Auf die alten Tugenden besinnen - so heißt das Rezept, mit dem Finanzinvestor CMP die Bootswerft Bavaria Yachtbau in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) zu früherer Stärke führen will. Genau sechs Monate nach der Insolvenz übernahmen die neuen Eigentümer das Ruder beim einstmals größten europäischen Hersteller von Segeljachten und seiner französischen Tochter Bavaria Catamarans.
Es war viel schief gelaufen in den letzten Jahren, sagt der für die Produktion verantwortliche Geschäftsführer Erik Appel. Neue Modelle wurden am Markt platziert, ohne dass sie reif waren für die Serienfertigung, oder zu groß für die Bandanlagen in Giebelstadt. Eine 20 Meter lange Segeljacht, die zum Flagschiff der Werft werden sollte, musste man deshalb in Kroatien fertigen.
Zu hohe Produktionskosten und Qualitätsmängel
Die Produktionskosten schnellten in die Höhe. Qualitätsmängel und Lieferverzug waren weitere Folgen. Statt sich auf die neuen Modelle konzentrieren zu können, mussten die alten parallel weiter produziert werden. Der Produktionsaufwand stieg zusätzlich; ein Teufelskreis, der erst durchbrochen wurde, als Sanierungsexperte Tobias Brinkmann am 20. April die Notbremse zog und Insolvenzantrag stellte.
Die Werft produzierte weiter, wenn auch mit gebremster Kraft, und schaffte es immerhin, 220 neue Schiffe fertigzustellen. Brinkmanns Suche nach einem neuen Eigentümer gestaltete sich schwierig, bis CMP im September den Zuschlag erhielt. Die Beteilungsgesellschaft mit Sitz in Berlin ist Spezialist für die Restrukturierung angeschlagener Unternehmen. 20 davon hat sie seit der Gründung im Jahr 2000 gekauft und wieder auf Vordermann gebracht, so Geschäftsführer Kai Brandes. Das Geld dazu stamme von institutionellen Investoren wie Versicherungsgesellschaften und Stiftungen, die an einer nachhaltigen Kapitalanlage interessiert sind.
"Wir glauben an das Entwicklungspotenzial von Bavaria und sind beeindruckt von den loyalen Mitarbeitern, Händlern und Kunden", sagt Brandes. Nach Verlusten im laufenden Jahr will Bavaria im Geschäftsjahr 2019/20 ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen. Verantwortlich dafür ist Ralph Kudla, Partner von CMP und seit einer Woche Nachfolger von Tobias Brinkmann als Geschäftsführer für den Bereich Restrukturierung.
Produktpalette straffen
Die Produktpalette soll deutlich gestrafft werden und sich wieder an den Bedingungen des Produktionsstandortes orientieren, sagt Produktionschef Erik Appel. Design und Entwicklungsleistung, die man an externe Büros vergeben hat, sollen wieder zurück nach Giebelstadt. Auch auf Fremdfertigung will man künftig verzichten. "Bavaria setzt auf 100 Prozent made in Giebelstadt", so Appel. Dabei will Ralph Kudla nichts überstürzen. "Wir werden uns sicher ein gutes halbes Jahr Zeit nehmen, um erste Entscheidungen zu treffen und Impulse zu setzen."
Zuversichtlich äußert sich auch Betriebsratsvorsitzender Christian Hartmann. Die Belegschaft wünsche sich eine engere Verzahnung zwischen Verkauf und Produktion und müsse wieder stärker in die Betriebsabläufe eingebunden werden. Nur so sei es möglich, die Abläufe stetig zu verbessern.
50 Neueinstellungen geplant
Von den einst 600 Mitarbeitern der Stammbelegschaft haben 550 dem Unternehmen während der Insolvenz die Treue gehalten. Für sie gilt weiterhin der im vergangenen Jahr mit der IG Metall ausgehandelte Haustarifvertrag. Mittelfristig möchte Erik Appel 50 neue Mitarbeiter einstellen. Auch die 250 Arbeitsplätze bei der französischen Tochter Bavaria Catamarans bleiben erhalten.
Bis Ende Oktober gilt für einen Teil der Mitarbeiter noch Kurzarbeit. Die Fertigung der Bootsrümpfe wurde bereits hochgefahren. Wenn die Formteile ab November bereit sind für den Innenausbau, sollen auch der Möbelbau und die Endmontage wieder auf vollen Touren laufen.
Im ersten Jahr möchte Erik Appel die Produktion auf 400 bis 500 Boote steigern, davon 60 Prozent Segel-, 40 Prozent Motorjachten mit einer Länge zwischen zehn und 20 Metern. Längerfristig sollen 700 Schiffe pro Jahr produziert werden - jeweils nur auf Kundenbestellung. Das ist zwar weit von den über 3000 Einheiten entfernt, die Mitte des vergangenen Jahrzehnts in Giebelstadt gebaut wurden. Die Zahlen ließen sich aber schwer vergleichen. Die Jachten seien größer, die Produktion anspruchsvoller geworden, so Appel
Keine Angaben zum Kaufpreis
Wie viel CMP für Bavaria Yachtbau gezahlt hat, will Kai Brandes nicht sagen. Nur soviel: Es sei ein zweistelliger Millionenbetrag gewesen und "ein gutes Investment für einen guten Preis." Einen Betrag in ähnlicher Höhe will CMP in den nächsten Jahren direkt in den Standort investieren. Und doch bleibt es nur eine Partnerschaft auf Zeit. Das Geschäftsmodell des Investors baut darauf auf, Unternehmen wettbewerbsfähig zu machen und später zu einem höheren Preis zu verkaufen.
Auf einen Zeithorizont will sich Brandes dabei für Bavaria nicht festlegen. "Es können auch zehn Jahre sein", sagt er. Befürchtungen, die Bootswerft könnte dann wieder in Turbulenzen geraten, möchte Brandes zerstreuen. Acht seiner Beteiligungen habe CMP bereits wieder verkauft, und jedes Mal sei es den Unternehmen danach besser gegangen als vor der Übernahme.