Gelingt es dem Markt Giebelstadt doch noch, die B 19-Ortsumfahrung wieder in den vordringlichen Bedarf des neuen Bundesverkehrswegeplans (BVWP) zu bekommen? Schützenhilfe verspricht sich Bürgermeister Helmut Krämer vom verkehrspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ulrich Lange.
Langes Aussagen geben Anlass zur Hoffnung, dass mit dem Bau der Umgehungsstraße doch noch in den nächsten Jahren begonnen werden kann. Sie decken sich mit den Einschätzungen anderer Politiker, die sich zum gleichen Thema schon die Klinke des Giebelstadter Rathauses in die Hand gegeben haben, angefangen von den örtlichen Abgeordneten von CSU und SPD, über den verkehrspolitischen Sprecher der Bundestags-SPD, Martin Burkert, bis hin zum bayerischen Innenstaatssekretär Gerhard Eck.
Der Entwurf des BVWP, der die Straßenbauvorhaben des Bundes bis ins Jahr 2030 beschreibt, hatte zunächst bei den verkehrsgeplagten Anwohnern in Giebelstadt, Herchsheim und Euerhausen Bestürzung ausgelöst. Die acht Kilometer lange Trasse soll demnach vom vordringlichen in den „weiteren Bedarf mit Planungsrecht“ zurückgestuft werden. Das heißt formell: Vor 2030 ist eine Umsetzung der seit Jahrzehnten geforderten Straße nicht geplant.
Und das obwohl der Bedarf für eine Verkehrsentlastung vom Bundesverkehrsministerium durchaus anerkannt wird. Mit über 12 000 Fahrzeugen täglich ist die Ortsdurchfahrt von Giebelstadt eineinhalb mal so stark belastet wie durchschnittliche Bundesstraßen. Der für eine Ortsumgehung errechnete Nutzen-Kosten-Faktor von 2,8 sagt aus, dass der voraussichtliche Nutzen der neuen Straße die geschätzten Kosten von 21 Millionen Euro um fast das dreifache überwiegt. Was trotzdem zur Rückstufung führte, war die scheinbar ungelöste Frage der Öko-Ausgleichsflächen.
Über 30 Hektar an solchen Flächen hätte das Staatliche Bauamt im ersten Anlauf aufkaufen müssen – ein im fruchtbaren Ochsenfurter Gau aussichtsloses Unterfangen. Inzwischen wurde deshalb eine andere Lösung gefunden. Statt die Flächen zu kaufen, reicht es neuerdings, ihre artenschutzgerechte Bewirtschaftung mittels einer genannten „institutionellen Sicherung“ auf Dauer vertraglich festzuschreiben.
Die Landwirte, die ihre Flächen dafür zur Verfügung stellen, erhalten dann einen Ausgleich für Mehraufwand und Minderertrag.
„Die größte Hürde ist damit beiseite geräumt, allerdings zu spät, um noch im ersten Entwurf des Bundesverkehrswegeplans berücksichtigt zu werden“, urteilt Bundestagsabgeordneter Paul Lehrieder. Außerdem sei das Gefahrenpotenzial, das von den engen Ortsdurchfahrten ausgehe, bislang nicht ausreichend gewürdigt worden, so Lehrieder weiter. Höchste Zeit sei es deshalb für erneute Gespräche auf Fachebene zwischen dem Staatlichen Bauamt in Würzburg, der bayerischen Obersten Baubehörde und dem Ministerium, rät der verkehrspolitische Sprecher seiner Fraktion.
Derzeit sei man in Berlin dabei, die über 30 000 Stellungnahmen und Einwendungen, die bundesweit zum BVWP eingegangen sind, zu prüfen und in einen Entwurf für die Kabinettsberatungen einzuarbeiten. Ende Juni soll er dem Kabinett vorgelegt werden. Bis dahin sei die Chance am größten, die Ortsumgehung doch noch in den vordringlichen Bedarf zu bekommen. Nach erneuter Überarbeitung durch das Kabinett soll der Bundesverkehrswegeplan als Gesetzentwurf Ende Oktober im Verkehrsausschuss beraten und schließlich in der letzten Sitzung des Bundestags vor der Weihnachtspause beschlossen werden.
Dessen ungeachtet treibt das Staatliche Bauamt in Würzburg die Planungen weiter voran, wie der Leiter der Straßenbauabteilung, Michael Fuchs, versichert. Der zuständige Staatssekretär Gerhard Eck hatte zugesagt, dass der Freistaat die Umgehungsstraße unabhängig von der Einstufung im BVWP ins Planfeststellungsverfahren und schließlich zur Baureife bringen will und die Planungsmittel zur Verfügung stellt.
Das Kalkül, das dahinter steckt, hat mit der neuen Systematik des Bundesverkehrswegeplans zu tun. Der glich früher mehr einem Wunschkonzert, weil die Finanzierung nicht gesichert war und deshalb allein in Bayern drei Viertel der vordringlichen Maßnahmen auf der Strecke blieben.
Für die künftig als vordringlich eingestuften Planungen stehen auch die Mittel bereit – 265 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030. Im Gegenzug heißt das: Für alle Straßenprojekte, die aus anderen Gründen nicht zum Zuge kommen, werden Gelder frei, die andernorts verwendet werden können.
Angesicht der im Vergleich zu Großprojekten geringen Baukosten sei er deshalb sehr zuversichtlich, dass die Ortsumgehung Giebelstadt auch ohne vordringlichen Bedarf ins Bauprogramm aufrücken kann, sagt Ulrich Lange – vorausgesetzt die Pläne liegen fertig in der Schublade.
Im Staatlichen Bauamt wartet man derzeit auf die endgültige Zustimmung der höheren Naturschutzbehörde zur institutionellen Sicherung der Ausgleichsflächen oder dem damit verbundenen Bewirtschaftungskonzept. Außerdem wird die bereits überalterte naturschutzrechtliche Beurteilung der Baumaßnahme überarbeitet. Danach wäre der Weg frei, um das Planfeststellungsverfahren einzuleiten, so Behördenleiter Michael Fuchs. Zwei Jahre wird es nach seiner Einschätzung dauern, bis das Verfahren abgeschlossen ist und Baurecht erteilt wird.