Impfen, was das Zeug hält... Das ist derzeit die Devise. Vor allem die Booster-Kampagne hat spürbar Fahrt aufgenommen. Impfstoff ist vorhanden, doch vielerorts fehlt es auch in Unterfranken an Personal, um die Kapazitäten auszuweiten und noch mehr Termine anbieten zu können. Da kommen einsatzbereite Ärztinnen und Ärzte im Ruhestand wie gerufen – möchte man meinen. Doch die Realität sieht anders aus.
Erleben musste sie ein Facharzt aus Würzburg, der über 30 Jahre lang eine eigene Praxis geführt hat. Vor zwei Jahren hat er sie übergeben. Und nun, in der Pandemie, hätte er Zeit zu helfen.
Würzburger Mediziner bietet sich vergeblich als Impfarzt an
So hat er sich gleich nach Ausbruch der Corona-Krise im März 2020 auf einen Aufruf des Ärztlichen Kreisverbandes gemeldet, wie 50 weitere Medizinerinnen und Mediziner im Ruhestand. Sie sollten, so die Idee, beraten und bei der Patientenversorgung unterstützen. Doch das Würzburger Gesundheitsamt hatte dann doch keinen Bedarf und konnte sich anderweitig organisieren. "Eigentlich", war der Eindruck des langjährigen Arztes, "wollten sie uns gar nicht."
Seit Anlaufen der Impfkampagne im Frühjahr hat sich der Würzburger Mediziner dann nach eigenen Angaben mindestens zweimal der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) als freiwilliger Impfarzt angeboten – bevorzugt für den Würzburger Raum, aber er würde auch weitere Fahrwege bis in die Rhön in Kauf nehmen. Würde in festen Impfzentren oder in mobilen Impfteams den Kolleginnen und Kollegen unter die Arme greifen. Zeitlich sei er ohnehin komplett flexibel. Doch auch diesmal: keine Reaktion. Zurück bleiben bei dem Arzt Verwunderung und Unverständnis.
Der Würzburger Allgemeinmediziner Christian Potrawa, Vorsitzender des Ärztlichen Kreis- und Bezirksverbandes, kann den Frust verstehen. Er macht Bürokratie und behördliche Vorschriften dafür verantwortlich, dass die Hilfe der Ruhestandsärzte nicht angenommen wird. "Das ist schon zum Verzweifeln", meint er auf Anfrage. Er sieht den Ball bei der Kassenärztlichen Vereinigung liegen und appelliert, eine pragmatische Lösung zu finden.
Über 1000 Ruhestandsärzte würden in Bayern helfen
Bei der KVB sieht man grundsätzlich kein Problem, Ruheständler als Impfärzte einzusetzen. Weder die Abrechnungsmodalitäten noch Fragen der Haftpflichtversicherung seien ein Hindernis. Dies gelte für Impfzentren wie für Praxen. Dort müssten die Ärzte allerdings regulär angestellt werden, heißt es auf Anfrage von KVB-Sprecher Axel Heise.
Seinen Angaben zufolge befinden sich derzeit über 1000 Ärztinnen und Ärzte, die gerne impfen wollen, auf der Warteliste der KVB. "Wir können sie allerdings nicht einteilen, weil die Dienstpläne der Impfzentren bereits voll sind."
Dass es in den Impfzentren nicht an Ärzten, sondern vor allem an medizinischen Fachangestellten und Organisationskräften mangelt, zeigte jüngst eine Umfrage dieser Redaktion in Unterfranken. Engstellen sind beispielsweise Schichtleitung und Dienstplanung für den Tagesbetrieb.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern werden die Impfzentren in Bayern nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung, sondern von Landkreisen und kreisfreien Städten betrieben. Diese können allerdings ihre Dienstplaneinteilung von der KVB erledigen lassen. Dies tun laut KVB inzwischen fast 70 Prozent der bayerischen Kommunen.
Daneben lassen rund 30 Prozent ihre Impfzentren durch andere Träger wie Wohlfahrtsverbände abwickeln – beispielsweise durch das Bayerische Rote Kreuz für den Landkreis Kitzingen. Ein Einsatz von Ruhestandsärzten für das Impfen sei grundsätzlich auch dort möglich, so KVB-Sprecher Heise. Wenn die freiwilligen Mediziner tatsächlich gebraucht werden.