Der Spielbetrieb ist ausgesetzt, die Proben finden mit Abstand statt. Auch für das Mainfranken Theater ist die Corona-Pandemie alles andere als leicht. Intendant Markus Trabusch und Geschäftsführender Direktor Dirk Terwey erzählen im Gespräch von den Herausforderungen für das künftige Staatstheater, inwiefern die aktuelle Lage die Baustelle beeinflusst und auf welche Sensation sie sich im nächsten Jahr besonders freuen.
Markus Trabusch: Bislang hatte ich wenig Zeit, darüber nachzudenken (lacht). Es herrscht eine gewisse Müdigkeit durch Planungen, die völlig umsonst waren, da sie nicht tragfähig waren. Wir machen Pläne, um diese weder zu verwerfen, um dann wieder Pläne zu machen. Ich bin erschöpft, obwohl wir es gewohnt sind, in dieser Jahreszeit viel zu arbeiten.
Dirk Terwey: Im Grunde sind wir seit vielen Monaten für den Theater und Konzertbetrieb auf Stand-By. Wir bereiten seit Monaten Pläne vor, die am Ende anders, oder gar nicht stattfinden. Auch im Hintergrund ist viel Arbeit zu tun, wir haben schließlich parallel noch den Umbau zu stemmen, den man sich kaum komplexer und herausfordernder vorstellen kann. So ist die Zeit für Reflexion und Nachdenken kaum gegeben. Wir schauen jedoch in den Horizont und dort ist ja - hoffentlich - etwas Gutes zu Erwarten, wenn man an das Stichwort Impfstoff denkt.
Terwey: Als wenn man Mitten im Sprung abgefangen wird. Wir hatten eine komplette Infrastruktur mit viel Aufwand errichtet, hatten bereits tolle Kritiken für die Stücke, aber auch für die Raumsituation erhalten und dann wurden wir gestoppt.
Trabusch: Es fühlte sich absolut irreal an. Das Theater lebt von Verdichtung im Zuschauer-Raum und auf der Bühne: Zuspitzung von Konflikten, Nähe bei Liebesszenen und so weiter. Und nun begann die Spielzeit mit fehlender Verdichtung. 127 Zuschauer in einem 500 Zuschauer fassenden Raum ist gefühlt leer. Die Künstler brauchen die Reaktionen des Publikums und diese fehlen momentan enorm.
Trabusch: Corona schränkt den Probebetrieb extrem ein. Ein Beispiel: Für jeden darstellenden Künstler brauchen wir laut Hygiene-Vorgaben 20 Quadratmeter Raum. Zehn Quadratmeter brauchen wir für jede Person, die bei einer Probe im Raum anwesend ist. So können wir gar nicht mehr richtig proben, da uns schlichtweg große Räume dafür fehlen. Hinzu kommen Abstandsregeln oder dass Requisiten nicht gleichzeitig von zwei Personen angefasst werden dürfen. Diese neuen Bedingungen machen uns erfindungsreich, erfordern aber auch eine längere Planung. Das Verlassen des Bestandsgebäudes für die Sanierung macht uns zudem noch ein Stück handlungsärmer. Dort hatten wir einen Zuschauerraum, wo sich der Chor auch mal hätte versammeln können. Außerdem waren dort Räume, in denen man noch mit mehr Menschen hätte proben können. Die haben wir nun nicht mehr.
Trabusch: Grundsätzlich finde ich gut, dass diese Künstler nun auch im Bewusstsein der Menschen angekommen sind. Das war im Frühjahr noch nicht der Fall. Ich denke, man kann an der Politik erkennen, dass die Corona-Hilfen auch für Solo-Selbstständige gedacht sind. Die Frage scheint eher zu sein, wie wird das genau gehandhabt und wann kommen die Hilfen an. Ich glaube also nicht, dass die Freischaffenden in Vergessenheit geraten sind. Ob das Geld jedoch reicht, das kann ich nicht sagen. Wir befinden uns in einem Bereich, in dem wir die Informationen nur vermittelt mitbekommen.
Terwey: Die fest am Theater angestellten Künstler und Beschäftigten sind hier sicherlich derzeit mit wenigen Abstrichen gut abgesichert. Als wir im Frühjahr aus unseren Proben- und Spielbetrieb gerissen wurden, haben wir gleichzeitig mit den bei uns zahlreich engagierten Solo-Selbstständigen Vereinbarungen getroffen und in nahezu allen Fällen wertschätzende Lösungen gefunden. Ohne diese Gäste ist ja auch zukünftig der Theater- und Konzertbetrieb nicht darstellbar. Das können und müssen wir als Einheit denken.
Terwey: Das hat sich ein Stück weit geändert. Es ist großartig, dass wir das Planer -Team per Videoschalte deutschlandweit erreichen können. Aber das ist wahrlich kein Selbstläufer und ersetzt nicht die konkrete Abstimmung auf der Baustelle. Außerdem merkt man, dass neben den organisatorischen Themen, auch viele Firmen auf unterschiedliche Art und Weise von Corona betroffen sind. So waren einige Arbeiter in Quarantäne. Lieferketten funktionieren nicht wie gewohnt. Es wird zäher und schwieriger, so dauern auch Abstimmungsprozesse wesentlich länger. Grundsätzlich staune ich aber, wie professionell und konsequent auf der Baustelle weiter gearbeitet wird, auch wenn es schwieriger geworden ist, im Takt zu bleiben.
Terwey: Corona führt hier nicht zu Neuplanungen. Gerade was Themen wie Klimatechnik und Lüftung angeht, bauen wir heute gemäß den modernsten Standards die Anlagen ein. Ein Hauptaugenmerk der Sanierung und eine Kostenschwerpunkt liegt ja gerade auf dem Investment in Klima- und Lüftungstechnik. So werden wir hoffentlich in der Zukunft Ereignisse wie Corona noch besser abfedern können.
Trabusch: Bereits in der Vergangenheit haben wir Maßnahmen in Bezug auf infektiöse Krankheiten vorgenommen. So haben wir versucht, Möglichkeiten zu schaffen, dass die Künstler kontaktlos ins Haus kommen können. Auch haben wir dafür gesorgt, dass sowohl dem Publikum, als auch dem Ensemble warmes Wasser an den Wasserhähnen zum Händewaschen zur Verfügung stellen.
Trabusch: Hundertprozentige Sicherheit wird man nirgends bekommen. Aber ich denke, dass sich in den letzten Monaten gezeigt hat, dass unsere Hygienekonzepte sicher waren. Uns ist kein einziger Fall bekannt, wo wir das Infektionsgeschehen beschleunigt hätten. Insbesondere die Blaue Halle ist ein sicherer Ort, wenn man an die Belüftung denkt. Außerdem haben wir dort keine feste Bestuhlung und somit nur jede zweite Stuhlreihe aufgebaut. So kommen die Zuschauer ganz einfach von jedem Sitzplatz aus unter Wahrung aller Sicherheitsabstände aus den Sitzreihen heraus.
Terwey: Ich bin begeistert, wie diszipliniert die Zuschauer den Regeln nachgehen. Und, dass sie das Theater trotz dieser Einschränkungen besuchen wollen. Da merken wir, wie wichtig Theater und Konzert für die Menschen sind. Wir schaffen in gewisser Weise eine Insel für sie, auf der sie ein Stück weit Normalität in diesen außergewöhnlichen Zeiten erleben können. Wir hoffen natürlich sehr, dass durch die derzeitige erneute Unterbrechung hier keine Unsicherheit entsteht und wir hoffentlich bald wieder spielen dürfen.
Trabusch: Wir haben das große Glück, dass wir beide, Herr Terwey und ich, mit unserer Einschätzung des nächsten Jahres sehr nah beieinander liegen. Wir befürchten, dass wir noch bis zu den Sommerferien unter Corona-Bedingungen Theater machen werden müssen. Da die Prognosen momentan sehr unterschiedlich sind, planen wir zudem für nach den Sommerferien mit einem "sowohl-als-auch"-Faktor - also für zwei verschiedene Szenarien. Unsere Hoffnung ist, dass wir im Herbst unserer normalen Berufung nachgehen können: Nämlich darstellende Kunst und Musik für ein Publikum zu spielen.
Terwey: Richtig. Ein Stück weit führt das auch zu einer gewissen Gelassenheit. Denn die Dinge, die wird vorbereiten konnten, haben wir vorbereitet. Die Künstler warten nur noch darauf, endlich wieder auf der Bühne stehen zu dürfen.
Trabusch: Was wir natürlich nicht vergessen dürfen: Wir werden im nächsten Jahr eine Sensation feiern! Wir werden einen Theater-Neubau eröffnen, so etwas kam in den letzten Jahren in der Bundesrepublik selten vor. Das ist doch atemberaubend und darauf freuen wir uns alle schon sehr.