Abermillionen Euro von Fördergeldern haben unterfränkische Kommunen in den vergangenen beiden Jahrzehnten über das LEADER-Programm von der EU kassiert, um sich touristisch zu entwickeln, ihre soziale Infrastruktur zu verbessern oder Anschluss ans weltweite Datennetz zu finden. Die meisten Gemeinden im Landkreis Würzburg konnten da nur neidisch zuschauen, weil es bisher nicht gelungen ist, genügend Kommunen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenzuführen, um die Voraussetzung für die Teilnahme am Programm zu schaffen.
Auch der Landkreis hatte es lange abgelehnt, moderierend und fördernd in den Prozess einzugreifen. Das hat sich geändert, seit Michael Dröse 2015 im Landratsamt die Aufgabe des Regionalmanagers übernahm. In der jüngsten Sitzung des interkommunalen Ausschusses empfahl er den Gemeinden eindringlich, den Einstieg in die bevorstehende Förderperiode 2023 bis 2029 anzustreben.
Zu den erfahrenen Nutznießern der LEADER-Förderung zählt Wilhelm Remling, bis 2008 Bürgermeister von Thüngersheim. Während seiner Amtszeit hat Remling die Vorteile des Programms erkannt und wurde treibende Kraft für die Gründung der LEADER-Arbeitsgruppe (LAG) Wein-Wald-Wasser. 17 Gemeinden aus dem nördlichen Landkreis Würzburg und zehn aus dem angrenzenden Main-Spessart haben sich darin zusammengeschlossen.
Ob für einen Kommunikationsplatz in Thüngersheim, das Walderlebniszentrum im Gramschatzer Wald , das jüdische Kulturmuseum in Veitshöchheim oder den Bürgerpark in Güntersleben - für viele Maßnahmen, die nicht von der üblichen Förderkulisse erfasst wurden, sprang LEADER finanziell in die Bresche. Im abgelaufenen siebenjährigen Förderzeitraum flossen so rund 1,6 Millionen Euro, kofinanziert von EU und Freistaat, in die verschiedenen Projekte, sagt LAG-Geschäftsführer Harald Fröhlich.
Für Klara Schmidt, Bürgermeisterin von Güntersleben, geht der Nutzen des LEADER-Programms sogar weit über diese direkte Unterstützung hinaus, weil durch die Arbeit der LAG auch der Zugang zu anderen Programmen wie der Städtebauförderung, der Dorfentwicklung oder der Denkmalförderung erleichtert werde. "Wir haben richtig profitiert, ich kann nur ganz viel Werbung für die LAG machen", sagt Schmidt deshalb.
LAG-Arbeitsgruppe für 35 Gemeinden
Dass es dieser Werbung kaum noch bedarf, zeigt ein Blick auf die bayerische Landkarte. Dort sind die 35 südlichen Gemeinden des Landkreises inzwischen einer der wenigen weißen Flecken ohne Anschluss ans LEADER-Programm. Michael Dröse schlägt deshalb vor, diese Gemeinden zu einer eigenen LAG zusammenzufassen. Allerdings könne der Landkreis dabei nur unterstützen, die Entscheidung müsse von den Rathäusern ausgehen. Die Zeit dafür ist allerdings begrenzt. Noch bis Ende Mai erwartet das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine formelle Interessensbekundung. Diese ist Voraussetzung für das spätere Bewerbungsverfahren.
Mit dieser Bewerbung beginnt die eigentliche Arbeit. Eine lokale Entwicklungsstrategie muss erarbeitet werden, an der sich die späteren Projekte orientieren, erläutert Michael Dröse. Prägende Elemente sind die breite Beteiligung der Bürger und die ortsübergreifende Zusammenarbeit. Letztere drückt sich in einer Einwohnerzahl von mindestens 60 000 aus, die von einer LAG erfasst werden müssen. Die Regelung hat durchaus pädagogischen Wert, weil sie den Blick über den Tellerrand zur Grundbedingung macht.
Zusammenarbeit mit kommunalen Allianzen
Dafür ist der thematische Rahmen denkbar breit gefasst und kann die unterschiedlichsten Handlungsfelder zur Entwicklung und Stärkung des ländlichen Raums betreffen. Vorstand und Management der LAG sind schließlich für die Umsetzung und nachfolgende Bewertung der Projekte verantwortlich. Die bestehenden kommunalen Allianzen wolle man eng mit einbeziehen. So könne man bereits bei der Bewerbung auf deren Vorarbeit zurückgreifen, sagt LAG-Geschäftsführer Harald Fröhlich.
"Wir würden den Gemeinden gerne LEADER anbieten", sagt Landrat Thomas Eberth, fügt aber einschränkend hinzu: "Wollen müssen es die Gemeinden selbst." Der interkommunale Beirat, der sich aus Vertretern des Kreistags und der örtlichen Allianzen zusammensetzt, unterstützt den Vorschlag und will unter Bürgermeistern für die Zusammenarbeit werben. Die Motivation könnte ein Blick in den Landkreis Kitzingen stärken.
„Der Landkreis Kitzingen hat sich 2001 auf den Weg gemacht, um mit Hilfe des europäischen LEADER-Programms die regionale Entwicklung zu stärken und konnte ab 2002 erstmals von den europäischen Zuschüssen profitieren", berichten Landrätin Tamara Bischof und LAG-Geschäftsführerin Maja Schmidt auf Anfrage der Redaktion. Neben der reinen Finanzierung von Projekten sei dadurch auch die regionale Zusammenarbeit und der Austausch der Kommunen und vieler anderer Akteure gefördert worden. Durch rund 1,5 Millionen Euro direkte Zuschüssen in der letzten Förderperiode seien Gesamtinvestitionen von 5,6 Millionen Euro ausgelöst worden.