wäre, ist auch nicht ganz richtig. Dazu bedarf es in der Kirche, aber auch außerhalb deutlich mehr Anstrengungen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Werne1
    WaRum gibt es bei uns keine chemische Kastration ? In Polen wird das bei Pädophilen angeordnet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • DFR4
    Bravo
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • berndschebler@mail.de
    und wenn die Pfaffen 2 Kinder machen, werden die noch von der Kirche bezahlt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Fischer
    Die Kirche schaufelt sich ihr eigenes Grab.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • lanalando
    Ich war schon auf der Beerdigung .
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mainheini
    Die Kirche lernt nichts aus ihren Sünden. Sie predigt Wasser und trinkt Wein. Der Bibelsatz "lasset die Kindlein zu mir kommen" wird von den Priestern irgendwie falsch verstanden. Und der Bürger zahlt noch die Gehälter...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • bundmufr@web.de
    Danke haba2908, dem ist nichts mehr hinzu zufügen....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • haba2908
    Diese Kirche darf sich nicht wundern! Da werden Missbrauchsvorfälle vertuscht, gedeckt, mit Zahlungen abgewandt. Priester werden mit Bezügen in Ruhestand versetzt und in diesem Fall mit einem günstigen Häuschen belohnt! Eine an Scheinheiligkeit nicht zu überbietende Institution, welche absolut an der Realität vorbeigeht! Mich wundert nur, dass immer noch so viele den staatlich verordneten Obulus an diese Kirche verrichten! Erlaubt den Priestern die Ehe, erlaubt Frauen das Priesteramt auszuüben und schon wäre genügend qualifiziertes Personal auf Erden , um den Willen des Herrn zu predigen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Die Kirche zeigt hier das Verhalten einer kriminellen Vereinigung.
    Ähnliche Fürsorge für Members auf der schiefen Bahn kennt man auch von den Hells Angels.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • simonhard
    Was reden sie immer nur von "Dieser Kirche"???
    Der obige Artikel nimmt doch nur Bezug auf das Bistum Würzburg!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • berndschebler@mail.de
    simonhard,
    was heißt da nur von Würzburg ? Das passierte in ganz Deutschland und dann jammert die Kirche das so viele von der Kirche austreten. Der Kirche keinen Cent mehr spenden, fertig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten