Das Jahr hat kaum begonnen, schon ist an Bayerns Schulen der Neustart des Präsenzunterrichts zwei Mal verschoben worden. Der Unterrichtsstoff ist eingedampft, die Zahl der Klausuren abgespeckt. Nicht, dass dies allein kritikwürdig wäre – im Gegenteil, die Änderungen entsprechen der verstörenden Corona-Realität. Doch Bayerns Kultusminister Michael Piazolo beharrt darauf, gleichzeitig die "hohe Qualität der bayerischen Schulbildung mit Blick auf die Abschlussprüfungen zu erhalten“. Das ist nicht nur unlogisch, sondern auch zu kurz gedacht.
Was Bayerns Schüler gelernt haben: Plattform-Hopping und eigenständiges Arbeiten
Denn indem sich der FW-Minister an die über Jahrzehnte beschworene bayerische Bildungsqualität klammert und diese auch im zweiten Coronajahr zum hehren Ziel erklärt, verkennt er die Lebenswirklichkeit der Schüler. Damit ist nicht gemeint, dass pubertierende Schülerinnen im Herbst statt Make-Up zwangsweise Masken trugen und die Schüler im Lockdown-Winter vom Kinder- statt vom Klassenzimmer aus lernen.
Und sie lernen ja wirklich: Gerade jene Kinder, deren Schulen sich der Lernplattform Mebis verpflichtet fühlten, haben das Einloggen nach Zeitslot perfektioniert und Lernplattform-Hopping geübt. Außerdem – und das ist frei von Ironie gemeint – haben viele Schüler gelernt, sich selbst zu strukturieren und zu organisieren, eigenständiger als bisher zu arbeiten, Online-Referate zu halten und digitale Kontakte zu pflegen.
Grundsätzlich ist das gut. Doch angesichts der bayernweit unterschiedlich gut funktionierenden digitalen Infrastruktur, der vielen Quarantänefälle in den Schulen und der unkalkulierbaren Lernvoraussetzungen in den Familien sind die Leistungen der einzelnen Schüler viel schlechter vergleichbar als vor Corona. Was das bedeutet? Dass Bildungsgerechtigkeit nicht mehr gewährleistet werden kann.
Ist aber Bildungsgerechtigkeit nicht garantiert, sagen Noten weniger über die Fähigkeiten der Kinder aus. Und sie dürfen dann nicht mehr in dem Maß über Bildungskarrieren entscheiden wie vor der Pandemie. Statt ein Qualitätsideal aus Vor-Corona-Zeiten hochzuhalten, sollte der Kultusminister pragmatische Lösungen für die Krise propagieren – wie die Vereinfachung von Übertrittsverfahren und Freischüsse bei Prüfungen. Piazolo sollte angesichts der drohenden Virus-Mutante, der erwartbaren Impfverzögerungen und neuen Lockdowns die Not-Abschlüsse nicht ausschließen - sondern angehen. Und er sollte mit Wirtschaft und Hochschulen bürokratiearme Möglichkeiten erarbeiten, wie Abschlussschüler trotz unzureichender oder aussageschwacher Noten weiterkommen.
Das hehre Bildungsideal verstellt den Blick auf die Belastung der Lehrer
Akzeptierte Piazolo Qualitätsveränderungen durch die unerbittliche Corona-Realität, nähme dies auch Druck von den Lehrern. Bayerns Lehrkräfte gehören zu jenen Gruppen, die in der Pandemie besonders stark gefordert sind. Im Frühjahr mussten die Pädagogen von jetzt auf gleich Online-Lehrkonzepte aus dem Boden stampfen, im Herbst lehrten sie vor potenziell virustragenden Schülerscharen, zum Winter hin sollten sie wieder virtuell unterrichten, kümmern und fördern.
Wenn Piazolo, vom Ministerpräsidenten gepusht, jetzt den ohnehin überlasteten Lehrern die Faschingsferien raubt und diese zur "Lernzeit“ umdeklariert, dann verärgert er sie über Gebühr und ohne Not. Piazolo braucht seine Pädagogen noch – und zwar gesund und motiviert.
Allerdings ist Piazolo nicht der einzige Schulexperte, der einem Bildungsideal anhaftet, das unwiderruflich vorbei ist. Auch der deutsche Lehrerverbandspräsident Heinz-Peter Meidinger warnt vor dem „Makel eines Not-Abiturs“. Wie Bayerns Schulminister verkennt er dabei, dass eine neue Zeit neue Vorgaben braucht. Im Moment gilt: Hauptsache durchkommen!
Also bitte - wenn kritisieren - dann doch richtig rum: das KM hat es seit Jahrzehnten NICHT auf die Reihe bekommen, Schule an die Bedürfnisse der Zeit anzupassen, reitet schon immer seine personellen Ressourcen kaputt (Stichworte: unverantwortlicher Umgang mit Referendar*innen, Verschleppung von neuen Planstellen) und ist über die Maßen unflexibel: ein großer Apparatschik, von dem Herr Piazolo nur die Spitze des Eisberges darstellt. Das war leider schon vor Corona so & kommt nunmehr an allen Ecken und Enden zum Vorschein.
Von seiner unterfränkischen Staatssekretärin ist gar nichts zu sehen.
Ein Hohn für alle Familien und Lehrer.
Wie hat der Narr bei der närrischen Weinprobe von der Kanzel, äh Treppe heruntergescherzt.
Endlich sehen die Eltern einmal, dass offensichtlich nicht immer nur die Lehrer an den miserablen Ergebnissen der Schüler schuld sind!
Natürlich fordert diese Zeit die Lehrer besonders, aber sie haben doch noch immer den bestbezahlten Halbtagsjob, der mit üppigen Ferien bestückt noch nicht einmal ein Halbtagsjob ist.
Also Eltern, Schüler und Lehrer einfach mal die Ärmel hochkrempeln und sich auf das Wesentliche, erziehen, lernen, lehren, konzentrieren!