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Würzburg
Kulturspeicher-Chefin Luisa Heese: "Ich verlasse Würzburg mit einem Gefühl der Trauer und der Freude"
Luisa Heese, Direktorin der Museums im Kulturspeicher, verlässt nach knapp drei Jahren Würzburg. Wie hat sie diese Zeit erlebt, und was ist ihre nächste Station?
Luisa Heese, Chefin des Museums im Kulturspeicher, verlässt nach nur drei Jahren Würzburg, um Kuratorin an der Kunsthalle Mannheim zu werden. Hier steht sie im neuen Emy-Roeder-Raum des Museums.
Foto: Thomas Obermeier | Luisa Heese, Chefin des Museums im Kulturspeicher, verlässt nach nur drei Jahren Würzburg, um Kuratorin an der Kunsthalle Mannheim zu werden. Hier steht sie im neuen Emy-Roeder-Raum des Museums.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Nach knapp drei Jahren verlässt Luisa Hesse, Direktorin des Museums im Kulturspeicher, Würzburg wieder. Sie geht ab 1. Juli als Kuratorin an die Kunsthalle Mannheim - ein führendes Haus für klassische Moderne und zeitgenössische Kunst mit einer herausragenden Sammlung, in der kaum ein bedeutender Name fehlt: 2300 Gemälde, 860 Skulpturen und Installationen, 34.000 Grafiken und 800 Objekte der angewandten Kunst. Ein Gespräch mit Blick zurück und nach vorn.

Frau Heese, wenn Sie ein Objekt aus dem Kulturspeicher mitnehmen dürften, welches wäre es?

Luisa Heese: Das ist eine schöne Frage. Es wären einige - wir haben hier im Haus zwei wunderbare Sammlungen mit vielen großartigen Werken. Aber da wir gerade die neue Präsentation der städtischen Sammlung eröffnet haben und es für uns so ein schöner Erfolg war, dass wir ein weiteres Werk von Carl Grossberg für die Sammlung gewinnen konnten, wäre dieses womöglich das Werk, das ich als erstes auf die Liste setzen würde. 

Luisa Heese vor einer besonders wertvollen Neuanaschaffung der Museums: Carl Grossberg, Unterführung in Kitzingen, 1925, Öl auf Leinwand.
Foto: Daniel Peter | Luisa Heese vor einer besonders wertvollen Neuanaschaffung der Museums: Carl Grossberg, Unterführung in Kitzingen, 1925, Öl auf Leinwand.
Mit welchen Gefühlen verlassen Sie Würzburg?

Heese: Es ist eine Mischung aus Trauer und Freude. Ich freue mich sehr auf die neuen Herausforderungen, auf Mannheim, auf die Kunsthalle. Aber ich gehe auch mit einem weinenden Auge, weil die knapp drei Jahre, die ich jetzt hier war, sehr intensiv, sehr spannend, sehr lehrreich und sehr schön waren. Wir konnten mit dem Team am Haus viel bewegen, haben tolle Projekte umgesetzt, schöne Bücher herausgegeben und das Museum in der Stadt und darüber hinaus nochmal anders verortet. Deswegen werde ich mit schönen Erinnerungen gehen - aber vielleicht sollte man auch gehen, wenn es am schönsten ist (lacht).

"Man darf das Publikum ob seines Traditionsbewusstseins nicht unterschätzen, es interessiert sich auch sehr für Neues."
Luisa Heese über das Würzburger Publikum
Was freut Sie, was bleiben wird von dem, was Sie angestoßen und umgesetzt haben?

Heese: Es gibt natürlich viele Projekte, die ich noch als Ideen im Kopf habe, die wir jetzt nicht mehr umsetzen können. Aber es ist schön zu sehen, wie wir bestimmte Setzungen machen konnten, gerade durch Ausstellungen wie "Die Errettung des Bösen" von Michael Müller, in der es nochmal um die Aufarbeitung der eigenen Sammlungsgeschichte im Nationalsozialismus ging. Mit der Ausstellung "KONKRET GLOBAL!" konnten wir die Sammlung Peter C. Ruppert in einen globalen Zusammenhang stellen. Außerdem konnten wir das Jubiläumsjahr 2022, das ja noch am Ende der Corona-Zeit lag, nutzen, um das Haus nochmal stärker in die Aufmerksamkeit zu bringen, beispielsweise durch neue grafische Gestaltungen. Diese Prozesse muss man aber weiterführen, damit diese Aufmerksamkeit nicht wieder verpufft.

Keine Angst, ich stelle jetzt keine Frage zum Bratwurststreit, aber Würzburg gilt ja als eher selbstgenügsam und traditionsbewusst. Wie haben Sie in den drei Jahren die Menschen hier erlebt? 

Heese: Ich bin ja mitten in der Lockdown-Zeit angekommen, aber ich muss sagen, ich habe die Würzburgerinnen und Würzburger sehr ins Herz geschlossen. Ich war positiv überrascht, wie man hier gerade auch schwierige Themen setzen kann, etwa die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus. Diese Themen stießen auf großen positiven Widerhall. Deshalb darf man das Publikum ob seines Traditionsbewusstseins nicht unterschätzen, es interessiert sich auch sehr für Neues. Es war mir deshalb auch ein Vergnügen, gerade die zeitgenössische Kunst stärker nach Würzburg zu bringen und hier zu verorten.

"Es geht darum, Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen, indem man Möglichkeiten schafft, Werke umzusetzen."
Luisa Heese über ihr Rollenverständnis aus Kuratorin
Was erwartet Sie in Mannheim?

Heese: Ein großes, wunderbares Haus mit einer sehr  besonderen und hochkarätigen Sammlung. Und die Aufgabe, mich sehr stark mit inhaltlichen Fragen auseinanderzusetzen, weil ich dort Kuratorin für zeitgenössische Kunst werde und verantwortlich bin für eine der größten und bedeutenden Skulpturensammlungen Deutschlands.

Manche Kritiker sind ja der Meinung, die Macht in den Museen und Kunsthallen liege in den Händen der Kuratoren und Kuratorinnen - wie sehen Sie das?

Heese: Das würde ich so nicht unterschreiben, aber spätestens seit der documenta 5 von Harald Szeemann 1972 ist das ein Thema. Ich sehe meine Rolle als Ermöglicherin. Und natürlich ist das eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, weil man Entscheidungen trifft, die mit beeinflussen, wie sich die Kunstwelt weiterentwickelt. Es geht darum, Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen, indem man Möglichkeiten schafft, Werke umzusetzen. Das ist gerade in der zeitgenössischen Kunst ein ganz wichtiger Punkt. Andererseits sollte man sich als Person nicht zu wichtig nehmen. Auch als Kuratorin sollte man sich als dienende Figur sehen. 

Der deutsch-britische Künstler Michael Müller setzte sich in der Ausstellung 'Die Errettung des Bösen' mit der Geschichte des städtischen Sammlung auseinander.
Foto: Benjamin Brückner | Der deutsch-britische Künstler Michael Müller setzte sich in der Ausstellung "Die Errettung des Bösen" mit der Geschichte des städtischen Sammlung auseinander.
Gibt es Aufgaben als Direktorin, die Sie nicht vermissen werden?

Heese: Das kann ich jetzt noch gar nicht sagen. Aber insgesamt war das in Würzburg eine sehr gute Erfahrung für mich.

Das heißt, Sie haben einen guten Mix zwischen administrativer und künstlerischer Arbeit gefunden?

Heese: Ja, das würde ich sagen. Es gehört einfach beides dazu, um den Alltag zu meistern und ein Museum weiterzuentwickeln. Aber das macht es ja auch so spannend.

Was wird in Mannheim möglich, was in Würzburg nicht möglich war?

Heese: Werke auszustellen, die höher sind als 3,50 Meter (lacht). Das ist hier ja die maximale Raumhöhe. Aber tatsächlich ist die Kunsthalle Mannheim ein großes Haus, in dem auch größere Projekte möglich sind. Ich werde dort auch verstärkt international arbeiten.

 
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  • martina.biedermann@stadtbau-wuerzburg.de
    Schade aber natürlich nachvollziehbar - Mannheim und das dortige Haus sind eine andere Liga

    viel Erfolg
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