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Estenfeld
Infektwelle im Winter: Warum bekommt man eine Erkältung und macht Kälte wirklich krank?
Dr. Margarethe Fuchsberger ist seit 1982 Hausärztin, erkältet gefehlt hat sie nie. Im Gespräch verrät sie, wie man das schafft - und was an Erkältungs-Mythen dran ist.
Die Ausrede, es sei zu kalt, um rauszugehen, lässt Dr. Margarethe Fuchsberger nicht durchgehen. Die Hausärztin aus Estenfeld (Lkr. Würzburg) joggt auch bei minus 15 Grad.
Foto: Johannes Kiefer | Die Ausrede, es sei zu kalt, um rauszugehen, lässt Dr. Margarethe Fuchsberger nicht durchgehen. Die Hausärztin aus Estenfeld (Lkr. Würzburg) joggt auch bei minus 15 Grad.
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 18:10 Uhr

Husten, Schnupfen, Halsschmerzen: Die winterliche Infekt-Welle rollt, auch in Unterfranken stecken sich derzeit zahlreiche Menschen an. Nur, wie erkältet man sich eigentlich? Macht es krank, wenn man stundenlang auf dem Weihnachtsmarkt friert oder beim Winterspaziergang nasse Füße bekommt? Und wie verhält man sich richtig, wenn man sich einen Infekt eingefangen hat?

"Wichtig ist auf jeden Fall Bewegung an der frischen Luft, das ist für mich mein Allheilmittel", sagt die Estenfelder Hausärztin Dr. Margarethe Fuchsberger. Ein Gespräch über die sinnlose Angst vor Erkältungsviren, Mythen über nasse Haare und Joggen bei minus 15 Grad.

Frage: Frau Dr. Fuchsberger, Sie sind seit 1982 Hausärztin und haben seitdem nie wegen einer Erkältung in Ihrer Praxis gefehlt. Wie schafft man das?

Dr. Margarethe Fuchsberger: Ich denke, es gibt nicht das eine Geheimrezept. Wie so oft in der Medizin sind viele kleine Faktoren entscheidend. Wichtig ist auf jeden Fall Bewegung an der frischen Luft, das ist für mich mein Allheilmittel. Und eine ordentliche, gesunde Ernährung.

Das klingt unglaublich einfach.

Fuchsberger: Das soll nicht heißen, dass man damit völlig immun gegen alles ist. Auch bei mir gab es Zeiten, in denen ich ein bisschen geniest oder gehustet habe. Aber das ist keine Katastrophe. Falsch wäre es, zu Hause wie in einem Glaskasten zu sitzen, um jeden Kontakt mit Krankheitserregern zu vermeiden. Das Immunsystem muss üben. Im letzten Winter nach der Corona-Zeit haben wir deutlich gesehen, was passiert, wenn wir uns abschotten. Als Kontakte wieder möglich waren, hat es fast jeden erwischt.

Auch jetzt im Moment erwischt es viele Menschen in der Region, die Infekt-Welle rollt. Wie erkältet man sich eigentlich?

Fuchsberger: Atemwegsinfektionen werden durch unterschiedliche Krankheitserreger ausgelöst. Meist sind Viren die Ursache oder Bakterien. Sogenannte Erkältungsviren wie Rhinoviren, Influenzaviren, RS-Viren oder auch Coronaviren sind gerade im Winter überall im Umlauf. Sie erwischen einen, wenn man in irgendeiner Weise geschwächt oder angeschlagen ist.

Oft heißt es, man erkältet sich, wenn man im Winter auf dem Weihnachtsmarkt stundenlang friert oder nasse Füße bekommt. Stimmt das?

Fuchsberger: Das Hauptproblem ist nicht die Kälte. Natürlich ist das Risiko höher, wenn man stundenlang friert, kalte Füße hat und mit den Zähnen klappert – einfach, weil man sich unwohl fühlt. Entscheidender aber ist, dass man sich im Winter mehr drinnen aufhält, dass man enger zusammensitzt und näher in Kontakt mit anderen Menschen und damit mit Viren kommt. Das macht Ansteckungen leichter.

Sind Ratschläge wie "nicht mit nassen Haaren in die Kälte gehen" oder "nicht beim Sport kalt werden" somit Quatsch?

Fuchsberger: Es ist schon ein bisschen etwas dran. Aber das heißt nicht, dass man im Winter nicht rausgehen sollte. Ich bin Joggerin und gehe jeden Morgen laufen, auch bei minus 15 Grad. Dabei sollte man schlicht darauf achten, dass man gut durch die Nase Luft bekommt, sodass die Atemluft gewärmt und angefeuchtet wird. Und nasse Haare sorgen zwar dafür, dass die Kopfhaut abkühlt, sie lösen aber keine Erkältung aus.

Wer erkältet ist, sollte sich etwas zurücknehmen, rät Dr. Margarethe Fuchsberger. Eine Woche nur im Bett liegen bleiben müsse man mit Schnupfen jedoch nicht.
Foto: Bernd Weißbrod, dpa | Wer erkältet ist, sollte sich etwas zurücknehmen, rät Dr. Margarethe Fuchsberger. Eine Woche nur im Bett liegen bleiben müsse man mit Schnupfen jedoch nicht.
Also macht Kälte allein nicht krank?

Fuchsberger: Nein. Kälte allein macht definitiv nicht krank. Es braucht immer den Kontakt mit Viren oder Bakterien, eine Situation, in der man angehustet oder angeniest wird.

Kann Kälte umgekehrt sogar gut für den Körper sein? Eisbaden zum Beispiel gilt als gesund.

Fuchsberger: Kälte löst unterschiedliche Reaktionen im Körper aus. Grundsätzlich haben wir eine Körpertemperatur von etwa 37 Grad. Und wenn es um uns herum sehr kalt wird, will der Körper diese Temperatur halten. In der Haut ziehen sich dann die Blutgefäße zusammen, damit die Wärme nicht verloren geht, und das Blut wird von außen zur Körpermitte geleitet. Frieren oder zittern ist eine Gegenreaktion: Dabei spannen wir Muskeln an und dadurch entsteht Wärme. Auch beim Eisbaden werden solche Reaktionen im Körper ausgelöst, die Herzfrequenz sinkt und der Blutdruck steigt. Das kann die Abwehrkräfte stärken. Für Menschen mit Herz- oder Gefäßerkrankung kann Eisbaden aber gefährlich sein.

Sie haben es bereits gesagt: Um gesund zu bleiben, schwören Sie selbst auf Bewegung an der frischen Luft. Was genau stärkt daran das Immunsystem?

Fuchsberger: Bewegung an der frischen Luft aktiviert den Kreislauf und den Stoffwechsel. Allein reicht das aber nicht. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit fünf Portionen Obst oder Gemüse pro Tag ist genauso wichtig. Und ausreichend trinken – kein Bier und keinen Wein, sondern beispielsweise Tee oder heiße Zitrone.

Wie sieht es mit Vitaminpräparaten aus? Bringen die etwas?

Fuchsberger: Ich nehme nie Vitaminpillen, so etwas gibt es in meinem Haushalt nicht. Eine Ausnahme: Vitamin D wegen der Osteoporose-Prophylaxe. Im Winter, von Oktober bis März, ist das für jeden sinnvoll, weil die Sonne so flach steht, dass in der Haut nicht genügend Vitamin D gebildet wird. Und auch in Ausnahmesituationen wie beispielsweise einer Schwangerschaft oder für Senioren mit Schluckbeschwerden können Vitaminpräparate nützlich sein. Aber für normal gesunde Menschen bringt das nichts.

Und wenn die Erkältung einen trotz allem erwischt: Was hilft?

Fuchsberger: Ich persönlich mache mir immer einen frischen Ingwertee mit Zitrone und etwas Honig. Ansonsten gilt: Sich etwas zurücknehmen und langsamer machen …

… und möglichst im Bett bleiben?

Fuchsberger: Nein. Niemand muss wegen einer Erkältung eine Woche lang im Bett liegen – gegen einen Spaziergang spricht auch mit Schnupfen nichts.

 
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  • Klaus B. Fiederling
    Ich finde, die Winter-Grippe gab es schon seit ewigen Zeiten, solange ich zurückdenken
    kann. Jetzt wird wegen einer Grippe mortz trara gemacht, hat man schon wieder Angst vor einer neuen Corona-Welle? Wenn man krank ist, bleibt man halt ein paar Tage zu Hause und lässt sich schön pflegen, nach 8 Tagen ist doch meistens wieder alles vorbei.
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  • Michael Zink
    Im Artikel geht es um Erkältungen, Grippe ist etwas ganz anderes.
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  • Steffen Cyran
    Es gab in der Schweiz umfangreiche Untersuchungen und in Großbritannien eine Langzeitstudie (1946-1989) und beide zeigten, daß alles was die gute Frau Doktor im Artikel nennt, KEINERLEI nachgewiesenen Effekt hat: weder Vitamin C, Ingwer, Honig, heiße Zitrone....., nicht mal ausreichend trinken hat einen Effekt.

    Link dazu: https://www.nzz.ch/wissenschaft/was-soll-ich-trinken-wenn-ich-erkaeltet-bin-ld.1765112

    Evtl. aber hinter einer Bezahlschranke, daher der Inhalt von mir zusammengefaßt
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  • Ralf Eberhardt
    Endlich einmal eine Medizinerin, die nicht nur die Impf-Brille auf hat. Infekte werden primär von einem - gesunden - Immunsystem im Zaum gehalten. Also raus an die frische Luft!
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  • Anton Müller
    Wollten Sie mit ihrem Halbsatz zum Ausdruck bringen, dass Impfungen wirkungslos sind? Sind Sie ein Impfgegner?
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  • Ralf Eberhardt
    Nein, ich bin Gegner einer Impfpflicht. Jeder soll selbst entscheiden, ob und wogegen er sich impfen lässt.
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  • Anton Müller
    Wieso kommen Sie bei einem Interview, bei dem es um Tipps gegen Erkältungskrankheiten geht, mit einer Impfpflicht um die Ecke? Haben Sie den gleichen Artikel gelesen? Ich sehe da keinerlei Zusammenhang. Gegen Erkältungen gibts keine Impfung und es wird vermutlich nie eine geben. Und wenn es eine gäbe würde ich sie mir, wie vermutlich Millionen anderer in diesem Land, sehr gerne geben lassen...😷🤒
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  • Steffen Cyran
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Michael Zink
    Wie soll sie beim Thema Erkältung auch eine Impf-Brille auf haben? Gegen Erkältungen gibt es keine Impfung.
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  • Michael Knaus
    Grippe wird verursacht durch Influenza-Viren. Ein Drittel der Influenza-Infektionen verläuft schwer und fieberhaft. Dagegen kann man impfen.
    Erkältungen werden durch andere Viren, oft Rhino Viren ausgelöst. Dagegen gibt es keine Impfung.
    Frau Dr.M. Fuchsberger nennet ausdrücklich auch Influenza Viren.
    Insofern liegt Herr Ralf Eberhardt schon richtig mit seiner Anmerkung, dass jeder selber entscheiden soll ob er sich impfen lässt oder es lieber mit „Raus an die frische Luft“ probiert.
    Das ist ein tolles Interview mit einer Ärztin, die Einblick in Ihre eigene Gesundheitsvorsorge aus vierzig Jahren Erfahrung, mit vielen Infektionskontakten gibt - Danke dafür.
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