Vertrauen ist ein Lebenselixier. Ohne Vertrauen keine funktionierenden zwischenmenschlichen Beziehungen – zu Freunden, Partnern oder Kolleginnen und Kollegen. Ob wir anderen Menschen mehr oder weniger vertrauen, hängt auch von unserer Kindheit ab. Die Würzburger Psychologin Prof. Andrea Reiter hat dies gerade mit einer Studie bestätigt. Ein zentrales Ergebnis: Eltern haben Einfluss darauf, wie ihre Kinder später mit anderen Menschen zurechtkommen.
Für die Untersuchung waren in England 570 junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 14 und 25 Jahren befragt und mit einer Art Simulationsspiel getestet worden – nicht nur einmal, sondern mehrmals in zeitlichem Abstand. So konnten die Forscher die Veränderung bei den Heranwachsenden beobachten.
Erwachsene haben mehr Vertrauen als Jugendliche
Denn gerade in der "sehr dynamischen Phase" der Pubertät tut sich viel, sagt Andrea Reiter. "Das Jugendalter ist eine Zeit voller sozialer Umbauprozesse. Hier erfolgt die Ablösung von der Familie, man etabliert eigene Kontakte und Freundschaften."
Die Professorin an der Uni Würzburg hatte die erhobenen Daten während ihrer Zeit als Post-Doktorandin in London ausgewertet und die Ergebnisse ihrer Studie inzwischen mit weiteren Autorinnen und Autoren veröffentlicht. Mit einigen Überraschungen.
Wer zum Beispiel erwartet hätte, dass Kinder oder Jugendliche blind vertrauen und Erwachsene deutlich vorsichtiger agieren, wird eines Besseren belehrt: Im Grunde ist es umgekehrt. Beim Heranwachsen nehmen Risikofreude und das Vertrauen in andere Menschen deutlich zu: "Mit zunehmendem Alter wurden die Teilnehmenden weniger vorsichtig und waren so eher bereit, ihr Vertrauen in andere zu setzen", bilanziert die Psychologin.
Dagegen tasten sich Jugendliche noch voran, sind unsicher. Reiter: "Soziale Erfahrungen haben bei ihnen einen besonders starken Effekt auf das Selbstwertgefühl. Man hat eher Angst, das Gesicht zu verlieren." Also prüften sie meist genauer, mit wem sie sich einlassen – es sei denn, sie werden von einer Gruppendynamik mitgerissen.
Weitere Erkenntnis: Teilnehmende, die familiäre Widrigkeiten wie Gleichgültigkeit, emotionale Kälte, Missbrauch oder übermäßige Kontrolle durch die Eltern erlebt hatten, entwickelten weniger Vertrauen. Oder positiv betrachtet: Kinder, die eine gute und verlässliche Beziehung zu ihren Eltern erleben, tun sich später leichter mit Vertrauen und Beziehungen zu anderen.
Es gehe nicht darum, Kindern alle Wünsche zu erfüllen, sagt Reiter. "Wichtig ist, dass Eltern ihren Kindern einen liebevollen stabilen Rahmen und Struktur geben, schon ab dem Säuglingsalter. Kinder müssen lernen: Auf A folgt B."
Dazu gehöre Lob genauso wie das Setzen von Grenzen. "Eltern sollten für ihre Kinder da sein, gemeinsame Freude erleben, sich interessieren – aber auch konsequent in ihrem Handeln sein", so die Psychologin.
Beruhigend für alle Eltern: Mal ein Patzer in der Erziehung ist kein Beinbruch. "Kinder sind davon nicht gleich traumatisiert", ist Reiter überzeugt. "Kindliche Gehirne lernen sehr schnell und verzeihen Fehler" – wenn die Eltern ansonsten liebevoll mit ihrem Nachwuchs umgehen und sich kümmern.
Und wie ist es bei Kindern, die sehr früh schon in Kita oder Kindergarten "abgegeben" werden? Ein erster Vertrauensbruch? Auch hier gibt die Forscherin Entwarnung – vorausgesetzt, die Betreuungsqualität stimmt. Kinder würden Vertrauen nicht nur zu Mutter und Vater, sondern zu mehreren Personen entwickeln: "Es ist extrem wichtig, dass sie diese Möglichkeit haben, Kinder sollen möglichst viele Sachen ausprobieren."
Resilienzfaktor: Trotz schwieriger Kindheit Vertrauen entwickeln
Übrigens: Nicht zwangsläufig muss eine schwierige Kindheit zu Beziehungsproblemen im Leben führen. Denn auch dies hat die Studie gezeigt: Manche Teilnehmende konnten negativen familiären Einflüssen trotzen – und trotz fehlender Zuneigung und Struktur in den ersten Lebensjahren später gute Verbindungen zu Gleichaltrigen knüpfen. Vertrauen half ihnen, die schlechten Erfahrungen aus der Kindheit zu überwinden. Für Andrea Reiter ein klarer Hinweis, dass Vertrauen ein "Resilienzfaktor" sein kann.
Die Erkenntnisse aus der Studie will Andrea Reiter nun in weiteren Untersuchungen vertiefen. Derzeit beschäftigt sie sich gezielt mit Jugendlichen, die an psychischen Problemen leiden und sich deshalb schwertun beim Aufbau stabiler sozialer Beziehungen. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Würzburg laufen Tests mit jungen Patientinnen und Patienten dazu.
Frau Reiter, ich wiederspreche Ihnen dazu zu 100%.
Von der Hebamme kommt die Empfehlung an die Eltern nach der Geburt eines Kindes Vertrauen aufzubauen, das Kind vertraut, es erkennt seine Eltern als d i e Bezugspersonen, kein Baby lässt sich so einfach auf eine fremde Person ein.
Sobald ein Kind zu früh in die Kita "eingewöhnt"wird, verliert es das erste Mal das Vertrauen, es kann sich zu dieser Situation nicht äußern, nicht Nein sagen, weiss nicht was los ist!!! Jetzt wird zum ersten Mal das Vertrauen gebrochen!
Ein Kindergartenkind kann sich ausdrücken, Signale geben, "fremden"Personen/ Erziehern Vertrauen schenken.
Es weiss schon bald, dass und je nach Tagesablauf und wann es wieder abgeholt wird, all das gehört zum Vertrauen!!
Sie schreiben: Eltern sollten für ihre Kinder da sein....wann? Abends? Nach der Ganztagsbetreuung? Nach der Arbeit/Hausarbeit?Wenn alle müde sind?
".....wie Eltern ihre Kinder für das Leben stärken"
Anstatt längst bekannte psychologische Realitäten über Resilienz, Bindungen, "Vertrauen" etc. mit großer Geste als "neu" zu verkaufen - und natürlich immer mit Würzburger "Bezug" - sollte sich die Mainpost einmal damit befassen, inwieweit Eltern (und Kinder) Vertrauen in die mit diesen Aufgaben und Pflichten betrauten Institutionen und Behörden hier haben können!
Ist bekannt, wie viele Elternteile, vorwiegend Väter, aktuell (!) und in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund von Inkompetenz, Gleichgültigkeit und Missbrauch eben des Vertrauens hilfesuchender Eltern durch Würzburger Institutionen Kontakt und Bindung zu ihren Kindern verlieren bzw. verloren haben - inklusive das Vertrauen in diese Institutionen?
Nein, nicht bekannt? Wie wäre es mal mit einer "Studie", gerne mit wirklichem lokalem Bezug!
Vertrauen? Nie wieder!