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Würzburg
Kämpferischer Autor aus Würzburg: Vor 60 Jahren starb Leonhard Frank
Leonhard Frank (Mitte) 1952 beim Festakt zur Überreichung der Stadtplakette, mit Ehefrau Charlott und Oberbürgermeister Franz Stadelmayer.
Foto: Walter Röder | Leonhard Frank (Mitte) 1952 beim Festakt zur Überreichung der Stadtplakette, mit Ehefrau Charlott und Oberbürgermeister Franz Stadelmayer.
Bearbeitet von Torsten Schleicher Hans Steidle
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:11 Uhr

Erst ist einer der bekanntesten aus Würzburg stammenden Schriftsteller: Leonhard Frank. Am 18. August jährt sich zum 60. Mal sein der Todestag. 

Frank, der 1882 in Würzburg zur Welt kommt, entstammt einer bettelarmen Familie, besucht die sechsklassige  Volksschule und macht seine Ausbildung zum Fahrradschlosser, will den erlernten Beruf aber nicht ausüben. Er studiert stattdessen an der Akademie der Künste. In Schwabing, dem Zentrum der deutschen Boheme, lernt er die verschiedenen modernen Auffassungen von Kunst und Gesellschaft kennen. 1910 zieht Frank nach Berlin um, entscheidet sich dafür, als freier Schriftsteller zu leben.

Sein 1914 veröffentlichter Debütroman "Die Räuberbande" behandelt die autoritäre und unterdrückerische Gesellschaft. Er zeigt auf, wie sich Jugendliche in Würzburg nach einer rebellischen Phase in die kleinbürgerliche Gesellschaft integrieren. Anders der Held Michael Vierkant, der sich vergeblich als Künstler aus der Enge und Unfreiheit zu befreien versucht. Der mit dem sehr angesehenen Fontane-Preis ausgezeichnete Roman ist neben der intensiven Gesellschaftskritik ein Zeugnis des untergegangenen Alt-Würzburg.

Novellen gegen den Krieg: "Der Mensch ist gut"

Als überzeugter Pazifist emigriert Frank während des Ersten Weltkriegs mit seiner ersten Frau Lisa nach Zürich in der neutralen Schweiz. Dort schreibt er in leidenschaftlichem und wortgewaltigem Stil fünf Novellen gegen den Terror des Kriegs, betitelt "Der Mensch ist gut" (1917). Der Kriegshass soll darin durch eine politisch begründete Nächstenliebe besiegt werden. Das Erzählwerk zeigt Leonhard Frank auf dem Höhepunkt seiner politischen Bücher.

In München erlebt Frank 1919 die Niederlage der Räterepublik. Zwischen 1925 und 1932 zählt er zu den populärsten und erfolgreichsten Autoren. Zu den Romanen dieser Zeit gehören "Karl und Anna" (1926) und "Das Ochsenfurter Männerquartett" (1927).

Beide Bücher behandeln Liebesgeschichten, in denen die Liebenden eine erfüllte Beziehung und persönliches Glück finden. "Karl und Anna" wird zum großen Erfolg, auch in der dramatisierten Form und als Film. Als packendes Buch muss auch "Drei von drei Millionen" (1932) erwähnt werden, in dem drei verarmte Würzburger vor dem Massenelend nach Südamerika fliehen und doch nicht der wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe entkommen.

Emigration während der NS-Zeit

Um sich vor dem NS-Terrorregime zu retten, emigriert Frank 1933-1937 in die Schweiz und bis 1940 nach Frankreich, wo er dann quer durch das von deutschen Truppen besetzte Land nach Marseille flüchtet. In den USA arbeitet er pro forma als Drehbuchautor. Seine Erfahrung des Exils fasste er so zusammen: "Sein Leben war nicht mehr sein Leben". 

Die zwei im Exil entstandenen Romane "Traumgefährten" (1936) und "Mathilde" (1948) behandeln Liebesgeschichten. In "Mathilde" arbeitete er das Kriegsende und die Niederlage des Nationalsozialismus ein. Die Erzählung "Deutsche Novelle" (1954) zeigt am Beispiel des Rothenburgs ob der Tauber, dass die autoritäre Struktur der Gesellschaft zum Nationalsozialismus führte.

"Die Jünger Jesu": Würzburg als Ort von NS-Verbrechen

Der letzte große Würzburg-Roman "Die Jünger Jesu" (1949) wurde gedruckt, als Frank sich mit seiner dritten Frau Charlott in München niederließ. Dass Frank Würzburg als Ort nationalsozialistischer Verbrechen zeigt und die Stadt wählt, um die Probleme einer nachfaschistischen Gesellschaft aufzuzeigen, erschwert in seiner Heimatstadt den Absatz des Buches. 

Frank kann insgesamt nicht mehr an die Zeit vor 1932 anschließen. Er lebt in München und verkauft seine Bücher in der DDR.  Diese Widersprüche seines Lebens und seiner Zeit schildert er in dem autobiographischen Roman "Links wo das Herz ist" (1952), sachlich verknappend, eindringlich metaphorisch, bunt und spannend.

Über sein Leben schreibt Frank: "Seine Bücher sind Bildnisse seines Inneren. Er hat sich von Jugend an um Dinge gekümmert, die ihn nichts angingen, und er ist der Meinung, dass Menschen, die das nicht tun, die Achtung vor sich selbst verlieren müssen; dass sie moralisch Selbstmord begehen."

Text: Hans Steidle

Der Autor Hans Steidle ist Würzburger Stadtheimatpfleger. 

Buchtipp: "Rebell im Maßanzug - Leonhard Frank, die Biografie" von Katharina Rudolph. Aufbau-Verlag, Berlin, 496 Seiten, 28 Euro.

 
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Kommentare
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  • Lebenhan1965
    Für Leonhard Frank

    gilt wie so oft, der Prophet gilt nichts in seiner Heimat.

    Erst lange nach seinem Tod wurde Würzburg auf ihn aufmerksam und würdigte ihn angemessen. Zu Lebzeiten war er nur ein lästiger Mahner, der die braune Zeit nicht ruhen lassen wollte.
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