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Würzburg
Kellergespräch zur Sterbehilfe: Wer entscheidet über den Tod?
Ärzte müssen Leben retten. Was aber, wenn Patienten nicht mehr leben wollen? Wie strafbar ist dann die Sterbebegleitung? Spannende Fragen im heutigen "Würzburger Kellergespräch".
Eine Schwester hält die Hand einer todkranken Bewohnerin in einem Stuttgarter Hospiz. Wie weit Ärzte dem Sterbewunsch eines Patienten folgen dürfen – darüber besteht rechtliche Unsicherheit.
Foto: Norbert Försterling, dpa | Eine Schwester hält die Hand einer todkranken Bewohnerin in einem Stuttgarter Hospiz. Wie weit Ärzte dem Sterbewunsch eines Patienten folgen dürfen – darüber besteht rechtliche Unsicherheit.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:02 Uhr

Zu treffen sind die wohl schwierigsten Entscheidungen überhaupt. Dann, wenn es um Leben oder Tod geht. Wenn unheilbar kranke Patienten nicht mehr in Schmerz und Leid dahinvegetieren wollen. Darf sie der Mediziner dann beim Suizid begleiten? Darf er ihn ermöglichen? Oder ist das mit dem ärztlichen Ethos nicht vereinbar? Hier der Wille des Patienten, dort eine Rechtsprechung, die die Ärzte zunehmend verunsichert.

Warten auf Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Mit Spannung wird noch im Herbst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwartet. Auf dem Prüfstand steht der 2015 eingeführte Paragraf 217 Strafgesetzbuch, wonach zwar die Unterstützung des Suizids im Einzelfall nicht strafbar ist, wohl aber "geschäftsmäßig" geleistete Sterbehilfe, wie sie von Organisationen wie Dignitas angeboten wird. Fragt sich: Steht ein Mediziner mit einem Bein im Gefängnis, wenn er wiederholt todkranken Patienten auf der Palliativstation schmerzlindernde Medikamente zur Verfügung stellt, die bei höherer Dosierung zum Tod führen können? 

Prof. Dr. Gunnar Duttge ist Vorstandsmitglied des Zentrums für Medizinrecht an der Georg-August-Universität Göttingen.  Der Rechtswissenschaftler leitet dort die Abteilung für strafrechtliches Medizin- und Biorecht der Juristischen Fakultät. Duttge hat von 1987 bis 1992 Jura in Würzburg studiert und ist am 7.November zu Gast im 'Würzburger Kellergespräch'.
Foto: Zentrum für Medizinrecht, Uni Göttingen | Prof. Dr. Gunnar Duttge ist Vorstandsmitglied des Zentrums für Medizinrecht an der Georg-August-Universität Göttingen.  Der Rechtswissenschaftler leitet dort die Abteilung für strafrechtliches Medizin- und ...

Die Sterbehilfe zählt zu den umstrittensten Fragestellungen im Medizinstrafrecht, "was nicht zuletzt daran liegt, dass in erheblichem Umfang auch moralische Gesichtspunkte eine Rolle spielen", sagt der Würzburger Strafrechtsprofessor und Rechtsphilosoph Eric Hilgendorf. Gerade in Deutschland sei das Thema "Euthanasie" historisch stark belastet. 

"Kellergespräch" mit Palliativmediziner und Rechtsexperten

Das nächste "Würzburger Kellergespräch" von Main-Post und den Juristen-Alumni der Uni Würzburg greift verschiedene Aspekte der Sterbehilfe auf und fragt: "Wie frei ist der Tod? Entscheiden Gerichte, Ärzte oder Patienten?". Zu Gast sind der Würzburger Palliativmediziner Rainer Schäfer (Juliusspital) und Medizin- und Strafrechtler Gunnar Duttge von der Universität Göttingen, es moderiert Main-Post-Redakteur Andreas Jungbauer. Auch Eric Hilgendorf, Vorsitzender des Alumni-Vereins, gilt als Rechtsexperte auf diesem Gebiet.

Der Würzburger Palliativmediziner Dr. Rainer Schäfer ist auch Stiftungsratsvorsitzender der Bayerischen Stiftung Hospiz. Im 'Kellergespräch' berichtet er über seine Erfahrungen mit der Sterbebegleitung.
Foto: Angelika Cronauer | Der Würzburger Palliativmediziner Dr. Rainer Schäfer ist auch Stiftungsratsvorsitzender der Bayerischen Stiftung Hospiz. Im "Kellergespräch" berichtet er über seine Erfahrungen mit der Sterbebegleitung.

Erst im Juli hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwei Ärzte freigesprochen, die drei Patientinnen mit einer tödlichen Dosis Medikamenten den Suizid ermöglicht und sie dabei begleitet haben. Allerdings ereigneten sich die Fälle bereits vor der Gesetzesverschärfung 2015. Zu dieser sagte der renommierte Palliativmediziner Gian Domenico Borasio in der "Zeit": "Der missratene Paragraf 217 Strafgesetzbuch hat die Rechtsunsicherheit drastisch verstärkt." Kritiker warnen vor zur starken juristischen Eingriffen am Lebensende. Hier seien in erster Linie Patient, Angehörige und Ärzte gefragt.

Warum wird vor dem Tod noch sinnlos therapiert?

Diskutiert wird im "Kellergespräch" auch die Gefahr durch Übertherapien: Werden durch medizinische Eingriff Leiden von Patienten über Gebühr verlängert? Mediziner berichten von sinnlosen Maßnahmen, von der nur die Kliniken (wirtschaftlich) profitierten. Im April  hatte der Bundesgerichtshof eine Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz durch einen hinterbliebenen Sohn abgewiesen.

Hat sich unter anderem mit der rechtlichen Bewertung von Übertherapien am Lebensende befasst: Prof. Eric Hilgendorf, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und Rechtsinformatik an der Universität Würzburg.
Foto: Angie Wolf | Hat sich unter anderem mit der rechtlichen Bewertung von Übertherapien am Lebensende befasst: Prof. Eric Hilgendorf, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtstheorie, Informationsrecht und ...

Haben Sie als Angehörige oder Mediziner eigene Erfahrungen mit den Themen Lebensende und Sterbehilfe gemacht? Uns interessiert Ihre Meinung: Schreiben Sie uns (andreas.jungbauer@mainpost.de) oder rufen Sie an: Tel. (0931) 6001-780.

Das "Würzburger Kellergespräch" findet am Donnerstag, 7.November, von 19 Uhr (c.t.) bis 21 Uhr im Max-Stern-Keller der Alten Universität, Domerschulstraße 16, in Würzburg statt. Der Eintritt ist frei. Das Publikum kann sich mit Fragen einbringen. 

 
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  • G. K.
    Einem Menschen das Recht auf einen würdevollen, selbstbestimmten Tod zu verweigern verstößt aus meiner Sicht gegen Artikel 1 des Grundgesetzes.

    Diese Menschen befinden sich in Lebenssituationen die man nur nachvollziehen kann, falls man sie selbst erlebt. Die Entscheidung über den eigenen Tod ist eine höchst persönliche.

    Und trotzdem meint die Gesellschaft diesen Menschen vorschreiben zu müssen, wie sie sich in so einer Situation zu verhalten haben?

    Ich finde das höchst arrogant, ignorant, anmaßend und selbstgefällig.
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