
Immer mehr Eltern hinterfragen traditionelle Erziehungsmethoden, bei denen Bestrafung eine zentrale Rolle spielt. Der Klaps auf die Hand, scharfe Worte oder die Auszeit im Zimmer: Viele Erwachsene haben selbst solche Maßnahmen in ihrer Kindheit erlebt. Doch in der Wissenschaft herrsche heute weitgehend der Konsens, dass diese Methoden langfristig schädlich sein können, sagt Marcel Romanos, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Würzburg.
Jede Form von Strafe – sei es körperliche Gewalt wie der "Klaps" oder seelische Gewalt durch Drohungen, Anschreien oder Liebesentzug – könne das Verhalten von Kindern langfristig negativ beeinflussen, so Romanos: "Kinder, die häufig bestraft werden, zeigen im Durchschnitt schlechteres Verhalten, leiden häufiger unter psychischen Problemen und haben ein geringeres Selbstwertgefühl." Romanos beton, dass Kinder, die Angst vor Strafen haben, langfristig eher Verhaltensauffälligkeiten entwickeln und mehr Probleme im sozialen Umfeld zeigen. "Es ist effektiver, Kinder positiv zu bestärken, statt zu bestrafen", sagt Romanos.
Straffreie Erziehung setzt auf Beziehung statt Angst und Beschämung
Auch körperliche Strafen, die in vielen Kulturen über Generationen als "normal" galten, können Romanos zufolge tiefe Spuren bei Kindern hinterlassen. Erwachsene, die in ihrer Kindheit Gewalt erlebten, seien nicht nur häufiger selbst anfällig dafür, Gewalt in ihren eigenen Familien auszuüben, sondern haben auch ein erhöhtes Risiko, psychische Erkrankungen zu entwickeln. Solche negativen Kindheitserfahrungen würden die Wahrscheinlichkeit für Depressionen, Angststörungen und sogar körperliche Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme und Diabetes im späteren Leben erhöhen.

Eltern, die auf straffreie Erziehung setzen, würden laut der Psychologin Stefanie Frahsek von der Erziehungsberatungsstelle der Stadt Würzburg davon ausgehen, dass das Verhalten eines Kindes immer einen Grund hat, auch wenn dieser nicht sofort erkennbar ist: "Ein Kind, das seine Hausaufgaben verweigert, könnte überfordert sein oder schlicht Aufmerksamkeit suchen." Statt das Verhalten sofort zu sanktionieren, sei es wichtig, nach dem dahinterliegenden Bedürfnis zu fragen.
Erziehungsberaterin: Straffreie Erziehung bedeutet nicht, dass es keine Grenzen gibt
"Kinder wollen eine gute Beziehung zu ihren Eltern und orientieren sich an deren Vorbild", sagt Frahsek. Deshalb sei es entscheidend, auf Beharrlichkeit zu setzen, statt auf Strafen. Das bedeute jedoch nicht, dass dem Kind alles erlaubt wird. Es gehe vielmehr darum, klare Regeln und Erwartungen zu formulieren, diese geduldig zu wiederholen und durchzusetzen, ohne das Kind durch Bestrafung zu kontrollieren: "Die Alternative zu Strafen ist eine gute Beziehung."
Ein festes Konzept gebe es für "straffreie Erziehung" nicht. Es gehe darum, auf Sanktionen zu verzichten, da jede Form von Bestrafung, auch seelische, Kindern schadet: "Studien zeigen, dass Strafen wie Anschreien, Ignorieren oder Liebesentzug langfristig zu schlechterem Verhalten und psychischen Problemen führen können", erklärt die Erziehungsberaterin.
Frahsek zufolge fördert eine respektvolle Haltung gegenüber dem Nachwuchs eine langfristig bessere Beziehung, weniger Machtkämpfe und einen höheren Selbstwert bei Kindern. "Kinder entwickeln Selbstvertrauen, wenn sie spüren, dass die Eltern an ihre positive Entwicklung glauben."
Zweifache Mutter Norma Rudat: "Kinder sind die besten Therapeuten"
Auf eine solche Erziehung setzt auch die zweifache Mutter Norma Rudat aus Winterhausen. Sie und ihr Mann erziehen ihre Kinder bedürfnisorientiert: "Für mich sind Strafen jede Form von Entzug, etwa Liebesentzug, oder körperliche und seelische Gewalt", sagt sie. Sie sei bemüht, alte, automatisierte Muster zu durchbrechen, da sie selbst als Kind Strafen und Beschämung erlebt habe. Doch das sei schwer, besonders in stressigen Situationen: "Auch mir passiert es, dass ich Drohungen ausspreche oder meine Kinder schimpfe. Das ist menschlich, wir alle haben unsere Päckchen zu tragen."

Wichtig sei ihr, dass ihre Kinder sich sicher fühlen und so sein dürfen, wie sie sind. Bei Konflikten setzt Rudat auf klare Grenzen und die Einfühlung, welches Bedürfnis hinter dem Verhalten steckt, ohne zu beschämen. "Statt zu bestrafen, möchte ich die innere Motivation zum Kooperieren bei meinen Kindern fördern. Denn es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, Teil einer Gemeinschaft zu sein." Strafen und Belohnungen dagegen lehne sie ab, da diese nur auf äußeren Faktoren basieren. Die zweifache Mutter setze außerdem auf natürliche Konsequenzen: "Ich sage dann zum Beispiel, wenn du die Zähne nicht bald putzt, bleibt weniger Zeit zum Vorlesen."
Für Rudat sei es auch wichtig, sich selbst gegenüber nachsichtig zu sein, wenn Fehler in der Erziehung passieren: "Es gehört dazu, dass ich versuche, liebevoll zu sein, wenn ich meine Kinder mal nicht so behandelt habe, wie ich gern will. Bei manchen Dingen bin ich auch kritisch, wenn es zum Beispiel um meine genaue Wortwahl geht", sagt sie. Kinder sieht sie dabei als "beste Therapeuten", weil sie den Eltern oft ihre unbewussten, dunklen Seiten spiegeln. Das gebe die Chance, alte Muster zu erkennen und zu durchbrechen.
Trotzdem lernen wir aktuell drastisch, wie erfolgreich mit Anwendung von gruppendynamischen Prozessen manipuliert wird, bes. bei Jugendlichen und im Internet. Was könnten Eltern frühzeitig tun, gegensteuern?
Situativ vorher nachdenken:
Wo bringt uns das eine, wo das andere davon hin? Selten erlebt!
Forderungen für eine Art Eltern-Beratung gab es, Wirkungen wenig. Nur können die Folgen der ein oder anderen Vorgehensweise inzwischen viel dramatischer ausfallen.
Ich bin nicht sicher, ob nicht eine ausgewogene Balance, angepasst an das Kind, alters- umfeldgerecht die Basis erfolgreicher Erziehung wäre. Nötigung und Gewalt jeglicher Art sind natürlich indiskutabel. Doch wie gepostet, nicht aus allen kl. Prinzen werden Könige. Aus manchen unselbstständige Angsthasen, Mobbingopfer und - Suizide!
Ein Kleiner hier wurde „ohne Zwang“ erzogen, was ständig Probleme bei roten Ampeln gab, weil er das Stop nicht einsah. Das Problem setzte sich fort, da er nicht zur Schule gehen wollte, dort Gebrüll veranstaltete, man erfolglos beim Psychologen landete, sich mit der Auswanderung der Eltern in zwei Länder nacheinander ohne Schulzwang fortsetzte, später mit online Schule/Internet und jetzt ist er endlich mitsamt seinem Rückstand und sozialen Anpassungsproblemen „drin“. Ob sich in der Klasse, Jugendgruppen und am Arbeitsplatz auszahlt, wenn er einem Vorgesetzten erklärt„ dazu habe er keine Lust“? Oder wie oft er rausfliegt, bevor er angemessenes Verhalten, inkl. unangenehmes mal akzeptieren, versteht?
Übrigens: hier bei uns gibt es neuerdings Wölfe, nicht weit! Wenn man sich mit Kind da vorsichtig adäquat zurückziehen muss, bleibt vielleicht keine Zeit für Lehrstunde über gefährliche Wölfe.
Worst case später beim Bund?
"... Die jetzt Kinder sind, werden ja einst die Geschäfte unserer Welt übernehmen, sofern dann noch etwas von ihr übrig ist. Sie sind es, die über Krieg und Frieden bestimmen werden und darüber, in was für einer Gesellschaft sie leben wollen. In einer, wo die Gewalt nur ständig weiterwächst, oder in einer, wo die Menschen in Frieden und Eintracht miteinander leben...
... Ein Kind, das von seinen Eltern liebevoll behandelt wird und das seine Eltern liebt, gewinnt dadurch ein liebevolles Verhältnis zu seiner Umwelt und bewahrt diese Grundeinstellung sein Leben lang... Sollte das Kind aber wider Erwarten eines Tages doch zu diesen Mächtigen gehören, dann ist es für uns alle ein Glück, wenn seinen Grundhaltung durch Liebe geprägt worden ist und nicht durch Gewalt."
sieht man ja gerade in Haßfurt
wo Jugendliche mit dem BMW der Eltern
in die Kläranlage gedonnert sind!
was empfehlen denn da die Experten als Strafe?
Kuscheln...
Aber
Wer Kinder wie kleine Prinzen erzieht, braucht sich nicht wundern, wenn sie sich wie Prinzen benehmen.
danke für Ihr Feedback. Ohne Bestrafung zu erziehen bedeutet laut der Experten gerade nicht, dass es keine Regeln und Grenzen gibt. Vielleicht wurde es nicht ganz deutlich im Artikel. Beste Grüße, Nargis Silva
Dies muss dann in irgendeiner Art und Weise für den Betroffenen spürbar sanktioniert werden. Und ob ich das nun Sanktion - Konsequenz - oder eben Strafe nenne, ist vollkommen egal. Eine Grenzübertretung muss eine Folge auslösen!
(Dass das weder körperliche noch seelische Gewalt sein darf, steht außer Frage - aber es muss Konsequenzen haben. Und das ist das, was ich als "Strafe" definiere, die Übertretung einer Grenze, das Brechen einer Regel! Auch das Überfahren einer Roten Ampel wird bestraft - und dabei wird mir weder körperlich noch psychisch Gewalt angetan, aber ich bekomme eine empfindliche Strafe, die in Zukunft ein anderes Verhalten hervorrufen soll!)
Ich bilde Jugendliche aus, was mittlerweile sehr schwierig ist, die Jugendlichen kennen keine Grenzen meinen alles besser zu wissen, Fehler machen Sie sowieso nicht, Selbstreflektion ist ein Fremdwort.
Und Ausbildung hat nichts mit physischer Gewalt zu tun.
Es gibt in jeden Betrieb in jeder Familie Hierarchie, das ist dann für solche Jugendliche schwierig da Sie es nie gelernt haben sich unterzuordnen, und durch Ehrgeiz und Engagement Ziele zu erreichen.
Ich möchte betonen nicht alle Jugendliche aber es werden immer mehr.
„Die heutige Jugend ist von Grund auf schlecht. Sie ist böse, gottlos und faul.“ - Mesopotamien
„Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Äußeres, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte.“ - altes Ägypten
„Sie sind Erwachsenen gegenüber respektlos und verbringen ihre Zeit damit herumzulungern und miteinander zu plaudern“ - Sokrates
„Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.“ - Aristoteles
Wovon im Artikel die Rede war: Seelische oder körperliche Misshandlung hat keinen Platz in der Erziehung. Aus Gewalt folgt niemals etwas gutes. Gegenseitiger Respekt ist wichtig, sowohl von der Seite der Älteren als auch der Jüngeren. Das bedeutet nicht, dass nicht Leistung eingefordert werden soll. Es kommt darauf an, wie dies geschieht.
Es soll und muss Leistung eingefordert werden - und wo dies nicht fruchtet, nutzt es gar nichts, sich in den Jugendlichen/das Kind einzufühlen und zu fragen, warum es so ist (wie im Artikel beschrieben von der Mutter praktiziert) - sondern da muss dann im Zweifelsfall auch mal ne glasklare Sanktion her! Ob ich es jetzt Sanktion nenne - oder Strafe - darüber lässt sich streiten, aber die Notwendigkeit von Konsequenzen, auch spürbaren, ist einfach Tatsache.
Und - wie Sie selbst schreiben: gegenseitiger RESPEKT ist wichtig - der aber immer weniger spürbar ist, gerade bei "straflos" aufgewachsenen Jugendlichen - so meine Meinung und Erfahrung.