Von Jung bis Alt, noch in Schule oder Studium, andere mitten im Berufsleben oder längst in Rente, Mitstreiter aus allen sozialen Schichten: Sant’Egidio in Würzburg ist eine große, sehr heterogene Gemeinschaft. Eine, deren ehrenamtlich tätigen Mitglieder sich für Menschen am Rande der Gesellschaft einsetzen. Prägende Elemente von Sant’Egidio sind die Freundschaft mit Armen, der Einsatz für den Frieden und das gemeinsame Gebet. Über ihr vielfältiges zivilgesellschaftliches Engagement berichten Mitwirkende der seit 1981 bestehenden Würzburger Gemeinschaft – seinerzeit die erste deutsche der 1968 in Italien gegründeten katholischen Vereinigung.
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Einer der Netzwerkbauer für die Schwachen in der Gesellschaft ist Dieter Wenderlein, er ist der einzige, der hauptamtlich für die Gemeinschaft tätig ist. Neben Auslandseinsätzen als Leiter der Eine-Welt-Arbeit von Sant’Egidio in Deutschland kümmert sich der Sozialarbeiter besonders um Senioren. "Der Einsatz für alte Menschen hat bei uns einen besonderen Stellenwert. Wir besuchen sie im Altenheim, bei ihnen zu Hause oder in einer von uns organisierten (Alten-)WG. Und wir versuchen ihren Wunsch zu erfüllen, trotz Krankheit und Pflegebedürftigkeit in der gewohnten Umgebung bleiben zu können." Unterstützung im Haushalt, Begleitung zu Ärzten und Behörden, "vieles lässt sich dank unseres großen Netzwerkes einfädeln", sagt Wenderlein und belegt das mit Beispielen.
Kinder aus sozialen Brennpunkten hat Angelika Wagner im Blick. Die Pfarrerin, bereits seit ihrer Studienzeit bei Sant’Egidio engagiert, koordiniert die "Schulen des Friedens". So bezeichnet werden regelmäßige Gruppenstunden für deutsche und ausländische Kinder mit Integrations- und Förderbedarf beispielsweise beim Lernen der deutschen Sprache oder von sozialem Verhalten. "Die Aktivitäten in unseren ,Schulen‘ sind ausgerichtet auf ein freundschaftliches und friedliches Zusammensein mit Menschen aus anderen Kulturen und Religionen", sagt Wagner. "Außerdem geht es darum zu vermitteln, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden können, dass man Verantwortung für andere übernimmt und Schwächeren hilft."
In Absprache mit Schulleitungen, Pfarreien und Erziehungsberechtigten kümmern sich junge Menschen vom Schüler bis zum Studierenden um Kinder im Grundschulalter. Im vergangenen Schuljahr waren 45 Kinder zu den "Schulen des Friedens" angemeldet.
Sant'Egidio bietet kostenlose Deutschkurse an
Die Sprache des Landes zu erlernen, in dem man künftig leben will, ist ein elementarer Schritt zur Integration. Sant’Egidio hat das schon vor langem erkannt: Sprachschulen wurden aufgebaut, für Migranten und Flüchtlinge gibt es kostenlose Deutschkurse. "Wobei der Kontakt oft nicht auf die Unterrichtseinheiten beschränkt bleibt", weiß Hans Ulrich.
Beratung in recht- und gesundheitlichen Angelegenheiten, Begleitung zu Ämtern, Ärzten, Gerichtsterminen – das sei gang und gäbe, so der Lehrer. Er sieht in der Sprachschule auch so etwas wie einen Raum der Gastfreundschaft – zwischen Lehrendem und Lernenden, aber ebenso unter den Lernenden selbst. "Wir bieten Hilfe und bitten um Hilfe. Wobei jeder selbst entscheidet, ob überhaupt oder in welchem Maße er diese geben will", betont Ulrich. Aber vielen sei es ein Bedürfnis, anderen zu helfen. "Es gibt ihnen ein Stück Würde, hebt das Selbstwertgefühl", weiß Dieter Wenderlein.
Für die vielfältigen Aktionen braucht es jede Menge helfende Hände
Mervet Kamal, vor zwölf Jahren aus dem Irak geflüchtet, brauchte Hilfe und wollte helfen. Die Zeit in der Gemeinschaftsunterkunft liegt längst hinter ihr, die schwierige Situation dort für Neuankömmlinge hat sie nicht vergessen. Die Muslima hat Fuß gefasst, auch bei Sant’Egidio, einer Gemeinschaft, der die Ökumene am Herzen liegt. Sie bringt sich im Ehrenamtlichen-Team der Gemeinschaft an vielen Stellen ein, fungiert als Dolmetscherin, nimmt die Anmeldungen für die Sprachschule auf, spielt mit den Kindern der Flüchtlingsfamilien.
Neben den genannten "Einsatzbereichen" gibt es weitere Gebiete, auf denen sich Sant’Egidio auch außerhalb Europas engagiert. Legt man den Fokus aber auf heimische Aktivitäten, müssen ein paar weitere Aktivitäten zumindest erwähnt werden: die regelmäßige Essensausgabe an Obdachlose in der "Sonntagsmensa", die Weihnachtsfeiern mit Essen und Geschenkpäckchen für oft weit über 1000 Gäste, Friedens- und Gedenkveranstaltungen.
Dafür braucht’s jede Menge helfende Hände – und Werbung für die eigenen Ziele. "Daher gehen wir in die Schulen und die Uni, laden internationale Gäste ein, und versuchen die Kraft weiterzugeben, die wir aus unserem Glauben schöpfen", sagt Pfarrerin Angelika Wagner. Dass dies Sant’Egidio angesichts des 300- bis 400-köpfigen Mitarbeiter-Netzwerks gelingt, hindert Lehrer Hans Ulrich nicht an einer kleinen Ergänzung: "Aber zu viele sind wir trotzdem nie!"