
Was ist wann in der Kita der Gemeinde Greußenheim passiert? Gut zwei Monate, nachdem zwei Mitarbeiterinnen wegen des "Verdachts auf fragwürdige Erziehungsmethoden" in einer Kleinkindgruppe freigestellt worden sind, haben Betroffene immer noch keine Antwort. Die Gemeinde hatte im Januar nebulös über "Ermittlungen" im Umfeld der Kita informiert. Anfragen beantwortete Bürgermeisterin Karin Kuhn nicht, ein Informationsabend ließ Eltern frustriert und ratlos zurück.
"Wir haben Angst, dass das unter den Teppich gekehrt werden soll", sagen nun Eltern, die sich an die Redaktion gewandt haben. Verschiedene Vorwürfe gegen eine Erzieherin seien bei dem Elternabend im Januar im Raum gestanden, die Gemeinde habe abgeblockt. Klar geworden sei aber: Die Bürgermeisterin und die Kita-Leitung sollen monatelang von Vorwürfen gewusst haben, ohne die Eltern zu informieren.
Die Redaktion hat die Kita-Leiterin und die Bürgermeisterin um Aufklärung gebeten. Die Kita-Leiterin will sich nicht äußern. Kuhn sagt: "Ich habe niemals versucht, etwas zu vertuschen."
Wer wusste also wann von welchen Vorwürfen?
Beschäftigte der Kita Greußenheim haben Vorwürfe bereits im September geäußert
Unstrittig ist, dass es bereits im September 2022 Krisengespräche gab. Nach Information der Redaktion wandten sich damals zwei Beschäftigte einzeln an die Kita-Leiterin und äußerten Vorwürfe gegen eine Kollegin. Kuhn war nach eigener Aussage bei einem der Gespräche dabei. Dass eine zweite Beschäftigte die Vorwürfe damals gegenüber der Kita-Leitung bestätigte, habe sie erst später erfahren, sagt die Bürgermeisterin.
Unklar ist, um welche Vorwürfe es ging. Einer Mitarbeiterin der Kita zufolge soll klar formuliert worden sein, dass die Beschuldigte ein Kind gegen dessen Willen bis zum Erbrechen gefüttert habe. In einem Fall habe sie ein Kind so "grob von der Tür weggerissen", dass es "auf den Boden geknallt" sei. Ein weiteres Kind sei auf den Boden gefallen, als die beschuldigte Erzieherin es "aus dem Gitterbett riss". Und Kita-Leitung und Bürgermeisterin seien schon im September darüber informiert worden, dass Kinder in einen dunklen Raum gesperrt wurden.
Die Greußenheimer Bürgermeisterin bestätigt, dass "Vorfälle in Zusammenhang mit Füttern und Anfassen" thematisiert worden seien. Über eingesperrte Kinder sei sie nicht informiert worden. "Die bei dem Gespräch geäußerten Vorwürfe wurden von der beschuldigten Person abgestritten. Es stand nach meiner Information Aussage gegen Aussage", sagt Kuhn. Die beschuldigte Erzieherin habe neue Aufgaben erhalten und sei unter Beobachtung gestellt worden. "Weitere Konsequenzen (...) erschienen mir nach Rücksprache mit der Kita-Leitung rechtlich fragwürdig."
Offizielle Kita-Rundmail bringt Beförderung der beschuldigten Erzieherin ins Spiel
Die Eltern wurden den Recherchen nach nicht informiert. Stattdessen erhielten sie von der Kita-Leitung am 7. Oktober per Mail eine Nachricht: "Liebe Eltern zu Eurer Info, um ihre persönlichen Erfahrungsfelder zu erweitern, möchten wir dem Wunsch von [Name der Erzieherin] nachkommen und sie ab sofort als Springer in der gesamten Einrichtung einsetzen."

Am 9. Dezember wird erneut eine E-Mail vom Account der Kita-Leitung verschickt, Karin Kuhn ist in Kopie gesetzt. Der Mail angehängt ist eine Ankündigung: "Hallo liebe Eltern. Ich möchte mich kurz bei euch noch mal vorstellen. Mein Name ist [Name der beschuldigten Erzieherin]". Und: "Ab Januar 23 übernehme ich die Gruppenleitung der [Gruppenname]."
Kuhn sagt, sie habe den Anhang nie geöffnet. Die Kita-Leitung beschreibt die Ankündigung Monate später als Information, "für deren Inhalt wir nicht verantwortlich sind, auch wenn als Versender 'Kinderhaus' steht".
Nach der Ankündigung beginnen die Eltern sich auszutauschen. Kurz vor Weihnachten kommt es zu erneuten Krisengesprächen. Kuhn sagt, sie und auch die Kita-Leitung hätten da erstmals davon erfahren, dass Kinder eingesperrt worden sein sollen: "Der Kinderhausleitung wurde dies am 19.12.22 mitgeteilt, ich erfuhr es am 22.12.22."
Greußenheimer Bürgermeisterin fühlt sich von Kita-Leitung angemessen informiert
Die Faktenlage sei unübersichtlich gewesen, sagt die Bürgermeisterin. "Wir haben daher zwei möglicherweise involvierte Erzieherinnen suspendiert." Eine der suspendierten Erzieherinnen gehört zu den beiden Beschäftigten, die im September die Vorwürfe geäußert hatten. Weshalb auch sie suspendiert wurde, dazu sagt Kuhn derzeit nichts. Was den Ablauf der Krisengespräche betrifft, widerspricht die Erzieherin der Sicht der Bürgermeisterin gegenüber der Redaktion deutlich. Sie sagt, dass sie bereits im September Bürgermeisterin und Kita-Leiterin darüber informiert habe, dass Kinder eingesperrt wurden.
Am 21. Dezember wird die Fachaufsicht des Landkreises "durch einen Anruf von Frau Bürgermeisterin Kuhn, sowie zeitgleich durch eine Mutter der Kita" informiert. Die Polizei wird am 23. Dezember einbezogen.
Erst am 8. Januar informiert Kuhn dann die Eltern in einer knappen Mail über einen "Verdachtsfall" und bittet darum, keine Detailfragen zu stellen. Am 9. Januar schreibt Kuhn: "Die Gemeinde (...) hat vollkommen richtig gehandelt." Am 12. Januar schiebt die Bürgermeisterin hinterher: "Ich kann Sie dahingehend beruhigen, daß (...) keinerlei körperliche Gewalt vorliegt."
Bei den Eltern sorgt das für Ärger. Der Elternbeirat widerspricht Kuhns Aussagen in einer WhatsApp-Gruppe und schreibt: "Es wurden ganz klar (...) Vorwürfe zu seelischer als auch zu körperlicher Gewalt vorgebracht." In einer anschließenden Mail von 13. Januar entschuldigt Kuhn sich und verweist auf den anstehenden Informationsabend am 23. Januar. "Wir haben uns von der Gemeinde mundtot gemacht gefühlt", werden Eltern nach der Veranstaltung gegenüber der Redaktion sagen.
Greußenheimer Eltern: Wenn die Leitung bleibt, nehmen wir unser Kind aus der Kita
Wie beurteilt die Kindergarten-Fachaufsicht des Landratsamts Würzburg die Situation? Aufsichtsleiterin Ursula Bördlein teilt mit: "Von unserer Seite wurde kein gravierendes Fehlverhalten des Trägers festgestellt."
Fühlt sich Bürgermeisterin Kuhn von der Kita angemessen informiert? "Nach allem was ich bislang über die Angelegenheit weiß, ja", sagt sie. Sie habe jedoch Zuschriften von Eltern bekommen, die sie nun in Ruhe prüfen wolle.
Wie geht es Eltern mit der Situation? "Wenn die Leitung bleibt, sehen wir uns gezwungen, unser Kind aus dem Kindergarten zu nehmen", heißt es. Der Elternbeirat beantwortet eine Anfrage der Redaktion nicht. Die Sorge sei groß, womöglich verantwortlich gemacht zu werden, wenn die Kita am Ende schließen müsse, heißt es in der Gemeinde. Die Kritik richte sich explizit nicht an das jetzt noch tätige Personal, heißt es von Eltern. Und: "Wir wollen ausdrücklich sagen, dass die Erzieher das volle Vertrauen der Eltern genießen."
Polizei: Ermittlungen wegen des Verdachts möglicher Nötigung
Zum Stand der Ermittlungen teilt Enrico Ball, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken, mit: "Gegenwärtig wird wegen dem Verdacht einer möglichen Nötigung ermittelt." Verdachtsmomente wegen möglicher Körperverletzung oder Freiheitsberaubung lägen aktuell nicht vor, so Ball. Es habe jedoch zahlreiche Gespräche mit Eltern gegeben. Die Polizeiinspektion Würzburg-Land habe dabei Hinweise erhalten, denen man nun in weiteren Zeugenvernehmungen nachgehe.
Die Redaktion hat mehrfach versucht, die beschuldigte Erzieherin zu kontaktieren. Eine Antwort ist bislang nicht erfolgt.
die Redaktion kann nur wiedergeben, was ihr auf Anfrage mitgeteilt wird. Und bezüglich der Suspendierung der Melderin war das eben nicht viel. Die Kita-Leiterin antwortet auf Anfragen nicht und die Bürgermeisterin beruft sich - wie im Beitrag geschrieben - auf eine unübersichtliche Faktenlage. Auch die Polizei hält sich mit Angaben zurück. Ihren Einwand nehme ich jedoch ernst. Ich bleibe an dem Fall dran und werde berichten, sobald ich genaueres weiß.
Beste Grüße,
Aaron Niemeyer (Redaktion)
dies rechtfertigt in keinem Fall alles.
Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen überhaupt beim Lesen aller Artikel über den Kindergarten Greußenheim festzustellen , was und welche Beschuldigungen wirklich
vorliegen .
dem Beitrag können Sie folgende im Raum stehende Vorwürfe entnehmen: "Einer Mitarbeiterin der Kita zufolge soll klar formuliert worden sein, dass die Beschuldigte ein Kind gegen dessen Willen bis zum Erbrechen gefüttert habe. In einem Fall habe sie ein Kind so "grob von der Tür weggerissen", dass es "auf den Boden geknallt" sei. Ein weiteres Kind sei auf den Boden gefallen, als die beschuldigte Erzieherin es "aus dem Gitterbett riss". Und Kita-Leitung und Bürgermeisterin seien schon im September darüber informiert worden, dass Kinder in einen dunklen Raum gesperrt wurden."
Beste Grüße,
Aaron Niemeyer (Redaktion)
seriöse Berichterstattung sieht m.E. anders aus.
Wenn "Mitarbeiterinnen" von Verstößen berichten, woher haben diese ihr "Wissen"?
Sollten sie die Vorfälle beobachtet haben und nicht eingeschritten sein - weshalb stellt man dann ihnen nicht diese Frage, sondern wälzt alles erstmal auf die Bürgermeisterin ab?
Die geschilderten Verkommnisse sind Kindsmißhandlung und strafbar. Wer wegschaut, nichts tut und erst später petzen geht ist nicht besser als der Täter.
Aber vielleicht weiß ja die Bürgermeisterin das Ganze wirklich besser einzuschätzen, weil sie hre Mitarbeiter kennt.
Und wenn selbst die Polizei nach Gesprächen mit den Eltern relativiert.....Rufmord ist keine Straftat, aber offenbar "normale Berichterstattung".
wie sie dem Beitrag entnehmen können, haben zwei Beschäftigte ihre Beobachtungen im Anschluss der Kita-Leitung mitgeteilt. Danach ist außer fragwürdigen Rundmails offenbar nicht viel geschehen. Die Berichterstattung dient der Aufarbeitung einer verworrenen Geschichte, von der einige Personen betroffen sind. Daher das öffentliche Interesse.
Beste Grüße,
Aaron Niemeyer (Redaktion)
Dies ist keine Rechtfertigung für Gewalt gegen Kinder.
Aber wenn Erzieherinnen menschlich weniger wert sind als ihre Zöglinge, dann kann das schon mal für Frust sorgen.
Der Norddeutsche hat einen Spruch dafür: Der Fisch fängt beim Kopf zu stinken an.Recht hat er!
vielen Dank für den Hinweis. Gerne können Sie mir per Mail weitere Informationen zukommen lassen.
Beste Grüße,
Aaron Niemeyer (Redaktion)
Ein Schutzkonzept muss in alles Kitas im Team erarbeitet werden u unterzeichnet werden!
Ich kann die Leitung und die Bürgermeisterin in Greussenheim nicht verstehen…
Auch schon gar nicht, weil ich selbst eine große Kita leite….