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GIEBELSTADT
Lösung für B19-Ortsumfahrung: Wenn der Hamster zum Nutztier wird
Berufsverkehr in flirrender Hitze: 2020 könnte der Bau der B 19-Ortsumgehung um Giebelstadt beginnen. Voraussetzung dafür sind ausreichend viele Pachtflächen für das Ausgleichsverfahren im Sinne des Artenschutzes.
Foto: Gerhard Meißner | Berufsverkehr in flirrender Hitze: 2020 könnte der Bau der B 19-Ortsumgehung um Giebelstadt beginnen. Voraussetzung dafür sind ausreichend viele Pachtflächen für das Ausgleichsverfahren im Sinne des Artenschutzes.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:22 Uhr
Der Feldhamster ist ein anspruchsvoller Zeitgenosse. Am liebsten gründet er seinen Hausstand in tiefgründigem, fruchtbarem Lößboden. In den Äckern also, die auch Bauern am meisten schätzen und partout nicht als Öko-Ausgleichfläche verkaufen wollen.

Mehr zum Thema: An diesem Dilemma wäre der Bau der Giebelstadter Ortsumgehung beinahe gescheitert. Doch jetzt gibt es eine Lösung, die Hamster, Wiesenweihe und Landwirte gleichermaßen zufriedenstellen soll. Sie hat Pilotcharakter und könnte beispielgebend für andere Bauvorhaben im Freistaat sein.
 

Kauf von Ausgleichsflächen praktisch unmöglich

Rund 25 Hektar Ausgleichsfläche sind nötig, um die Folgen wettzumachen, die der Bau der acht Kilometer langen Ortsumfahrung verursacht. Statt Ausgleichsflächen wie üblich zu kaufen – was auf freiwilliger Basis praktisch unmöglich war – erlaubt das bayerische Naturschutzrecht seit einigen Jahren eine Pachtlösung.

Im konkreten Fall hat sich die Gemeinde Giebelstadt verpflichtet, auf unbegrenzte Zeit Flächen vorzuhalten, die nach artenschutzgerechten Kriterien bewirtschaftet werden. Weil ihr die Flächen nicht gehören, braucht sie Landbesitzer, die ihre Äcker auf bestimmte Zeit dafür zur Verfügung stellen.

Offen war bisher die Frage, was unter dieser artenschutzgerechten Bewirtschaftung genau zu verstehen ist, und unter welchen Bedingungen die Landwirte ihre Äcker oder Teile davon hergeben sollen. Eine Informationsveranstaltung mit Vertretern des Staatlichen Bauamts und des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) brachte jetzt Aufklärung.

Drei-Felder-Wirtschaft für den Artenschutz

Heiko Lukas von AELF, der das Bewirtschaftungskonzept erarbeitet hat, setzt auf eine Art Drei-Felder-Wirtschaft. Entlang von Äckern sollen demnach drei parallele Streifen angelegt und im mehrjährigen Wechsel mit Luzerne, einer Blühpflanzenmischung und Getreide eingesät werden.

Die Luzerne gibt dem Hamster Deckung und sorgt dafür, dass der Tisch der Wiesenweihe reichlich mit Mäusen und anderen Kleintieren gedeckt ist. Im Blühstreifen finden Insekten, Vögel und Niederwild Schutz und Nahrung. Und das Getreide, das nicht vor dem 1. Oktober geschnitten werden darf, liefert dem Hamster den Wintervorrat.

„Statt Getreide baut der Landwirt dann eben Hamster an.“
Heiko Lukas, Amt für Landwirtschaft

Wirtschaftlich nutzbar sind die Ausgleichsflächen nicht, sagt Heiko Lukas. Den Landwirten muss also ein entsprechender finanzieller Ausgleich geboten werden, der sich nach seiner Ansicht am Erlös eines Weizenfeldes orientieren sollte. „Statt Getreide baut der Landwirt dann eben Hamster an“, scherzt Lukas. Der Nager wird zum Nutztier.

An moderne Maschinen angepasst

Die Preisverhandlungen sind die Sache des Staatlichen Bauamts und der Landwirte, deren Interessen vom Bauernverband vertreten werden. Lukas schlägt dabei eine Nutzungsdauer von sechs Jahren mit Verlängerungsoption und eine Breite der Streifen von drei mal zwölf Metern vor. Dies entspreche den Arbeitsbreiten moderner Landmaschinen.

Damit die geschützten Arten in den Refugien ungestört leben können, sollten die Ausgleichsflächen mindestens 250 Meter von Siedlungen und viel befahrenen Straßen entfernt sein. Auch die Nähe zu Wäldern ist ein Ausschlusskriterium. Allerdings können die Flächen auch in anderen Gemarkungen des südlichen Landkreises liegen – vorausgesetzt Wiesenweihe und Feldhamster sind dort bereits zu Hause.

Zum Tragen kommt das Ausgleichskonzept zwar erst mit dem Baubeginn an der Ortsumgehung, und der kommt, nach dem gegenwärtigen Zeitplan frühestens 2020. Um die Bewirtschaftung in die Fruchtfolge einplanen zu können, sollten die Flächen aber bereits im kommenden Jahr feststehen.

Druck aufs Planfeststellungsverfahren

Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer möchte ebenfalls frühzeitig die geforderten Flächen beisammen haben, um so auch eine wenig Druck auf das bevorstehende Planfeststellungsverfahren auszuüben. Dass es eines solchen Drucks nicht bedarf, betonte der Leiter des Bereichs Straßenbau am Staatlichen Bauamt, Michael Fuchs.

Das Planfeststellungsverfahren werde derzeit vorbereitet und soll im zeitigen Frühjahr 2018 eröffnet werden. Ein zügiges Verfahren vorausgesetzt, könnte 2019 Baurecht ergehen, vorausgesetzt, es kommt nicht zu Widersprüchen und Rechtsstreitigkeiten. Wie bereits von Staatssekretär Gerhard Eck in Aussicht gestellt, könnte dann 2020 der erste Spatenstich sein.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst

Für Bürgermeister Krämer herrscht kein Zweifel, dass es bis dahin gelingt, die erforderlichen 25 Hektar Ausgleichsfläche zusammen zu bekommen. Die ersten vier Hektar waren ihm bereits direkt nach der Info-Veranstaltung angeboten worden. Wenn das Angebot größer ist als der Bedarf, gelte das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

 
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Kommentare
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  • Warum
    ein wichtiger Punkt wird doch komplett vergessen scheinbar - und zwar die Kinder die in Giebelstadt die Hauptstraße überqueren müssen um zur Schule / Kindergarten / Bus zu kommen. Ja - es gibt eine Fußgängerampel. EINE! Auf die komplette Länge von Giebelstadt.

    Ich würde mir für Giebelstadt und seine Bewohner (vor allem ältere Leute und Kinder) wünschen, dass weniger Verkehr durch den Ort rollt und bitte gleichzeitig auch noch mehr Fußgängerampeln bzw. Zebrastreifen.

    Gerade auch ältere Menschen die auf Höhe des Edeka-Marktes die Straße überqueren müssen, laufen doch nicht bis rauf zum Rathaus um dann wieder zurück zu laufen. Tötliche Unfälle gab es ja leider auch schon.

    Nicht nur Feldhamster und Wiesenweihen sind schützenswert sondern auch die Menschen im Ort.
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  • jhuller@gmx.de
    Mit Elektroautos bräuchte man keine Ortsumgehungen:
    Weniger Lärm und überhaupt kein Gestank!
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  • gerhard.meissner@mainpost.de
    Elektroautos sind aber, zumindest in nenenswerter Zahl, noch Zukunftsmusik. Und so lange muss man sich anders behelfen.
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  • al-holler@t-online.de
    und woher nehmen SIE dann den Strom?
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  • herbert.zorn@web.de
    der Strom kommt doch aus der Steckdose, Sie Alles-Wisser!
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  • al-holler@t-online.de
    Aha, und wie kommt er da rein?
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  • gerhard.meissner@mainpost.de
    von hinten!
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  • herbert.zorn@web.de
    Seit wann ist ein Hamster ein Haustier?
    Mann oh Mann , die Gedankenwelt wird immer verrückter.
    Demnächst wird der Wolf ebenfalls als Haustier eingeführt,
    die Rödelmaus darf sich überall verbreiten und wird geschützt.
    Wenn man noch ein Dino-Ei findet, dann wird es auch ausgebrühtet und der Dinosaurier darf sich frei überall bewegen.
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  • al-holler@t-online.de
    Womöglich ist Ihnen der Scherz in der Aussage des Herrn Lukas entgangen? Und ausßerdem sprach er von einem "Nutztier" und nicht von einem "Haustier"
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  • gerhard.meissner@mainpost.de
    Genau! Vielleicht kann man die ja zum Bohnern motivieren. Oder wäre das artenschutzrechtlich unkorrekt?
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  • herbert.zorn@web.de
    Na wenn das Tier ein Nutztier ist, dann kann es auch ein Haustier werden, Sie ...
    Die Idee von gmeisner ist SUPER! Vielleicht kann sie auch noch für etwas anderes benutzen, eventuell zum zerpeisen der Autoreifen vom Nachbarn oder so?
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  • gerhard.meissner@mainpost.de
    Wo war denn davon die Rede, dass der Feldhamster ein Haustier sei? (Im Gegensatz zum Goldhamster zwinkern
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  • ba.stark@web.de
    Vielleicht sollte man grunsätzlich mal überprüfen, ob der Feldhamster wirklich (noch) gefährdet ist. So oft, wie die Viecher mittlerweile auftauchen, um umstrittene Bauvorhaben zu verhindern, so selten können die gar nicht mehr sein.

    Bei der Gelegenheit könnte man auch mal ein prüfendes Auge auf Rotmilan, Wiesenweihe, Juchtenkäfer u.ä. werfen.
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  • al-holler@t-online.de
    U. a. die genannten "Viecher"(alleine diese Bezeichnung ist schon typisch und abwertend) sind die einzigen Garanten dafür, dass unserer weitgehend geschundenen Natur wenigstens noch ein wenig Schutz gewährt wird.
    Oder will man flächendeckend nur noch Rennstrecken durch ökologisch tote Agrarlandschaften? Reicht der Artenschwund, den wir in den letzen 40 Jahren verschuldet haben denn noch nicht? Die nachfolgenden Generationen werden es irgendwann "danken"...
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  • gerhard.meissner@mainpost.de
    Ich glaub nicht, dass das Wort Viecher in diesem Zusammenhang böse gemeint war.
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  • al-holler@t-online.de
    Auf Wunsch des Users gesperrt.
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  • al-holler@t-online.de
    "glauben" is so ne Sache, "Wissen" müsste man halt was........
    Oberglächlich, abwertend und überheblich unseren Mitgeschöpfen gegenüber ist es aber allemal!
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  • gerhard.meissner@mainpost.de
    Ich denke, das wachsame Auge hat man. Es geht ja im vorliegenden Fall um den Feldhamster UND die Wiesenweihe. Aber auch andere Raubvögel profitieren von dern Ausgleichsflächen, weil es dort genügend Mäuse geben wird.
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  • rebnik
    redakteur, es scheint immer so als würden die "Viecher", die wir für nicht wichtig halten, nerven, aber die Verhältnisse sind anders. Der Verkehr nimmt in Deutschland immer mehr zu und wenn deswegen Straßen gebaut werden, wird der Verkehr immer noch mehr zunehmen. Die Flächenversiegelung schreitet voran, aber wie weit soll es damit noch gehen? Man erkennt die Gegend entlang der B19 Richtung Richtung Giebelstadt doch schon nicht mehr, vor 15 Jahren war hier weitläufig Feld und Flur, heute, wo Giebelstadt sich auch immer mehr entwickelt und Heuchelhof und Rottenbauer bald schon zusammenwachsen, also, was haben wir vor mit unserem Land? Wird das alles irgendwann nur noch ein großes Gewerbegebiet und vollkommen zersiedelt sein? Oder sollten wir diesen Trend nicht lieber umkehren und weg von dieser Massierung von Infrastruktur?
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