
Montagmorgen, 8 Uhr in Würzburg. Statt in der Schule sitzen die Schüler vor ihren Laptops und Handys und warten auf den "virtuelle Startschuss" zum Schulstart im neuen Jahr, zu dem das Kultusministerium aufgerufen hatte. Doch dieser fiel holprig aus.
"Meine beiden Kinder saßen wie aufgefordert an ihren Schreibtischen", erzählt ein Vater dieser Redaktion. Doch statt dem geplanten Unterricht passierte nichts. "Wir konnten auf kein Portal zugreifen, ob Schulmanager, Homeworker oder auf der Homepage. Dabei sind wir mit zwei Laptops und einer 50 000 DSL-Leitung zuhause sehr gut ausgestattet. Das ist ärgerlich, denn wer nicht anwesend ist, gilt als unentschuldigt, so stand es im Elternbrief", erklärt er.
Homeschooling statt Präsenzunterricht
Damit ist er nicht alleine. "Die Telefone sind am Morgen schon heiß gelaufen", berichtet Schulleiter Ingolf John von der Wolfskeel-Realschule in Würzburg. "Auf der Plattform 'Schulmanager' gab es Verzögerungen, das war aber ein bayernweites Problem. Im Laufe des Tages hat sich die technische Situation aber merklich verbessert."
Die Wolfskeel-Realschule nutzt die Plattform bereits seit Anfang des Schuljahres. "Das funktioniert bisher ganz gut", sagt Schulleiter John. "Wir haben die Zahl der Videokonferenzen erhöht und den Austausch zwischen den Schülern und Lehrern verbessert und mittlerweile eine gute Mischung zwischen Videos, Chats und Arbeitsaufträgen."
Das Röntgen-Gymnasium hat eine eigene Service-Hotline
Am Röntgen-Gymnasium verlief der Schulstart ohne technische Probleme, erklärt Schulleiter Klauspeter Schmidt. Und falls doch, habe die Schulleitung vorgesorgt: "Bei Problemen können unsere Schüler und Lehrkräfte unsere Hotline anrufen, die wir zusätzlich eingerichtet haben", so Schmidt.
Im Röntgen-Gymnasium ist der digitale Unterricht keine große Herausforderung mehr. Seit November nutzt die Schule die Plattform MS Teams. Das Lehrpersonal wurde dafür vorab geschult. Mittlerweile deckt die Schule 40 Prozent des Unterrichts mit Videokonferenzen ab. 24 Klassenzimmer wurden mit HD-Kameras und Mikrofonen ausgestattet, "damit können die Lehrer direkt aus dem Klassenzimmer streamen. Mit dem neuen Glasfaserkabel-Anschluss funktioniert das ohne Probleme", sagt Schulleiter Schmidt.
Ohne die Förderungen der Stadt, des Fördervereins sowie mit Spenden von Eltern und dem Elternverein wäre das wohl nicht möglich gewesen, so der Schulleiter. Denn pro Klassenzimmer kostet das rund 500 Euro.
Technische Probleme verstärken soziale Ungleichheiten
Nicht alle Schulen sind so professionell ausgestattet. Einige Schulen haben noch nicht einmal einen WLAN-Anschluss, geschweige denn Highspeed-Internet mit Glasfaserkabel. Sie warten schlichtweg auf die fehlende Infrastruktur, so auch die Mittelschule Würzburg-Heuchelhof. "Die Router hängen bereits. Wir bekommen demnächst auch Tablets für die Schüler. Aber die Glasfaserkabel müssen noch verlegt werden. Bis dahin haben wir kein WLAN", sagt Schulleiter Winfried Gintschel.
Und das, obwohl die Stadt den Glasfaserkabel-Ausbau in den Schulen schon im vergangenen Jahr in die Wege geleitet hat: "Es dauert so lange, weil in einigen Stadtteilen noch gar keine Glasfaserkabel verlegt wurden. Da muss die gesamte Infrastruktur neu geschaffen werden", erklärt Schulbürgermeisterin Judith Jörg.
Wann es an allen Schulen Highspeed-Internet geben wird, liegt auch an den Internet-Anbietern: "Einige Anbieter machen konkrete Zeitpläne, andere sagen, es könne bis zu 24 Monate dauern", so Jörg.
Schulen kämpfen nicht nur mit technischen Problemen
Die Qualität des Homeschoolings hängt aber von weitaus mehr ab, als der Internet-Verbindung.
Wie Schulen und Lehrkräfte den Distanzunterricht gestalten, ist nicht geregelt. Das führt zwischen den Schulen auch zu pädagogischen Unterschieden, wie jener Vater berichtet: "Meine Tochter ist im Siebold-Gymnasium, mein Sohn im Deutschhaus-Gymnasium. Das Siebold-Gymnasium ist sehr bemüht das Beste aus der Situation zu machen. Die Lehrer sind motiviert und machen täglich Videokonferenzen. Das sieht bei meinem Sohn anders aus. Manche Lehrer machen gar keine Videochats, sondern stellen nur Arbeitsaufträge ins Netz. Wissensvermittlung ist da Fehlanzeige. So gefährden wir die Bildung einer ganzen Generation", kritisiert er.
Der digitale Unterricht verstärkt die soziale Ungleichheit. Nicht alle Kinder haben Zugang zum WLAN oder einen Computer, den sie nutzen können. Deswegen hat die Stadt im vergangenen Jahr 1411 Notebooks und 766 Tablets im Wert von 2,5 Millionen Euro bestellt, die an diese Kinder verliehen werden sollen. Doch auch das dauert, erklärt Jörg.
Die Hersteller kommen mit der Produktion nicht nach, sagt sie: "Erst hieß es, die Laptops kommen im Dezember, dann Februar und jetzt müssen wir von April ausgehen. Laut Hersteller sind die Laptops noch auf dem Lieferweg."
Die Mittelschule am Heuchelhof wird derweil selber aktiv, wie Schulleiter Gintschel erklärt: "Wir haben Lehrkräfte, die zu den Schülern nach Hause fahren und ihnen die Schulunterlagen bringen. Könnten wir selber entscheiden, welche Kinder zur Notbetreuung in die Schule kommen, könnten wir auch soziale Faktoren berücksichtigen. Wenn das so weiter geht produzieren wir in den nächsten zehn Jahren eine Verlierer-Generation."
Es ist schön zu sehen wie gut persönliches Engagement funktioniert und andererseits peinlich dass es hier überhaupt notwendig ist.
Das habe ich am 28.5.20 in diesem Forum geschrieben. Es gehörte nicht viel dazu, das vorauszusehen, was wir jetzt erleben.
Es war auch klar, dass bis in den Herbst hinein in den Schulen nichts passieren würde, um sich auf die 2. Welle der Pandemie vorzubereiten. Aus eigener Erfahrung kann ich nur bestätigen, dass manche Lehrkräfte nicht dazu bereit sind, sich auf einen digitalen Unterricht einzulassen. Im Frühjahrslogdown bekam unsere Tochter von einem Lehrer ein Mal Unterlagen übermittelt: Per Brief!
So traurig das ist: Das einzige, was dieses Jahr zuverlässig im Schulsystem funktionierte, war das pünktliche Verschwinden der Wohnmobile von den Lehrergrundstücken zum Beginn der Pfingst- und Sonmmerferien.
Die „globale Megaplattform“ Teams rettet gerade großen Teilen der Wirtschaft u. einigen Schulen den*******Leider haben aber eben einige auch auf abstruse Lösungen gesetzt. Aus ideologischen Gründen („M$ hat zuviel Macht“/„Bill Gates steuert uns“), technischem Unverständnis („Ist doch eh alles gleich“) oder falschem Geiz. Es ist genau der Punkt, dass zuwenige verstehen WIE performant und skalierbar ein System sein muss um sowas zu wuppen („Privat mit Skype u. WhatsApp hab ich ja auch keine Probleme –also geht’s da auch). Und dann kommt noch die besondere Klassifizierung von Kindern im Datenschutz/EUDSGVO hinzu. Piazolo hätte klar Position beziehen müssen, überlässt das Problem mow. aber überforderten Direktoren
Und gegen Datenschutz wird von MS immer wieder verstoßen.
Auch wenn kurzfristig keine andere Lösung gefunden werden kann muss trotzdem nach Alternativen gesucht werden, da sich das Verhalten unserer amerikanischen Freunde kaum ändern wird.
Was nicht funktioniert sind die vielen selbstgebastelten Plattformen (Mebis, Schulmanager,...) die nicht funktionieren und die auch in den letzten Monaten nicht verbessert wurden.
Es ist kompliziert und nicht effektiv wenn für jede Anwendung (Videokonferenz, Chat, Datenaustausch,...) unterschiedliche Lösungen verwendet werden. In einer professionellen Plattform hat man alles an einer Stelle beisammen.
Leider werden keine vernünftigen und funktionierenden Plattformen eingesetzt. Wir bekommen leider auch nicht landesweit oder zumindest schulweit einheitliche Lösungen hin. Ein Lehrer nutzt Mebis für Informationen, Schulmanager für Chat, Videokonferenz und Daten, der nächste Lehrer der gleichen Schule nutzt Zoom und Email usw. Für die Kinder Chaos.
Das sind im Kultusministerium sicherlich 2 verschiedene Sachbearbeiter zuständig. Der eine sagt so, der andere so.
Fakt ist: Teams ist überhaupt nicht überlastet. Es funktioniert. Gerade in den Unternehmen mit tausenden Mitarbeitern. Und offensichtlich auch im Röntgen-Gymnasium.
Die Aussage "Die globalen Megaplattformen sind überlastet und überfordert." ist schlichtweg falsch.
Und nein, ich arbeite nicht für Microsoft.
I_st vielleicht auch eine Folge der m. W. nicht mehr stimmigen Alterspyramide beim Lehrkörper und geplatzter Lebens- und Karrierepläne.