Konnichiwa! Hallo! Wer für dieses Jahr noch ein Urlaubsziel sucht und vor Fernreisen nicht zurückschreckt: Wie wär's mit einem Flug ins über 9000 Kilometer entfernte Otsu? Einen Anlass gäb's allemal. An diesem Mittwoch, 13. Februar, wird die Städtepartnerschaft mit der japanischen 340 000-Einwohner-Stadt am Biwa-See 40 Jahre alt, wobei die Würzburger Beziehungen zum Land der aufgehenden Sonne um einiges älter sind. Der in Würzburg geborene Arzt und große Japanforscher Philipp Franz von Siebold schaute schon 1826 in Otsu vorbei, 1906 der Würzburger Dichter Max Dauthenday, dessen Besuch ihn zu seinen Erzählungen "Die acht Gesichter am Biwasee" inspirierte.
Von der fernöstlichen Kultur inspirieren lassen werden sich im April rund 20 Teilnehmer einer Bürgerreise, die nach Otsu führt, unter anderem aber auch in die Stadt Nagasaki, mit der seit 2013 eine Städtefreundschaft besteht. Mit Bürgermeister Adolf Bauer und den beiden Stadträten Willi Dürrnagel und Ingo Klünder an der Spitze, ist es der offizielle Beitrag der Stadt zum Jubiläumsjahr - womit sich ein Kreis schließt. Im Rahmen einer Bürgerreise mit über 40 Teilnehmern, darunter viel Stadtprominenz und 600 Bocksbeuteln im Gepäck wurde vom damaligen Oberbürgermeister Klaus Zeitler und seinem japanischen Amtskollegen Kuzabura Yamada die Städtepartnerschaft besiegelt.
Der Japan-Garten und das "Würzburg Haus"
Den ersten Anstoß zur freundschaftlichen Beziehung gab es bereits 1965 mit den Besuch von Professor Kenij Takahashi. Ein Jahr später wünschte sich Bürgermeister Zenichi Nishida bei seinem Würzburg-Besuch die Intensivierung der Kontakte. Die gab es dann auch nach dem Start der Partnerschaft: Durch Bürgerreisen und zahlreichen Begegnungen - nicht zuletzt auf kultureller oder sportlicher Ebene. Sichtbare Zeichen der Fernost-Verbindung sind der 1987 angelegte japanische Garten am Alten Kranen, dem als Gastgeschenk zur Landesgartenschau 1990 ein weiterer japanischer Garten im Festungsgraben folgte. Im Gegenzug brachten die Würzburger 1998 ein fränkisches Fachwerkhaus an den Biwa-See, das Material für das "Würzburg Haus" mit Gaststätte war verpackt in 20 Containern.
Begegnungen über 9000 Kilometer Distanz
Doch wie lebendig ist die Partnerschaft heute? "Da läuft schon einiges, trotz der großen Entfernung", sagt Katja Schröder vom Büro Würzburg International der Stadt. Im vergangenen Jahr gab es unter anderem eine Ausstellung von Elvira Lantenhammer aus Homburg am Main im Siebold-Museum, die die Künstlerin danach in Otsu präsentierte, bei der Landesgartenschau machten Gäste aus Otsu Besucher mit der traditionellen Tee-Zeremonie vertraut, zwei Delegationen, unter anderem mit dem ehemaligen Kulturchef von Otsu, wurden im Rathaus empfangen.
Und im Oktober wurde ein Austausch unter den Mitarbeitern der Stadtverwaltungen angeschoben: Zum Auftakt kam Tourismus-Chef Ryoto Chono zu seinem Amtskollegen Björn Rudek zum Erfahrungs- und Informationsaustausch nach Würzburg. 2017 übernachteten rund 3500 Touristen aus Japan in der Stadt. Aktivitäten der Siebold-Gesellschaft und Begegnungen vor allem im kulturellen Bereich sieht Schröder als weitere Zeichen einer lebendigen Städtepartnerschaft. Dazu trägt, zumindest indirekt, auch ein Angebot am Siebold-Gymnasium bei. Dort unterrichtet Atsuto Betsui seit über 20 Jahren Japanisch als Wahlfach für Würzburger Schüler.
"Früher war mehr", sagt Wolfgang Klein-Langner. Der 77-jährige ehemalige Banker ist Würzburgs oberster "Japan-Botschafter": Vor 40 Jahren war er wesentlich am Entstehen der Städtepartnerschaft beteiligt, ist Mitbegründer der Siebold-Gesellschaft, deren Mitglieder viele Kontakte nach Japan pflegen. Klein-Langner, der seine Japan-Leidenschaft bei der Hochzeitsreise mit seiner Frau Waltraud zur Weltausstellung 1970 in Osaka entdeckte, hat bereits 37 Japan-Reisen hinter sich. "Und fast immer war ich auch in Otsu", erzählt Klein-Langner. Er hat jahrzehntelang deutsch-japanische Aktivitäten angeschoben und begleitet.
Seine Bilanz, dass "früher mehr war", bezieht er vor allem auf die offizielle Partnerschaftspflege seitens der Stadt. Zwar sind nach OB Zeitler und dessen Nachfolger Jürgen Weber auch weitere Oberbürgermeister nach Otsu gereist, doch nicht mehr wie einst in Begleitung eines größeren Trosses städtischer Repräsentanten - "und an so etwas messen die Japaner die Wertschätzung", sagt Klein-Langner. Seinem Empfinden nach sei auch der Austausch im kulturellen und sportlichen Bereich - früher trugen zum Beispiel die Rudervereine Wettkämpfe aus - zurückgegangen. "Auf der Bürgerschiene läuft die Partnerschaft aber nach wie vor erfreulich", bekräftigt er.
Die zweite Heimat der Teemeisterin
Dazu trägt nicht zuletzt Barbara Lohoff mit ihren zahlreichen Kontakten und Freundschaften bei. Für die 55-jährige ist Otsu "meine zweite Heimat", die sie nach Möglichkeit jährlich besucht. In Würzburg geboren, kam sie in den 90-er Jahren nach Osaka, um zu studieren und als Ingenieurin zu arbeiten. Firmenprojekte führten sie nach Otsu, wo sie dann neben fortgesetztem Teestudium auch als Dolmetscherin arbeitete.
Nach acht Jahren in Japan kehrte sie zurück - und blieb Japan verbunden: als Dolmetscherin und Gästeführerin für japanische Touristen. Und als Teemeisterin betreut sie die Teezeremonien im Siebold-Museum. Warum sie das alles macht? "Ich kann die Welt nicht verändern. Aber es ist eine Möglichkeit, das Verständnis für andere Menschen zu fördern. Da wird die Welt auch kleiner und wärmer." Diese Erkenntnis erhofft sich Lohoff auch für die Teilnehmer der Bürgerreise im April, bei der sie Reiseleiterin ist.
Die Schwarzmann-Schwestern als Küchen-Botschafterinnen
Befreundet ist Lohoff mit Anneliese und Margarethe Schwarzmann, den Inhaberinnen des Hotels "Stadt Mainz" in der Semmelstraße. Das ist quasi eine japanische Außenstelle: Unzählige Japanbesucher übernachten dort jährlich, was nicht zuletzt auf den ersten Otsu-Besuch von Anneliese Schwarzmann (74) herrührt: 1986 brachte sie dort in Kochkursen japanischen Hausfrauen fränkische Küche mit Ochsenschwanzragout und Semmelklösen bei. Daraus entwickelte sich ein lukullischer Austausch. Sieben Köche kamen in den Folgejahren in die "Stadt Mainz", lernten fränkisch Kochen und tischten Sushi auf, was seinerzeit hierzulande noch ein Fremdwort war.
"Am Frankfurter Flughafen haben wir Kochlöffel und Bratpfanne hochgehalten", erinnert sich Margarethe Schwarzmann (71) an die Verständigungswerkzeuge, als sie einen Koch aus Otsu abholten. Viele von ihnen kamen aus dem "Würzburg Haus" am Biwa-See, in dem Blaue Zipfel und ein Schoppen Silvaner aufgetischt werden und in dem es eine ganze "Schwarzmann-Wand" gibt: mit Fotos von den zahlreichen Begegnungen.
Die kleine Alternative zu einer Otsu-Reise
Und für wie lebendig hält OB Christian Schuchardt, bislang zweimal in Otsu zu Gast, die deutsch-japanische Verbindung? "Aus der förmlichen Partnerschaft ist längst eine lebendige und tiefe Freundschaft zwischen den Menschen geworden." Trotz der großen räumlichen Distanz pflegten immer wieder Menschen aus Otsu und Würzburg direkte und persönliche Kontakte. "Diese gegenseitigen Besuche sind ein Zeichen für eine gelebte Partnerschaft", stellt Schuchardt fest. Seine Amtskollegin Naomi Koshi soll dieses Jahr nach Würzburg kommen.
Und wem der Weg nach Otsu doch zu weit ist, kann stattdessen eine kleinere Fernost-Reise starten: Mit einem acht Kilometer langen Fußmarsch vom Marktplatz in die Otsustraße am Heuchelhof.