zurück
Würzburg
Erkältungswelle: Wie lange sollte ein Kind nach einer Infektion zu Hause bleiben, Herr Professor Liese?
Kinder durchlaufen bis zum Schuleintritt bis zu acht Infekte pro Jahr. Aber sind Erkältungen immer ein Grund, das Kind nicht in die Kita zu schicken?
Mit Beginn der kalten Monate steigt auch das Erkältungsrisiko. Vor allem Kinder haben oft mehrere Infekte pro Jahr. 
Foto: Maria Berentzen, dpa | Mit Beginn der kalten Monate steigt auch das Erkältungsrisiko. Vor allem Kinder haben oft mehrere Infekte pro Jahr. 
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.12.2023 02:56 Uhr

In Unterfranken ist eine deutliche Zunahme von akuten Atemwegsinfektionen bei Kindern und Säuglingen zu beobachten. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat in seinem wöchentlichen Bericht hohe Infektionszahlen in der Bevölkerung festgestellt. Insbesondere weist das RKI auf eine steigende Anzahl von Corona- und Schnupfenviren sowie vereinzelt Anzeichen für eine Verbreitung des RS-Virus (Respiratorische Syncytial-Virus) hin.

Wie ist die Lage in Unterfranken? Wie gefährlich ist das RS-Virus? Und wie lange sollten infizierte Kinder zu Hause bleiben? Diese Fragen stellen wir Professor Johannes Liese, Kinder- und Jugendarzt sowie Leiter des Bereichs Kinder-Infektiologie und Immunologie an der Uni-Kinderklinik Würzburg.

Frage: Die Erkältungswelle ist da: Sind aktuell viele Kinder und Jugendliche krank?

Prof. Johannes Liese: Die Universitätskinderklinik verzeichnet bisher eine mittlere Auslastung. Wir nehmen pro Tag etwa vier bis fünf neue Patienten mit Infektionen auf. Die meisten Kinder leiden unter Infektionen der unteren Atemwege, wie Bronchitis oder Lungenentzündung. Allerdings nehmen auch Infektionen der oberen Atemwege, wie Nasennebenhöhlenentzündungen, zunehmend zu.

Professor Johannes Liese ist Kinder- und Jugendarzt sowie Leiter des Bereichs Kinder-Infektiologie und Immunologie an der Uni-Kinderklinik Würzburg.
Foto: Angie Wolf | Professor Johannes Liese ist Kinder- und Jugendarzt sowie Leiter des Bereichs Kinder-Infektiologie und Immunologie an der Uni-Kinderklinik Würzburg.
In den letzten zwei Jahren hat das RS-Virus für volle Kinderkliniken gesorgt. Wie ist hier die Lage? 

Liese: Bislang gibt es nur vereinzelte Fälle von RSV in der Region, ganz anders als in den letzten zwei Jahren. Im November 2021 waren bereits sehr viele Kinder erkrankt und unsere Station war überfüllt. Die RSV-Welle hatte damals bereits im Spätsommer begonnen. In diesem Jahr verzögert sich der Beginn der RS-Virus-Welle, in einigen Regionen ist jedoch bereits ein Anstieg zu verzeichnen.

Was ist das RS-Virus genau?

Liese: Das Virus betrifft hauptsächlich die Atemwege. Insbesondere bei Säuglingen und Kindern unter drei Jahren ist es die häufigste Ursache für akute Atemwegsinfektionen. Bei älteren Kindern und Erwachsenen verursacht das Virus nur milde Symptome, die einer gewöhnlichen Erkältung ähneln. Bei Säuglingen kann die Infektion jedoch von den oberen auf die unteren Atemwege übergehen und zu schweren Komplikationen wie Bronchitis oder Lungenentzündung führen. Schätzungen zufolge erleiden bis zu 70 Prozent aller Kinder im ersten Lebensjahr und bis zu 100 Prozent im zweiten Lebensjahr eine Infektion durch das RS-Virus. Diese Infektionen verlaufen in der Regel ohne Probleme. Somit sind alle Kinder irgendwann betroffen.

Kinder zwischen null und vier Jahren sind besonders von Infekten betroffen. Wie viele Infekte pro Jahr sind normal?

Liese: Bei Kleinkindern unter vier Jahren treten bis zu acht Infekte pro Jahr auf. Vielen Eltern ist nicht bewusst, dass das normal ist. Die meisten Kinder erholen sich in der Regel innerhalb von ein bis maximal zwei Wochen gut. Es gibt jedoch Fälle, in denen ein Kind schwerer erkrankt ist und sich nicht richtig erholt. In solchen Fällen sollten die Eltern das Kind einem Arzt vorstellen, um weitere Untersuchungen durchführen zu lassen.

Wann wird Fieber gefährlich? Wann sollte das Kind ins Krankenhaus gebracht werden?

Liese: Säuglinge unter drei Monate, die hohes Fieber haben, müssen sofort einem Arzt vorgestellt werden - Tag und Nacht. Das gilt auch für alle Kinder, die unter Atemnot leiden. Dafür stehen die Ärztinnen und Ärzte der Kinderklinik auch 24 Stunden pro Tag zur Verfügung.

Warum ist Fieber für Babys so gefährlich?

Liese: Fieber an sich ist häufig und nicht sehr gefährlich. Fieber kann jedoch auf eine schwerwiegende Infektion hinweisen. Daher ist es wichtig, dass Eltern aufmerksam sind und frühzeitig ärztlichen Rat einholen. Besonders im ersten Lebensjahr, wenn Babys über weniger körperliche Reserven verfügen und sich ihr Zustand schnell verschlechtern kann, ist besondere Vorsicht geboten.

Gibt es allgemeine Richtlinien, wie lange Kinder nach einem Infekt zu Hause bleiben sollen?

Liese: Kinder sollten bei Erkältungssymptomen wie ausgeprägtem Husten und Schnupfen sowie Durchfall und Erbrechen zu Hause bleiben. Ebenso sollten Kinder mit Fieber nicht in die Kita oder Schule gehen. Bei einem Kind mit leichtem Schnupfen kann die Situation individuell abgewogen werden. Nach einer gewöhnlichen Infektion sollte ein Kind in der Regel mindestens zwei Tage lang keine Symptome mehr zeigen, bevor es wieder in die Kita oder Schule gehen kann.

Warum schicken viele Eltern ihre Kinder auch krank in die Kita oder Schule?

Liese: In der heutigen Zeit sind oft beide Elternteile berufstätig. Sie stehen unter Druck, frühzeitig wieder arbeiten zu gehen, um nicht lange auszufallen. Leider ist dies bei vielen Arbeitgebern und in der Gesellschaft noch nicht gut akzeptiert. Eltern haben jedoch Anspruch auf Kinderkrankentage. Das bedeutet, dass gesetzlich krankenversicherte Eltern unbezahlten Sonderurlaub bis zu 10 Tage - bei Alleinerziehenden bis 20 Tage - nehmen sowie Kinderkrankengeld erhalten.

Wie pflegt man kranke Kinder am besten?

Liese: Ein normaler Infekt kann bei Kindern eigentlich gut zu Hause auskuriert werden. In solchen Fällen ist es wichtig, dem Kind die notwendige Aufmerksamkeit und liebevolle Zuwendung zukommen zu lassen. Es ist empfehlenswert, dass zumindest ein Elternteil während dieser Zeit voll und ganz für die Kinder da ist. Eltern können beispielsweise vorlesen und sich mit ihren Kindern beschäftigen. Es ist wichtig, dass Eltern lernen, diese Extra-Zeit mit ihren Kindern zu genießen und in der Krankheit nicht nur etwas Negatives zu sehen, sondern in der Pflege des erkrankten Kindes auch das Positive.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Aschaffenburg
Lohr
Marktheidenfeld
Kitzingen
Haßfurt
Claudia Kneifel
Alleinerziehende Mütter
Elternteile
Erkältungen
Familienleben
Kinderkliniken
Robert-Koch-Institut
Schulanfang
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Klaus Fiederling
    es war doch schon immer so: jedes Jahr, wenn die kalte Jahreszeit beginnt, beginnen wir Menschen auch zu schniefen und zu husten. Das bringt das kalte Wetter halt mal mit sich.
    man sollte sich dementsprechend anziehen und nicht zu lange im Freien bleiben. Aber halt:
    man schaut ja schon wenn jemand zu nießen oder husten anfängt, ob das nicht auch Corona sein könnte. In den vergangenen Jahren seit Corona hat man die Menschen so sehr verängstigt, dass man es kaum noch wagt, in der Öffentlichkeit zu Husten oder zu niesen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ralf Eberhardt
    Fazit: Eltern bleibt (eine/r von Euch Beiden) zuhause und kümmert Euch um Eure Kinder!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten