In Zeiten von steigenden Preisen haben es viele Menschen schwer, ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Deshalb ist in unterschiedlichen Bereichen vorgesehen, den Menschen mehr Geld zu ermöglichen: So wurde etwa das Bürgergeld zum 1. Januar 2024 erhöht. Und auch der Mindestlohn ist nun höher. Doch er ist nicht so stark gestiegen wie das Bürgergeld. Das sorgt bei manchen in der Bevölkerung für Unverständnis. Wieso das Bürgergeld stärker gestiegen ist als der Mindestlohn, erfahren Sie in diesem Artikel.
Wieso steigt das Bürgergeld?
Seit 2024 bekommen Bürgergeld-Empfänger deutlich mehr Geld überwiesen. Die Steigerung des Regelsatzes von 502 auf 563 Euro macht ganze zwölf Prozent aus. Das neue Bürgergeld-Gesetz hat am 1. Januar 2023 die alte Hart IV-Regelung abgelöst. In den Augen vieler Kritiker war die Erhöhung des Regelsatzes zwar immer noch deutlich zu niedrig, doch die Steigerung ist deutlich größer als die Steigerung des Mindestlohns.
Wieso steigt der Mindestlohn?
Die zuständige Kommission hat im Sommer 2023 entschieden, dass auch der Mindestlohn zum 1. Januar 2024 steigt. Bislang lag der Betrag bei zwölf Euro pro Stunde. Sozialverbände hatten einen großen Sprung auf 14 Euro gefordert, doch schlussendlich ist er nun erst einmal nur um 41 Cent gestiegen. Das sind 3,42 Prozent. "Die Beschlussfassung fällt in eine Zeit schwachen Wirtschaftswachstums und anhaltend hoher Inflation in Deutschland, die für Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen große Herausforderungen darstellen", hieß es im Beschluss der Mindestlohnkommission.
Warum steigt das Bürgergeld stärker als der Mindestlohn?
Die erstaunliche Differenz zwischen den 3,42 Prozent mehr Mindestlohn und die Zwölf-Prozent-Steigerung des Bürgergeldes erklärt sich dadurch, dass Mindestlohn und Bürgergeld komplett unterschiedlich festgelegt werden.
Das Bürgergeld wurde von der Bundesregierung entschieden. Und sie legte dabei auch fest, auf welche Art und Weise die Anpassung des Regelbedarfs erfolgt. Gesetzlich hat die Regierung vorgeschrieben, dass sich das Bürgergeld nach dem Existenzminimum richtet. Dieses berechnet das Statistische Bundesamt alle zwei Jahre etwa aus den aktuellen Löhnen, der Inflation und den Kosten für den Lebensunterhalt. Nach dem Ergebnis richtet sich dann die Erhöhung des Bürgergeldes.
Das Statistische Bundesamt hat im zweiten Quartal 2023 festgestellt, dass die Preise für den Regelbedarf um 27 Prozent seit der Berechnung des Existenzminimums gestiegen sind.
Beim Mindestlohn ist es anders. Er wird nicht gesetzlich angepasst, sondern durch eine spezielle Kommission: die Mindestlohnkommission. Sie ist eine unabhängige, paritätisch besetzte Einrichtung, die den Mindestlohn in Deutschland festlegt. Sie setzt sich aus Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie einem neutralen Vorsitzenden zusammen. Diese Mitglieder werden für eine bestimmte Amtszeit von der Bundesregierung ernannt. Alle zwei Jahre, wenn der Mindestlohn verhandelt wird, müssen sie sich auf eine Erhöhung einigen. Das dauerte 2023 mehr als 13 Stunden. Und wirklich erfolgreich war es auch nicht: Erstmals gab es keinen einstimmigen Beschluss. "Die Positionen lagen sehr weit auseinander", erklärte die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld nach den Beratungen im Juni letzten Jahres. Während Arbeitgeberverbände für einen niedrigen Mindestlohn plädieren, um die Unternehmen zu stützen, sind Arbeitnehmerverbände für höhere Steigerungen.
Steigt der Mindestlohn zu wenig? Oder das Bürgergeld zu viel?
Sind Zwölf Prozent mehr Bürgergeld zu viel? Oder steigt der Mindestlohn mit 41 Cent zu wenig? Das ist eine Sache der Perspektive. Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen entschied sich 2023 gegenüber Medien für das Letztere: "Ich würde für mich sagen: Die Mindestlohnerhöhung ist zu niedrig." Die Expertin Bettina Kohlrausch, Soziologin und wissenschaftliche Direktorin vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) sieht es ähnlich: "Die Lösung muss sein, dass wir eine vernünftige Lohnentwicklung hinbekommen." Die Ampelkoalition hatte den Mindestlohn im Oktober 2022 auf zwölf Euro festgelegt - obwohl das über dem damaligen Vorschlag der Mindestlohnkommission lag.