Wofür stehen die Kandidatin und die Kandidaten, die bei der Landtagswahl am 8. Oktober im Stimmkreis Würzburg antreten? Diese Frage konnte bei der Wahlarena der Main-Post am Donnerstagabend in der Theaterhalle am Dom weitgehend beantwortet werden. Die von den Main-Post-Redakteuren Torsten Schleicher und Sophia Scheder moderierte zweistündige Veranstaltung bot wenige Wochen vor der Wahl eine sachliche und muntere Gesprächsrunde zu den wichtigsten politischen Themen des Wahlkampfs.
Knapp 150 Zuschauerinnen und Zuschauer waren in die Theaterhalle am Dom zu der Podiumsdiskussion gekommen, die auch in einem Livestream auf YouTube übertragen wurde. Eingeladen waren die Direktkandidatin und die Direktkandidaten der sechs im bayerischen Landtag vertretenen Parteien, der Einladung gefolgt waren Patrick Friedl (Bündnis 90/Die Grünen), Andrea Behr (CSU), Alexander Kolbow (SPD), Sven Baumeister (Freie Wähler) und Tobias Dutta (FDP). Die AfD hatte auf die Einladung nicht reagiert.
Debatte zu Klimaschutz und Wassermangel
Erwartet wird am 8. Oktober – wie vor fünf Jahren, als Patrick Friedl sich knapp gegen CSU-Mann Oliver Jörg durchsetzen konnte – ein Kopf-an-Kopf-Rennen des grünen Landtagsabgeordneten mit Andrea Behr, die das Würzburger Direktmandat für die CSU zurückerobern will. Die Auseinandersetzung der beiden Favoriten war an vielen Stellen erwartet kontrovers, blieb aber immer sachlich. Gleich beim ersten Thema Klimaschutz und Wassermangel gab Behr ihrem Konkurrenten von den Grünen eine Vorlage: Als Landtagsabgeordnete werde sie sich dafür einsetzen, dass der von Ministerpräsident Markus Söder kürzlich angekündigte "Wassercent" im kommenden Jahr tatsächlich eingeführt werde, betonte Behr.
Das nutzte Friedl für den Hinweis, dass die Grünen zuletzt jedes Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt haben, der von der Regierungsmehrheit aus CSU und Freien Wählern immer abgelehnt wurde. "Wer es mit uns hält, der bekommt den Wassercent", sagte Friedl. Auch Alexander Kolbow nutzte im Verlauf der Diskussion mehrmals die Gelegenheit, auf nicht eingehaltene Ankündigungen der Staatsregierung hinzuweisen, unter anderem beim sozialen Wohnungsbau. "Die CSU muss nach ihrer Politik in den vergangenen Jahren beurteilt werden, nicht nach ihren Versprechungen", sagte der SPD-Mann.
Besonders kontrovers wurde die Diskussion kurz darauf beim Thema Energieversorgung. Andrea Behr sprach sich erwartungsgemäß für eine Rückkehr zur Atomkraft aus. Das sei besser für das Klima, als Strom mit Kohlekraftwerken zu erzeugen, "für die wir die Kohle jetzt mit Schwerölschiffen aus Australien und Südafrika holen". Kolbow und Friedl hielten dagegen, Zustimmung bekam sie vom jüngsten der fünf Kandidaten: "Es war ein großer Fehler, dass wir aus der Kernenergie ausgestiegen sind", sagte Tobias Dutta.
Deutliche Unterschiede bei sozialen Themen
Am deutlichsten wurden die Unterschiede der politischen Positionen immer dann, wenn soziale Themen angesprochen wurden. Behr sprach sich an einer Stelle der Veranstaltung zwar klar für den Sozialstaat und seine Leistungen für Menschen aus, die unverschuldet in Not geraten sind. Sie habe aber ein Problem damit, "wenn das mehrheitlich ausgenutzt wird". Als Beispiel nannte Behr eine Bäckerei-Auszubildende, die sich entschieden habe, lieber Bürgergeld zu beziehen als in ihrem Ausbildungsbetrieb zu arbeiten: "Die Werte sind in unserer Gesellschaft verfallen", sagte die CSU-Kandidatin.
"Ich teile dieses negative Menschenbild nicht ", antwortete Patrick Friedl und kritisierte die "Misstrauenskultur" gegenüber Empfängerinnen und Empfängern von Sozialleistungen: "Ich glaube daran, dass die Menschen lieber arbeiten." Alexander Kolbow erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass sich vor allem CDU und CSU immer wieder gegen eine Erhöhung des Mindestlohns aussprechen und forderte Behr auf, nicht "eine Bevölkerungsschicht gegen die andere auszuspielen".
Unterschiedliche Antworten hatte das Kandidaten-Quintett auch auf die Frage nach bezahlbarem Wohnraum in der Stadt. Sven Baumeister von den Freien Wählern will dieses Problem unter anderem durch eine Stärkung des ländlichen Raums lösen. Durch die Verlagerung von Behörden und Arbeitsplätzen soll das Wohnen auf dem Land wieder attraktiver werden, um so den Wohnungsmarkt in den Städten zu entlasten. Außerdem müssten in den Städten "mehr Wohnungen zugebaut werden, dort gibt es viele verlorene Flächen", sagte Baumeister.
Als Berufsschullehrer fühlte er sich beim Thema Bildungspolitik sichtlich am wohlsten. Die Staatsregierung habe 6000 neue Lehrerstellen geschaffen und besetzt, auch bei der Digitalisierung der Schulen sei der Freistaat spürbar vorangekommen, betonte Baumeister. Tobias Dutta kritisierte dagegen die Politik von Bayerns Kultusminister Michael Piazolo vor allem wegen mangelnder technischer und personeller Ausstattung der Schulen: "Da müssen wir sehr viel besser werden."
Publikum kam zu Wort
Relativ einig waren sich die Kandidaten, als es um die Integration von Geflüchteten, Fachkräftemangel und Zuwanderung ging. Andrea Behr sprach sich dafür aus, Asylbewerberinnen und -bewerbern so schnell wie möglich den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. "Arbeit ist die beste Integration, die man sich vorstellen kann", sagte die CSU-Kandidatin, die damit nicht unbedingt auf der Linie ihrer Partei liegt. "Die CSU tut genau das Gegenteil (…) und setzt darauf, Migrantinnen und Migranten so schnell wie möglich wieder abzuschieben", betonte Alexander Kolbow.
Die kurzweilige und muntere Diskussion endete mit ausgewählten Fragen von Leserinnen und Lesern der Main-Post und aus dem Publikum – darunter eine, die übereinstimmend beantwortet wurde: Die Barrierefreiheit in allen gesellschaftlichen Bereichen ist demnach für alle fünf Kandidaten ein wichtiges Thema, für das sie sich einsetzen wollen.
wird es auch eine Wahlarena der Main-Post mit den Direktkandidaten im Stimmkreis Kitzingen geben?
Viele Grüße,
Felix