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Ochsenfurt
Corona: Das wünscht sich eine Erzieherin für das neue Kitajahr
Ein von Corona geprägtes Schul- und Kitajahr geht zu Ende. Wie sehen eine Lehrerin und eine Erzieherin die vergangenen Monate - und was wünschen sie sich für den Neustart?
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 04.08.2020 11:33 Uhr

Was Nicole Arweiler in den vergangenen Monaten erlebt hat, hat Spuren hinterlassen. Die Leiterin des Maria-Theresia-Kindergartens in Ochsenfurt wünscht sich von Seiten der Politik mehr Anerkennung für die Arbeit der Erzieher, die nicht nur in der Corona-Krise Schnittstelle zwischen verschiedensten Institutionen sind. Ein Gespräch über Schutzmaßnahmen, „Erzieher-Corona“ und „Lehrer-Corona“ und verzweifelte Eltern.

Frage: Frau Arweiler, wie geht es Ihnen beim Gedanken an den Kitastart im September?

Nicole Arweiler: Es wird spannend, wenn die Familien wieder aus dem Urlaub kommen und alle Kinder in der Einrichtung aufeinander treffen. Gegen eine reguläre Öffnung spricht aber nichts, wenn auch im September noch einige Schutzmaßnahmen erhalten bleiben.

Welche Schutzmaßnahmen gibt es in Ihrer Einrichtung aktuell?

Arweiler: Die Kinder dürfen nur mit einer Erzieherin auf Toilette gehen, die verhindern soll, dass sich dort verschiedene Gruppen begegnen. In Garten und Hof darf sich jeweils nur eine Gruppe aufhalten. Und: Die Eltern dürfen bis September die Einrichtung nicht betreten.

Haben Sie Angst, sich bei der Arbeit mit Corona zu infizieren?

Arweiler: Nein. Gerade gibt es ja nur wenige Infizierte im Landkreis Würzburg. Am Anfang war da aber schon Angst – um die Risikopatienten in meinem Team. Ich möchte alle heil durch die Krise bringen.

Welchen zusätzlichen Schutz fänden Sie wünschenswert?

Arweiler: Ich würde das Betretungsverbot der Einrichtung für die Eltern aufrechterhalten – bis mindestens einen Monat nach der Urlaubszeit, um so die Ansteckungsgefahr für alle zu minimieren. Unser Träger möchte außerdem, dass wir an regelmäßigen Corona-Tests teilnehmen.

Gab und gibt es Mitarbeiter, die aus Angst vor Ansteckung ausschließlich im Homeoffice arbeiten?

Arweiler: Aktuell arbeiten alle wieder in der Einrichtung. Einige im Team haben von Anfang an den Wunsch geäußert, ins Homeoffice zu gehen. Ich kann aber nicht all meinen Erzieherinnen über 60 Jahren generell sagen: "Wenn Du Angst vor einer Infektion hast, bleib‘ zuhause." Das geht nur mit ärztlichem Attest, das ist bei Lehrern über 60 Jahren anders geregelt. Bei solch unterschiedlichen Auflagen kommt es mir vor, als würde die Politik davon ausgehen, dass es ein „Erzieher-Corona“ und ein „Lehrer-Corona“ gibt.

Können Sie das näher erklären?

Arweiler: Ein Beispiel: Warum konnten Lehrer nur in Kleingruppen mit Schülern arbeiten, während Kitas seit Wochen wieder komplett offen sind – mit bis zu 28 Kindern pro Gruppe? In der Schule kann der Abstand doch besser geregelt werden als im Kindergarten. Erzieher sind die einzigen, die ganz nah mit Kindern arbeiten, ohne dass jemand einen Mundschutz trägt.

Was genau ist Ihre Kritik?

Arweiler: Die Politik sieht uns viel zu wenig. Warum haben wir zu wenig Erzieher? Die Ausbildung dauert fünf Jahre. In der Zeit kann ich ein Sozialpädagogikstudium machen, womit ich im Anschluss viel mehr verdiene. Der Beruf wird außerdem immer komplexer. Das Arbeitsfeld umfasst viel mehr als Basteln und Spielen, wir sind Schnittstelle zwischen Elternhaus, Grundschule und Jugendamt. Die Elternarbeit ist intensiver geworden, viele Familien brauchen mehr Unterstützung in der Erziehung. 

Zeigt sich das zu Corona-Zeiten besonders?

Arweiler: Ja. Wir stehen oft zwischen den Stühlen – wir sollen uns zum Beispiel an die vorgegebenen Corona-Regeln halten, aber auch den Eltern vor Ort gerecht werden. Es gab einige Eltern, die in den vergangenen Monaten mit dem Notbetreuungsvertrag vor der Tür standen und gesagt haben, „ich schaff’s nicht mehr mit meinem Kind daheim“. Das weinende Kind dann trotzdem nicht reinlassen zu dürfen, weil die Eltern keinen Anspruch auf Notbetreuung haben, das macht was mit einem.

Ihr Wunsch an die Politik?

Arweiler: Erzieher kamen in der Corona-Krise in der Öffentlichkeit nur in Nebensätzen vor – ein Dankeschön und die Anerkennung unserer geleisteten Arbeit wären toll. Wir bereiten die Kinder für die Schule vor. Bei uns lernen sie Sozialverhalten, Empathie, auch die Vorschulerziehung ist so ein wichtiger Bereich. Warum wird diese pädagogische Arbeit nicht einfach akzeptiert und honoriert?

 
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