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Würzburg
Kommentar: Zur Entlastung von Robert Scheller gehört auch Selbstkritik und Souveränität
Das Gutachten entlastet den Kämmerer. Unsere Autorin findet, dass er trotzdem Anlass zur Selbstkritik hat und OB Schuchardt mehr Souveränität zeigen könnten. 
Das Würzburger Rathaus: Die Führungskräfte sollten sich moralisch sauber verhalten.
Foto: Johannes Kiefer | Das Würzburger Rathaus: Die Führungskräfte sollten sich moralisch sauber verhalten.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:19 Uhr

Für Robert Scheller war das vergangene halbe Jahr nicht einfach: Wer möchte schon, dass öffentlich diskutiert wird, ob man sich richtig verhält? Verständlich, dass er über die juristischen Entlastung durch das Compliance-Gutachten erleichtert ist.  

Doch der Kämmerer könnte jetzt nicht nur seine eigene Position gestärkt sehen. Er könnte diese auch  hinterfragen und die Meinungen anderer bedenken. Dass er das tut, merkt man bislang nicht. 

Der Kämmerer benennt keine Verantwortung für den Vertrauensverlust  

Robert Scheller hat in der Stadtratssitzung bedauert, dass er durch die öffentliche Debatte über seine privaten Immobiliengeschäfte Vertrauen verloren hat. Seine eigene Verantwortung benannte er nicht. Er hat sie aber. Denn als Liegenschaftsreferent hätte er sich und der Stadt Vertrauensverluste ersparen können, wenn er entweder aufgrund vom absehbaren "Geschmäckle" auf Projekte in Würzburg verzichtet hätte. Oder wenn er diese von Anfang an öffentlich gemacht hätte: Die DGS Gesellschaft gibt es seit 2001, eine Homepage hat sie erst jetzt.

Der Finanzreferent darf in Würzburg Gesellschafter einer Immobilienfirma mit beachtlicher wirtschaftlicher Tätigkeit bei Vermietung und Verpachtung sein, weil die Einkünfte daraus sein privates Familienvermögen vermehren. Das mag für Rechtsanwälte schlüssig sein, wirkt trotzdem wie ein juristisches Schlupfloch. Ist alles was rechtlich möglich ist, auch richtig? Diese Frage hätte sich Scheller ebenfalls stellen können.

Der Oberbürgermeister äußert sich nicht zur Moral

Auch Schellers Dienstherr, OB Christian Schuchardt, kann sich über die Entlastung seines Mitarbeiters freuen. Und er könnte jetzt mehr Souveränität zeigen - zum Beispiel: Alle Fraktionen des Stadtrats außer die der CSU halten die privaten Immobiliengeschäfte Schellers in Würzburg für politisch unklug und für moralisch fragwürdig. OB Schuchardt sagt dazu nichts. Doch ein Stadtoberhaupt sollte in dieser Frage eine klare Meinung haben und auch äußern. Warum? Weil moralisch sauberes Verhalten von Führungskräften wesentlich für Vertrauen in Politik und Demokratie ist.

Wichtig für dieses Vertrauen sind übrigens auch wachsame Medien. Schuchardt spricht nach der Berichterstattung dieser Redaktion von  "kriminalisierenden Anwürfen". Hier übersieht er die Tatsachen: Die Redaktion warf Scheller keine Verstöße gegen das Strafrecht vor. Stattdessen zitierte sie Juristen und Wirtschaftsexperten, die in der Doppelrolle des Kämmerers Hinweise auf Interessenskonflikte sehen. Die Untersuchung der Düsseldorfer Kanzlei hat diese Hinweise nicht bestätigt. 

Trotzdem waren die Vorwürfe nicht "haltlos", wie der OB meint. Sonst hätte der komplette Stadtrat sich nicht so intensiv damit beschäftigt und kein Gutachten beauftragt, um sie zu klären. Und Scheller hätte sich wohl auch nicht entschlossen, künftig keine Projekte mehr in Würzburg anzugehen. 

 
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  • Klaus B. Fiederling
    habs neulich schon gesagt: Ä Gschmäkle bleibt, vielleicht wirds auch bald noch ein größerer Geruch werden.
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  • Ralf Eberhardt
    Vielen Dank für diese Reflektion, sehr geehrte Frau Göbel! Diese ist aus meiner Sicht vollkommen nachvollziehbar und richtig. Letztlich wird diese aber auf nicht fruchtbaren Boden bei Herrn Scheller, Herr Schuchardt und den ganzen CSU-"Freunden" fallen, da dort die Legalität Priorität vor der Moral hat. Traurig, aber wahr. Und für mich bezeichnend für den Zustand vieler Menschen, die qua Wahl Verantwortung tragen.
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