Vor etwa einem Jahr meldete Bavaria Yachtbau in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) Insolvenz an; nach Monaten der Suche präsentierte sich im Oktober 2018 der Finanzinvestor CMP als neuer Eigentümer der Bootswerft. Nun hat das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen: Von zuletzt insgesamt 550 Mitarbeitern wurden Ende März 26 Mitarbeiter aus dem Bereich der Produktion entlassen. Außerdem ist Kurzarbeit für den Zeitraum von Juni bis Oktober im Gespräch. Bereits im Vorjahr hatte man aufgrund der Insolvenz in den Sommermonaten auf diese Maßnahme zurückgegriffen.
"Nachwirkungen der Insolvenz"
Norbert Zirnsak, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg, bestätigt gegenüber dieser Redaktion die Kündigungen. "Für die Betroffenen ist die Situation extrem hart, viele sind auf gute Arbeit angewiesen", so Zirnsak. Um weitere Entlassungen zu verhindern, setze die IG Metall auf Kurzarbeit. Insgesamt sei man vor allem daran interessiert, den Standort Giebelstadt zu halten.
Als "Nachwirkungen der Insolvenz" sieht Bavaria-Betriebsratsvorsitzender Christian Hartmann sowohl die Kündigungen als auch die Beantragung der Kurzarbeit. Beides sei zudem auf eine generelle Umorganisation im Unternehmen zurückzuführen.
Eine "atmende Fabrik" als Ziel
Am Dienstag äußerte sich erstmals Bavaria-CEO Michael Müller zur Situation bei Bavaria Yachtbau. "Wir befinden uns mitten in der Neuaufstellung von Bavaria", so Müller. "Wir verändern und verbessern das Unternehmen in vielen Bereichen, unter anderem, um eine flexiblere Produktion zu erreichen." Ziel sei es, nach dem Prinzip einer "atmenden Fabrik" zu arbeiten. Dies betreffe sowohl den zeitlichen als auch den flexiblen Einsatz der Mitarbeiter in unterschiedlichen Produktionsbereichen.
"Bootsbau ist ein Saisongeschäft", erklärt Bavaria-Pressesprecher Marcus Schlichting. Im Herbst und Winter würden die Yachten gebaut, im Sommer dagegen gebe es weniger zu tun, sodass man in diesen Monaten Überstunden abbauen könnte. "Früher haben wir im Winter die Belegschaft durch Leiharbeiter ergänzt, um den Bedarf abzudecken", sagt Schlichting. Heute arbeite man auch in den produktionsreichen Monaten lieber mit den eigenen Mitarbeitern. Denn: "Wir setzen auf das Know-how der Stammbelegschaft", so CEO Michael Müller.
Wie die Arbeitszeiten der Belegschaft künftig genau aussehen könnten, darüber spreche die Geschäftsführung gerade mit dem Betriebsrat. "Wir befinden uns in laufenden Verhandlungen", sagt Schlichting. "Das Ganze geht in die Richtung, dass die Mitarbeiter ein Zeitkonto aufbauen sollen", erklärt Hartmann. Ein solches Modell sei schon länger in der Diskussion. "Jede Seite hat ihre eigenen Ansichten", so der Betriebsratsvorsitzende. Er sei aber zuversichtlich, dass ein guter Kompromiss gefunden werde. "Wir haben eine offene Kommunikation mit der Geschäftsleitung." Auch beim Thema Kündigungen zeigt Hartmann sich optimistisch: "Ich habe keinen Grund zur Annahme, dass weitere folgen."
Im aktuellen Geschäftsjahr sollen nicht mehr Boote produziert werden als im Krisenjahr 2018; für das kommende Geschäftsjahr 2019/2020 (1. August 2019 bis 31. Juli 2020) rechnet man dagegen mit 100 Exemplaren mehr. "Wir sind optimistisch und überzeugt, dass wir unser selbst gestecktes Ziel, im ersten vollen Geschäftsjahr rund 450 Segel- und Motoryachten in Giebelstadt zu bauen, gemeinsam mit unseren mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erreichen werden", so CEO Müller.