Seit 50 Jahren gibt es die christliche Gemeinschaft Sant‘ Egidio, die auch in Würzburg zahlreiche soziale Projekte betreibt. Den ehrenamtlichen Helfern geht es um christliche Nächstenliebe. Davon profitieren auch sie selber.
Kalt ist es, an diesem frühen Freitagabend in der Innenstadt. Daran kann auch das warme Licht des Weihnachtsbaumes vorm Dom nichts ändern. Der nieselige Novemberregen treibt die wenigen Passanten eilend durch die Straßen. Es ist kein Wetter, bei dem man gerne draußen ist.
Eine kleine Gruppe auf dem Domplatz scheint sich davon wenig beeindrucken zu lassen. Rund 15 Menschen, die meisten davon Studenten und Schüler, laufen eifrig über den Platz, tragen Kabel und bauen Pavillons auf. Es sind freiwillige Helfer der christlichen Gemeinschaft Sant' Egidio. Sie bauen die Stände ihres "Weihnachtsmarkt für Afrika" auf, eines von vielen wohltätigen Projekten, die die Gemeinschaft in Würzburg betreibt.
Rund 800 Ehrenamtliche engagieren sich für Sant' Egidio
Rund 800 ehrenamtliche Helfer engagieren sich laut Vereinsvorsitzendem Klaus Reder bei verschiedenen Veranstaltungen in Würzburg für Sant' Egidio. Etwa beim wohltätigen Weihnachtsmarkt, bei der "Friedensschule" in der Zellerau, einem Projekt für Kinder aus sozial schwachen Familien oderbeim alljährlichen Weihnachtessen für Obdachlose und Arme. "Es gibt Menschen, denen es schlechter als einem selber geht, denen wollen wir etwas Gutes tun", erklärt Klaus Reder den Gedanken hinter der Gemeinschaft. Man würde dabei jedoch keinesfalls Organisationen wie die Caritas ersetzen. Nicht um Pflege gehe es, sondern um soziale Nähe und persönlichen Kontakt.
Etwas Gutes tun die Mitglieder von Sant' Egidio mit ihrem Engagement auch für sich selber. "Man baut langfristige Beziehungen mit den Menschen auf, es geht darum, nicht alleine zu sein", sagt Klaus Reder. Seit 1983 ist er Teil der Würzburger Gemeinschaft. Nach seinem Studium wollte er sich sozial engagieren, Sant‘ Egidio war genau das Richtige für ihn. Hier habe er viele Freunde gefunden, außerhalb und innerhalb der Gemeinschaft.
Freundschaftlich wirken auch die jungen Helfer vorm Dom. Sie lachen miteinander, während sie im Regen die Pavillons aufbauen. Eine von ihnen ist die 21-jährige Politikwissenschaftsstudentin Franziska Müller. Zu Sant‘ Egidio ist sie gekommen, weil sie Menschen kennenlernen wollte. Und weil sie Freude am Helfen hat. "Es ist schön zu sehen, dass man etwas bewirken kann, auch wenn es manchmal anstrengend ist."
Sant'Egidio engagiert sich sozial, aber auch politisch
Bei Sant‘ Egidio geht es nicht nur um soziales Engagement, die Gemeinschaft ist auch politisch aktiv, etwa mit einer Kampagne gegen die Todesstrafe. Auf ihrerWebsite prangert die Gemeinschaft diese als Verstoß gegen die Menschenrechte an. Eine Art Folter sei sie und stehe im Widerspruch gegen den Rehabilitationsgedanken zivilisierter Gesellschaften. Auch humanitäre Korridore für Flüchtlinge sind ein Thema, mit dem die Gemeinschaft sich beschäftigt. Mit humanitären Visa versucht sie, Flüchtlingen die Einreise nach Italien zu ermöglichen und sie mit Sprachkursen in die dortige Gesellschaft zu integrieren.
All dies basiert auf einem christlichen Kerngedanken. "Schon Jesus ist zu den Ärmsten gegangen und hat ihnen geholfen", sagt Cornelia Paasch, langjährige Helferin bei Sant‘ Egidio. Das Prinzip christlicher Nächstenliebe sei der Grund für ihr soziales Engagement. Seit 18 Jahren ist sie bei der Gemeinschaft dabei, drei bis vier Stunden investiert sie pro Woche. Auch bei Cornelia Paasch wird deutlich, dass das soziale Engagement der Gemeinschaft keine Einbahnstraße ist: "Es tut gut, die Kinder (in der Friedensschule in der Zellerau, Anmerkung der Redaktion) aufwachsen zu sehen. Es gibt immer wieder Momente, wo man merkt, warum man das alles macht."
Die Gemeinschaft in Würzburg besteht seit 1981. Ursprünglich gegründet wurde sie 1968 von Schülerinnen und Schülern in Rom. Nach eigenen Angaben hat die Gemeinschaft weltweit etwa 50.000 Mitglieder, davon rund 5000 in Deutschland.
Am Montag feiert die Gemeinschaft bei einem Festgottesdienst um 18 Uhr mit Bischof Franz Jung ihr 50-jähriges Bestehen in der Kirche St. Michael.