Im November 2021 hat das Amtsgericht Würzburg auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung bei einem Würzburger Fotojournalisten angeordnet. Das Ziel: die Beschlagnahmung von Fotoaufnahmen zur Verwendung als Beweismittel. Dies geht aus einem aktuellen Beschluss des Landgerichts Würzburg hervor, demzufolge es jetzt entschieden hat: Die Durchsuchung war rechtswidrig.
Der Betroffene hatte damals erfolglos sein Zeugnisverweigerungsrecht als Journalist angeführt und nach der Durchsuchung Beschwerde eingereicht. Nun hat er vom Landgericht Würzburg Recht bekommen: "Die verfahrensgegenständlichen Aufnahmen stehen in einem untrennbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit seiner beruflichen journalistischen Tätigkeit und unterliegen damit dem Zeugnisverweigerungsrecht", heißt es in dem Beschluss.
Durchsuchung sollte Beweise in Ermittlung wegen Landfriedensbruch in Würzburg bringen
Schwerpunkte der Arbeit des Würzburger Fotografen sind "Querdenker"-Kreise sowie die rechte und rechtsextreme Szene in Unterfranken. Auch diese Redaktion hat mehrfach Fotos von ihm für ihre Berichterstattung verwendet. Seine Aufnahmen veröffentlicht der Fotograf überwiegend unter dem Pseudonym Thomas Herterich auf Twitter. Seinen echten Namen will er nicht öffentlich machen - nach eigenen Angaben "aus Selbstschutz", weil er oftmals Opfer von gewalttätigen Übergriffen sei.
Hintergrund der Durchsuchung: Am 13. Dezember 2020 hatten rund 30 Personen aus dem linksextremen Spektrum eine Demonstration der Würzburger "Querdenker"-Gruppe "Eltern stehen auf" gestört. Gegen sie läuft derzeit ein Verfahren wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch. Dem Landgericht zufolge hatte der Beschwerdeführer den Vorfall damals als Außenstehender fotojournalistisch dokumentiert.
Diese Aufnahmen "können als Beweismittel von Bedeutung sein", heißt es im Durchsuchungsbeschluss von November 2021, der dieser Redaktion in Kopie vorliegt. "Zwar begleitet der von der Durchsuchung Betroffene, der sich selbst im politisch linken Spektrum engagiert (...) die Aufzüge der Bewegung 'Eltern-Stehen-Auf-Würzburg' seit Beginn an fotografisch", so der Beschluss weiter. Von einer journalistischen Tätigkeit im Sinne des Zeugnisverweigerungsrechts könne jedoch "nicht ansatzweise die Rede sein".
Landgericht Würzburg: Veröffentlichung auf Twitter steht journalistischer Tätigkeit nicht entgegen
Tatsächlich sendet der Fotograf fast ausschließlich auf Twitter. Seine Beiträge sind meist polemisch, stark linkspolitisch gefärbt, manchmal beleidigend. "Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer die von ihm angefertigten Materialien (weit überwiegend) auf Twitter veröffentlicht, steht einer journalistischen Tätigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO [Zeugnisverweigerungsrecht, Anm. d. Red.] nicht entgegen", heißt es dazu jetzt im Beschluss des Landgerichts.
"Auch soweit die Beiträge des Beschwerdeführers unverhohlen offen linkspolitisch gefärbt sind, steht dies der Annahme einer journalistischen Tätigkeit nicht entgegen", so das Landgericht weiter. "Denn Neutralität ist keine Voraussetzung für eine journalistische Tätigkeit." Die Durchsuchung sei daher rechtswidrig gewesen, die Staatskasse habe die Kosten für das Verfahren zu tragen.
"In den vergangenen zwei Jahren kam es zu vielen unschönen Situationen mit der Polizei", sagt der Beschwerdeführer auf Nachfrage zum Ausgang des Verfahrens. Polizisten hätten ihn "teilweise wie einen Gegendemonstranten behandelt". Das ändere sich jetzt hoffentlich. Er sieht nicht nur seine Rechte "gestärkt", sondern auch die von Kolleginnen und Kollegen, "die mit Hilfe Neuer Medien wie Twitter berichten".
Kanzlei sieht Angriff auf Pressefreiheit durch Staatsanwaltschaft Würzburg
Die Leipziger Kanzlei "Eisenbahnstraße", die den Fotografen in dem Verfahren vertreten hat, teilt mit: "Es ist begrüßenswert, dass das Landgericht Würzburg dem Versuch der Staatsanwaltschaft, unserem Mandanten (...) mit Verweis auf sein politisches Engagement das Grundrecht auf Pressefreiheit zu entziehen, einen Riegel vorgeschoben hat."
Die Würzburger Staatsanwaltschaft bestätigt auf Nachfrage den Ausgang des Verfahrens, äußert sich jedoch nicht weitergehend. Gegen den Beschluss sind laut Landgericht keine Rechtsmittel möglich.
Erinnert sei an dieser Stelle bspw. an die Durchsuchung einer Würzburger Anwaltskanzlei und die Aussage einer Würzburger Amtsrichterin, dass man "das Bundesverfassungsgericht keine Ahnung von der Realität" habe (Mp., 07.09.2013), man weder die Ressourcen noch die Zeit habe, Anträge der Sta so zu prüfen, wie das Bundesverfassungsgericht das vorsieht.
Sobald das Etikett "links" draufgeklebt wurde, scheinen ohnehin die Grundrechte nicht mehr viel wert zu sein.
Der langjährige Leiter der Staatsanwaltschaft Würzburg, Lückemann (CSU), der die Behörde und die Justiz hier offenbar nachhaltig geprägt hat, gab ja schon vor Jahren die Parole aus, wie er seinen Beruf verstehe: als "kleine harte CSU-Kämpfer", die gegen alles "lasche und linke" vorgehen (Quelle Mainpost: "Lückemann nimmt Kurs auf Bamberg, 17.04.2009)