
Dreieinhalb Stunden Formalien. Der Freitagabend in der Rottendorfer Erasmus-Neustetter-Halle ist für die Grünen aus Stadt und Landkreis Würzburg anstrengend. Protokolle müssen eingehalten werden, das Landeswahlgesetz ist zu beachten. Alles ist bis ins Detail geregelt. Die Abgesandten aus der Stadt stimmen mit gelben Stimmzetteln ab, die Delegierten vom Land sind an den grünen zu erkennen. Fragen von Frauen kommen in die Frauenbox. Und wenn die einzige Frage von einem Mann gestellt wird, entscheiden die Frauen, ob sie auch vorgetragen wird. Männer reden eben zu viel, erklären die grünen Frauen auf Nachfrage das Prozedere.
Auch die Redezeit der Bewerberinnen und Bewerber für eine Landtags- beziehungsweise Bezirkstagskandidatur ist festgelegt und wird eingehalten – zumindest meistens. Sieben Minuten bleiben Kerstin Celina, Christina Feiler, Patrick Friedl und Gerhard Müller, um sich den Delegierten aus den Kreisverbänden Würzburg-Stadt und Land vorzustellen. Dass sie wieder zur Wahl stehen, stand bereits vor dem Parteitag fest. Überraschende Gegenkandidaturen blieben aus.
Patrick Friedl möchte die Sensation von 2018 wiederholen

Es sei "eine Sensation" gewesen, erinnert Würzburgs Grünen-Kreisvorsitzende Simone Artz an den Herbst 2018. Patrick Friedl hat bei der Landtagswahl der bis dahin stets erfolgreichen CSU im Stimmkreis Würzburg das Direktmandat abgenommen. Und so stellt sich der 52-Jährige prompt und ein bisschen stolz wie Oskar als der "erste grüne direkt gewählte Abgeordnete in Bayern" vor. Nebenbei: Es gab noch fünf andere, die das geschafft haben. "Aber wir in Würzburg haben einfach schneller ausgezählt", sagt Friedl und lässt keinen Zweifel daran, dass er seinen Erfolg von 2018 auch im nächsten Jahr wiederholen möchte.
Dass er dabei auch in diesem Wahlkampf wieder unbeirrbar auf den Klimawandel aufmerksam machen wird, ist schnell klar. "Wir Grüne wissen schon lange vom Klimaschutz. Wir haben gewarnt, gewarnt, gewarnt. Sogar Wahlkämpfe damit verloren", sagt er unbeirrt und berichtet von einem Besuch im Lohrer Stadtwald.
"Die gute Nachricht: Den Wäldern im Spessart geht es besser als in der Region Würzburg. Doch die Buchen sind in diesem Sommer vertrocknet – und das macht den Forstleuten Angst", sagt Friedl. Derart massiv seien die Veränderungen, dass Mahnen nicht mehr ausreiche. "Deswegen müssen wir Grünen in der Bayerischen Staatsregierung Verantwortung übernehmen." Friedl könnte dabei eine Rolle spielen, denn 42 Parteitagsdelegierte stimmen seiner erneuten Kandidatur zu. Dass auch zehn Nein-Stimmen dabei sind, habe er erwartet, sagt er. Er führt das auf sein Mandat im Stadtrat zurück. "Manche stören sich an den vielen Positionen", erklärt Friedl.
Kerstin Celina lobt Barbara Stamms Sozialpolitik

Um es vorweg zu nehmen: Bei Kerstin Celina nimmt niemand daran Anstoß, dass sie auch ein Kreistagsmandat hat. Zumindest nicht bei der Abstimmung. Mit 100 Prozent wird die 54-Jährige aus Kürnach wieder von den Delegierten aus dem Kreisverband Würzburg-Land als Direktkandidatin für die Landtagswahl nominiert. Es könnte ihre dritte Wahlperiode im Bayerischen Landtag werden.
Einen Großteil ihrer sieben Minuten langen Vorstellungszeit widmet Celina der am Mittwoch verstorbenen Barbara Stamm. Von Sozialpolitikerin zu Sozialpolitikerin lobt sie Stamms "phänomenale Sozialpolitik". All das, wofür Barbara Stamm stand, habe sie in zehn Jahren im CSU-dominierten Sozialausschuss des Landtags nicht erlebt. "Die CSU-Sozialpolitik ist unsozial", sagt die sozialpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion.
Celina wird noch deutlicher. "Hätte die CSU auf Bundesebene regiert, wäre es nie dazu gekommen, dass ukrainische Flüchtlinge so gut in Deutschland aufgenommen worden wären", ist sie überzeugt und fordert eine solidarische Politik. Konkret will sie Wohnraum zu sozialen Preisen und kritisiert, dass von der bayerischen Staatsregierung 33.000 Wohnungen verkauft wurden – "Wohnungen, die uns heute fehlen".
Christina Feiler will sich im Bezirkstag für eine gerechte grüne Politik einsetzen

Für Christina Feiler aus Veitshöchheim wird es Zeit, dass grüne Themen auch im Bezirkstag umgesetzt werden. Die 58-Jährige bewirbt sich erneut für den Kreisverband Würzburg-Land um das Mandat und verspricht, sich auch in ihrer zweiten Amtszeit für eine "gerechte, inklusive und frauenstärkende Politik" einzusetzen.
"Die Themen im Bezirkstag sind meine Themen", sagt die 58-Jährige, deren berufliche Arbeit in der Frühförderung liegt. So setzt die Behindertenbeauftragte des Bezirks ihren politischen Schwerpunkt auf die "Teilhabe in allen Lebensbereichen – von der frühen Kindheit bis ins Alter". Das überzeugt die Delegierten: 97 Prozent stimmen Feilers Kandidatur für den Bezirkstag zu.
Wird er Bezirksrat, will Gerhard Müller wieder als Vizepräsident kandidieren

Gerhard Müller betont in seinen sieben Minuten die soziale und gesundheitspolitische Kraft der Grünen, die seiner Meinung nach von vielen oft in Frage gestellt werde. Angefangen bei Petra Kelly, deren soziales Engagement für Minderheiten bereits die Anfänge der Grünen-Partei geprägt habe, zählt er viele andere Politikerinnen und Politiker seiner Partei auf, die sich durch ihre Sozialpolitik auszeichneten. Er selbst sei seit seiner Jugend ehrenamtlich und gesellschaftspolitisch tätig, mit den Schwerpunkten auf Psychiatrie, Inklusion, den europäischen Partnerschaften und der kulturellen Arbeit.
Müllers Ziel ist es, die Fraktionsstärke der Grünen im Bezirkstag auszubauen. Bei der Wahl 2018 hat die Partei vier Mandate erreicht und bildet seitdem die zweitstärkste Fraktion. Allerdings scheiterte Müller bei der Wahl zum stellvertretetenden Bezirkstagspräsidenten knapp am Bündnis aus CSU und SPD. 2023 will er erneut als Vizepräsident kandidieren, stellt er klar. Und die Grünen stärken ihm den Rücken. 37 der 48 Stimmberechtigten schenken ihm erneut das Vertrauen.
Realität. Man spricht immer über den " schwarzen Filz " , aber der " grüne Filz " und ihre
Auslegungen von Wahlen sind da keinen Deut besser .
Was soll man sagen : Habeck und Baerbock verhalten sich genauso wenn es um ihre
Machtverhältnisse geht , kennen sich mit Wirtschaft und Diplomatie auch nicht aus
und regieren munter weiter . Hauptsache mit allen Mitteln an der macht ,
koste es was es wolle . Hier sind auch alle Parteien einig , aber nur in diesem Punkt !
"... mit allen Mitteln an der macht, koste es was es wolle..."
Das verbindet man eher mit CDU/CSU und FDP (zuletzt Thüringen)
Wie würden sie den die krachende Niederlage der CDU in Niedersachsen deuten? Deren einziges Wahlprogramm war, andere zu kritisieren.
da soll es auch Parteien geben, bei denen die Frauen praktisch nicht zu Wort kommen, aber das wird als normal angesehen... nee aber mal im Ernst, gelegentlich habe sogar ich das Gefühl, die Grünen machen bald keine (ernsthafte) Umweltpolitik mehr sondern nur noch welche für gesellschaftliche Gruppen, die sich diskriminiert fühlen...
In jeder politischen Versammlung werden Fragen und Diskussionsbeiträge irgendwie begrenzt, ansonsten würden viele Abende gar nicht enden. Die Grünen haben sich halt für ein Verfahren entschieden, bei dem Frauen und Männer gleich zu Wort kommen. Mit dem größten Anteil an weiblichen Parteimitgliedern und unseren sehr guten Kandidat:innen haben wir auch eine gewisse Bestätigung da, dass es funktioniert.
"FDP und Grüne (89 Prozent), gefolgt von der Union (88 Prozent), wurden besonders von Menschen gewählt, die ihre wirtschaftliche Situation als gut einstufen. Auch SPD-Wähler sind eher wirtschaftlich gut aufgestellt (85 Prozent), während unter den Wählern der Linken und der AfD mit 22 beziehungsweise 25 Prozent auch einige Menschen waren, die mit ihrer wirtschaftlichen Lage unzufrieden sind."
https://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl/analyse-der-bevoelkerungsgruppen-wer-waehlte-wie-akademiker-und-reiche-waehlen-gruen-renter-spd_id_24280744.html
Eher junge, gebildete wählen Grüne.