Was Würzburg mit Japan verbindet? Nein, es sind nicht in erster Linie Sushi-Bars – sondern ein Mann, an den ein Gymnasium, eine Straße und ein Museum erinnern. Der 1796 in Würzburg geborene Philipp Franz von Siebold, als Arzt, Naturforscher, Botaniker, Ethnologe und Sammler ein Multitalent, schlug eine große Brücke ins Land der aufgehenden Sonne. Sein Wirken ist im Siebold-Museum auf dem Bürgerbräu-Gelände zu sehen – und auch etwas versteckt. Würzburgs „Japan-Zentrum“ kennt nicht jeder, die Besucherzahlen halten sich in Grenzen.
Grund zum Feiern gibt's dennoch: Das Museum ist heuer 20 Jahre alt, der Betreiber, die Siebold-Gesellschaft 30 Jahre. Diese Jubiläen werden mit einem Festakt an diesem Freitag und einem Familientag am Sonntag im Museum gewürdigt.
„Siebold und auch das Museum sind in Japan bekannter als hierzulande.“ Das sagt, Würzburgs „Japan-Botschafter“ Wolfgang Klein-Langner nach 29 Reisen nach Fernost. Der 76-jährige ehemalige Banker war wesentlich an der 1979 entstandenen Städtepartnerschaft mit Otsu beteiligt, ist Mitbegründer der Siebold-Gesellschaft und schob beharrlich das Museums-Projekt an. „Viel Arbeit, viel Ärger, aber letztlich viel Freude“, zieht er eine positive Bilanz.
Klein-Langner steht dabei an einem Stadtmodell mit kleinen roten Blinklichtern: „Die zeigen die Arbeits- und Forschungstationen von Siebold in Nagasaki.“ Das Modell ist ein Geschenk der Japaner, die dem Spross einer Würzburger Ärztefamilie bereits 1989 ein Museum widmeten. „Das war ein wichtiger Anstoß für das Würzburger Pendant“, erinnert sich Klein-Langner.
Dieses zeigt auf rund 400 Quadratmetern und zwei Stockwerken Siebolds Weg und Wirken in Würzburg wie in Japan, wo er von 1823 bis 1830 und von 1859 bis 1862 arbeitete, lehrte, forschte und sammelte. „Einiges stammt von seinen Nachfahren“, erzählt Klein-Langner über die über 1000 Exponate, die er und Mitstreiter über die Jahre für die Dauerausstellung „mühsam zusammengetragen“ haben. Familienbilder, medizinische Instrumente, Arzneiflaschen, ein Schädel mit Nervensträngen, gemalte Porträts, ein Modell von Siebolds Reiseschiff, Porzellan, getrocknete Pflanzen, Samurai-Schwerte oder eine Rüstung zeigen nicht allein Autobiografisches, sondern geben auch – wie das Teezimmer im Untergeschoss und die Bibliothek mit 20 000 Büchern im Obergeschoss – Einblicke in die japanische Geschichte und Kultur.
Hierzu trugen in den vergangenen 20 Jahren nicht zuletzt fast 100 Sonderausstellungen zu japanischer Kultur, Historie und Politik bei. Zudem belebten über 150 Vorträge, 75 Konzerte sowie Lesungen, Kurse und Sonderführungen für japanische Gäste das Museum – und nicht zuletzt die Völkerverständigung und Kontaktpflege über 9000 Kilometer Luftlinie hinweg.
Das war und ist ein Hauptanliegen der am 14. Oktober 1985 gegründeten Siebold-Gesellschaft, die auch Bürgerreisen ins Land der aufgehenden Sonne organisiert und rund 300 Mitglieder zählt. „Die wenigsten allerdings aus Würzburg“, erzählt Klein-Langner. Neben ihm riefen sein ehemaliger Lehrer, der Würzburger Historiker Werner Dettelbacher sowie Eugen Emmerling als Vertreter der Stadt die Gesellschaft ins Leben. Die Nachfolge von Klein-Langner ist schon geregelt. Seit drei Jahren ist Udo Beireis Vorsitzender.
Klein-Langner entdeckte bei einem Besuch der Weltausstellung in Osaka 1970, die gleichzeitig seine Hochzeitsreise war, seine Japan-Leidenschaft. Und nicht nur er. „Ohne meine Frau hätte ich das alles nicht geschafft.“ Waltraud Klein-Langner zählt zum fünfköpfigen Team, das sich um den sechstägigen Museumsbetrieb, um die Organisation von Ausstellungen und Veranstaltungen kümmert.
Die Entstehung des Museums war nicht einfach, wie sich Klein-Langner erinnert. Zwar wünschte sich die Stadt ein Gegenstück zur Siebold-Erinnerungsstätte in Nagasaki. Doch erst einmal lehnte der Stadtrat eine 500 000-Euro-Spende aus Japan dafür ab, aus Sorge um die Folgekosten für die Stadt. Doch dann nahm man das Geld doch an – ein willkommener Zuschuss bei 1,3 Millionen Euro Umbaukosten. Nicht zuletzt Spenden von Firmen und Stiftungen aus Würzburg und Japan ermöglichten das Museum in der ehemaligen Direktionsvilla der Bürgerbräu aus der Gründerzeit. Eröffnung war am 3. Juli 1995.
Die städtische Immobilie darf die Gesellschaft mietfrei nutzen, die Stadt überweist zudem jährlich einen Zuschuss von 30 000 Euro. „Das deckt nur die Betriebskosten“, sagt Klein-Langner, „das Geld fürs kulturelle Angebot müssen wir erwirtschaften.“ Das kommt jeweils zu einem Drittel aus dem Verkauf von Japan-Büchern und Souvenirs, von Spenden und Eintrittsgeldern.
Letztere halten sich in Grenzen, denn zahlende Besucher sind es jährlich nur etwa 2000 – obwohl jedes Jahr über 10 000 Touristen aus Japan nach Würzburg kommen. „Die haben aber ein eng getaktetes Besichtigungsprogramm, bei dem keine Zeit fürs Museum bleibt“, sagt Klein-Langner. Seine Hoffnung: Mit dem derzeit entstehenden Kultur- und Kreativ-Zentrum auf dem Bürgerbräu-Gelände kommt mehr Leben ins Quartier.
Das Festprogramm
Festakt: An diesem Freitag, 9. Oktober, werden um 11 Uhr im Ratsaal des Rathauses 30 Jahre Siebold-Gesellschaft und 20 Jahre Siebold-Museum gewürdigt. Peter Pantzer, emeritierter Professor für Japanologie, hält den Festvortrag. Gäste sind willkommen.
Ausstellung: An diesem Samstag, 10. Oktober, wird im Siebold-Museum auf dem Bürgerbräu-Gelände in der Frankfurter Straße um 17 Uhr eine neue Sonderausstellung eröffnet: Zu sehen sind Bilder von Mitgliedern der Down-Syndrom-Gruppe aus Würzburgers Partenstadt Otsu.
Familientag: An diesem Sonntag, 11. Oktober, ist im Siebold-Museum von 10 bis 20 Uhr Familientag mit einem bunten Programm und japanischen Speisen. Unter anderem gibt's ab 15 Uhr Teezeremonien, Maiko-Schminken für Kinder und Lesungen, um 18 Uhr ein Trommelkonzert der Gruppe Todorki und von 14 bis 17 Uhr Origami (Papierfalten) sowie ab 17 Uhr Ikebana (Blumenstecken). Der Eintritt ins Museum ist frei.