Die Absage des Kiliani-Volksfests in Würzburg kam spät. Erst über zwei Wochen nach der Absetzung des Oktoberfests in München und über drei Wochen nach dem Verbot von Großveranstaltungen bis Ende August reagierte die Stadt und sagte das Fest auf der Talavera ab. Begründet wurde dies immer wieder mit noch ausstehenden Haftungsfragen und möglichen Regressforderungen der Marktleute. Diese sind mittlerweile aus der Welt geräumt, doch wie viel Verlust machen Festwirt, Schausteller, Brauerei und die Stadt durch die Absage eigentlich?
Michael Hahn, Festwirt des großen Bierzelts auf dem Kiliani, kann diesen Betrag nicht in Euro benennen. "Wir haben natürlich viele Festangestellte und deshalb hohe Fixkosten", so Hahn. Er ist mit seiner Firma aus Bad Windsheim neben dem Kiliani auch auf vielen anderen Volksfesten als Festwirt aktiv. Über 10 000 Quadratmeter Zelt kann Michael Hahn aufbauen. In Crailsheim baut er jedes Jahr das längste Bierzelt Europas auf. Das Crailsheimer Volksfest ist in Hahns Kalender aktuell das einzige, das noch nicht abgesagt ist. Es könnte Ende September stattfinden.
Kosten für Instandhaltung oder Leasingraten
"Wir haben natürlich Kurzarbeit angemeldet und die Politik macht viel", ist Hahn durchaus zufrieden mit den Hilfen. Wo die Reise für seine Firma hinführt, weiß er trotzdem nicht. Seine Kosten hat er so gut es geht reduziert, beispielsweise Versicherungen für seinen Fuhrpark ausgesetzt. Andere Kosten, wie die Instandhaltung der Zelte, lassen sich nicht einsparen. "Ein Zelt muss alle drei Jahre zum TÜV, auch wenn es wegen Corona nicht genutzt wird", berichtet Hahn.
Problem haben auch die anderen Schausteller auf dem Kiliani, denn auch dort gibt es Kosten, die trotz der Absage der Veranstaltung anfallen. Schausteller-Sprecher Heiner Distel erklärt: "Wir müssen Leasingraten für Lkw zahlen und die Kredite für Fahrgeschäfte werden langfristig abgezahlt." Kosten im siebenstelligen Betrag entstehen bei der Anschaffung neuer Fahrgeschäfte. Hierbei planen die Schausteller natürlich mit regelmäßigen Einnahmen. Für einige kleinere Schausteller und Buden hat die Stadt Würzburg nun die Möglichkeit geschaffen, in den kommenden Wochen am Unteren und Oberen Markt ihre Waren zu verkaufen. So zieht zumindest ein Hauch von Kiliani in Würzburg ein.
Nach Absage: Stadt kommt mit blauem Auge davon
Ein Fest wie das Kiliani mit 800 000 Besuchern hat auch für die Stadt Würzburg enorme finanzielle Bedeutung. Zwar kommt die Stadt laut Rathaussprecher Christian Weiß mit einem blauen Auge davon, weil beispielsweise noch keine Werbung geschaltet wurde, der extreme Personalaufwand intern bleibt aber natürlich. Einnahmen, wie beispielsweise die 200 000 Euro Standmiete, die Kämmerer Robert Scheller im Haushalt eingeplant hat, fallen natürlich weg. Die Stadt spart sich aber auch viele Ausgaben bei Toilettenhäuschen, Ordnungsamt oder Security-Firmen. Einnahmen und Ausgaben stehen sich ungefähr gleich gegenüber, ob Kiliani stattfindet oder nicht.
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Nicht so einfach berechnen lassen sich die wirtschaftlichen Folgen, von denen die Stadt natürlich auch durch Steuereinnahmen indirekt profitiert. Beim Oktoberfest wurde bekannt, dass durch die Absage 1,23 Milliarden Euro Wirtschaftswert verloren gehen. Aufs Kiliani lässt sich dies natürlich nur schwer herunterbrechen, vor allem weil beteiligte Unternehmer mit Zahlen zu Kiliani geizen, aber: Eine 2018 vom Deutschen Schausteller-Verband (DSV) beauftragte Studie, die den Wirtschaftsfaktor Volksfest analysiert, liefert hier Ergebnisse, die sich zwar auf Volksfeste in ganz Deutschland beziehen, bezogen auf Kiliani aber zumindest eine Tendenz verraten.
Die Studie hat errechnet, dass ungefähr 2,30 Euro pro Besucher in die kommunalen Haushalte fließen. Hochgerechnet auf 800 000 Kiliani-Besucher sind das über 1,8 Millionen Euro. Doch bereits vor dem Besuch profitiert die heimische Wirtschaft. Knapp 30 Euro gibt ein Volksfestbesucher laut der Studie des DSV außerhalb des Festgeländes, beispielsweise für ÖPNV, im Einzelhandel, im Gastgewerbe oder für Taxifahrten aus. Auf dem Volksfest gibt ein Besucher dann ungefähr 25 Euro pro Besuch aus. Damit lässt sich für das Kiliani ein Gesamtumsatz von 20 Millionen Euro errechnen.
Festbier noch nicht gebraut
Hiervon profitieren jedoch nicht nur die Schausteller und der Festwirt. Gerade die Gastronomie-Betriebe auf dem Kiliani beziehen ihre Ware aus Würzburg oder dem Umland. Das Bier beispielsweise kommt von der Würzburger Hofbräu. Deren Verluste halten sich durch die Absage bisher allerdings in Grenzen. "Da unser Festbier traditionell immer erst Anfang Mai extra für das Kiliani Volksfest eingebraut wird, wurde zum Zeitpunkt der offiziellen Absage des Volksfestes noch nicht damit begonnen", berichtet Matthias Klingbeil, Produktmanager der Würzburger Hofbräu. Zwar leidet das Gastronomie- und Veranstaltungsgeschäft bei der Hofbräu sehr unter der Corona-Krise, durch den erhöhten Heimkonsum lässt sich das jedoch gut abfangen.