Der Flusskreuzfahrtschiff-Tourismus auf dem Main boomt. Im Herbst vergangenen Jahres legte das 10 000. Fahrgastkabinenschiff in Würzburg an. Pro Jahr gehen etwa 1000 dieser Schiffe in Würzburg vor Anker. Doch neben zahlreichen Touristen enthalten Flusskreuzfahrtschiffe auch Unmengen an Abwasser aus Bord-Küchen, Duschen und Toiletten.
- Wie Kreuzfahrtschiffe auf Todesfälle vorbereitet sind
- Würzburg: Hausboot kollidiert auf dem Main beinahe mit Güterschiff
- Wie gefährlich ist das Gedränge auf dem Main?
Erst seit 2009 sind Reedereien rechtlich gezwungen, Schiffe, die mehr als 50 Passagiere befördern, mit Sammeltanks oder Bordkläranlagen auszustatten. Davor habe eine Konvention aus dem 19. Jahrhundert das Ablassen auch von fäkalienhaltigem Wasser erlaubt, so die bayerische Zentralstelle der Wasserschutzpolizei. Mittlerweile stellt das Einleiten von Abwasser in den Main und andere Bundeswasserstraßen aber eine Gewässerverschmutzung und somit ein Umweltdelikt dar. Nur unter Auflagen darf geklärtes Wasser in den Main abgelassen werden.
Wasserschutzpolizei geht von hoher Dunkelziffer aus
Dennoch soll es laut der Zentralstelle der Wasserschutzpolizei deutschlandweit immer wieder zur illegalen Einleitung von Abwässern durch Flusskreuzfahrtschiffe kommen. In Würzburg wurde in der Vergangenheit in sieben Fällen ermittelt, aber die Polizei schätzt die Dunkelziffer weitaus höher ein.
Dazu kommt, dass bereits vor einigen Jahren an der Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe regelmäßig Kloaken-Gestank wahrnehmbar war, wie diese Redaktion berichtete. Stadtstrand-Betreiber Jochen Würtheim beklagte schon im Juli 2013, dass es unweit der Löwenbrücke teilweise wie in einer offenen Klärgrube rieche. Hat sich die Situation in den vergangenen sechs Jahren gebessert? "Der Gestank ist auf jeden Fall immer noch da. Wegen Umbaumaßnahmen ist der Stadtstrand aber mittlerweile um einige Meter in Richtung Sanderau gerutscht. Deshalb müffelt es bei uns am Eingang nur noch selten", erzählte Würtheim. "Ich habe mich immer wieder bei der Würzburger Hafengesellschaft (WHG) beschwert, die mit den Kapitänen gesprochen hat. Aber die behaupten immer nur, dass ihre Schiffe nicht Schuld seien."
WVV: Keine Beschwerden in diesem Jahr
Ein Sprecher der WVV, zu deren Tochterunternehmen die WHG gehört, bestätigte, dass in der Vergangenheit aufgrund von Meldungen Überprüfungen vor Ort durchgeführt worden seien. Hierbei hätte die WVV aber keine Fäkalieneinleitung feststellen können. In diesem Jahr hätten sie zudem noch keine Beschwerden erreicht. Vereinzelt auftretender Gestank sei auf defekte oder nicht ausgetauschte Filter an Schiffen zurückzuführen.
Der Stadt Würzburg ist laut Rathaussprecher Christian Weiß derzeit nur ein Vorfall bekannt, der aber noch nicht offiziell vorliege. Dabei soll allerdings lediglich Schmutzwasser abgelassen worden sein, das keine Fäkalien enthalten habe. Ansonsten stünden für die Entladung von Abwasser Tankfahrzeuge der WVV bereit, die von den Schiffen bestellt werden könnten, betonte Weiß.
Reiseveranstalter: Keinerlei Verstöße
Auf Nachfrage teilte die bulgarische Reederei "Dunav Tours Cruises" als Partner des Reiseveranstalters "Plantours Kreuzfahrten" mit, dass sie mit der Problematik gut vertraut seien. Sie hätten in den vergangenen Jahren hohe Investitionen getätigt, um keine illegale Abwasserentsorgung zuzulassen. "Plantours" hat zwei Schiffe gechartert, die unter anderem Flusskreuzfahrten von Würzburg nach Trier anbieten. Der Reiseveranstalter betonte, dass es auch in der Vergangenheit zu keinerlei Verstößen gekommen sei. "Plantours" war der einzige von vier Anbietern, der auf Anfragen dieser Redaktion reagierte.
Überprüfungen führen selten zu stichhaltigen Beweisen
Um Verstößen entgegenzuwirken, versucht die bayerische Wasserschutzpolizei zusammen mit dem Landesamt für Umweltschutz (LfU) die Entsorgungsvorrichtungen zu überprüfen. "Im Rahmen des Projektes wurden bisher die Kläranlagen von 44 Fahrgastschiffen beprobt", bestätigte eine Sprecherin des LfU. Laut der Wasserschutzpolizei habe sich bei diesen Kontrollen herausgestellt, dass jedes dieser Flusskreuzfahrtschiffe über eine Abwasserleitung nach außen verfüge. Die Leitung sei mit einem Handrad verschlossen, das den Abriebspuren nach zu urteilen oft auf eine starke Benutzung hinweise. Diese Auffälligkeit erhärte den Verdacht, dass Schiffe illegal Abwasser losgeworden sind. Aber das allein genüge nicht als Beweis, erklärte die Wasserschutzpolizei.
Nachgewiesene Verstöße werden strafrechtlich verfolgt und können mit Bußgeldern oder in schwerwiegenden Fällen sogar mit einem Weiterfahrverbot geahndet werden, wie 2018 in Nürnberg geschehen. Ein Sprecher der Wasserschutzpolizei erklärte, dass eine Vorschrift, die Abwasserleitungen nach außen hin zu versiegeln, das Problem womöglich beseitigen würde.