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Bütthard
Hochwasser, Ernteausfälle, Erosion in Franken: Ein Experte erklärt, warum nicht nur der Klimawandel schuld ist
Überflutungen und Dürren machen auch im Landkreis Würzburg Probleme. Bodenexperte Karl Auerswald nennt drei menschengemachte Ursachen – und sagt, wie es besser geht.
Herausforderungen wie Trockenheit und Erosion machen auch Landwirten im Ochsenfurter Gau zu schaffen. 
Foto: Daniel Peter (Archivfoto) | Herausforderungen wie Trockenheit und Erosion machen auch Landwirten im Ochsenfurter Gau zu schaffen. 
Anna-Lena Behnke
 |  aktualisiert: 15.03.2025 02:35 Uhr

Hochwasserkatastrophen auf der einen Seite, Dürren und Ernteausfälle auf der anderen machen an vielen Orten zunehmend Probleme. Der südliche Landkreis Würzburg ist hier keine Ausnahme. Im Juni des vergangenen Jahres etwa sorgte ein Unwetter im Raum Ochsenfurt für vollgelaufene Keller und überflutete Straßen. Aber auch massive Trockenheit in der Natur ist regelmäßig Thema. Ein Grund dafür: der Klimawandel, der Wetterextreme begünstigt. Doch ist das alles?

Dass hinter diesen Problemen noch mehr steckt – und wie sich dagegen vorgehen ließe, erläuterte der Münchner Agrarwissenschaftler Prof. Karl Auerswald zuletzt in einem Vortrag in Bütthard. "Zumindest bei uns sind die Effekte des CO₂-getriebenen Klimawandels noch sehr moderat", erklärte der Bodenexperte. Die Niederschlagswerte haben sich ihm zufolge in Bayern in den vergangenen Jahren nicht so stark verändert, als dass sich Probleme wie zunehmende Überflutungen oder Dürren allein damit erklären ließen.

Unterschätzt würden hingegen die Effekte intensiver Landnutzung, sagte Auerswald. Er sieht darin eine gute Nachricht: "Über CO₂ entscheidet auch jemand wie Trump. Darüber, wie Sie in Bütthard das Land nutzen, entscheiden Sie." Doch wo liegen die Fehler in der Bodennutzung? Und wie lässt sich die Situation verbessern? Auerswald nennt drei Punkte.

Fehler 1: Straßen und Häuser versiegeln immer mehr Fläche.

Es gebe nicht nur immer mehr Gebäude und Straßen, auch deren Art habe sich geändert, sagt Auerswald: "Wo früher ein Schotterweg war, ist jetzt eine mehrspurige Straße." Dadurch werde immer mehr Boden versiegelt. In Bayern sind das aktuell etwa sechs Prozent der Fläche, was 330 Quadratmetern pro Einwohner entspricht, wie Zahlen des Bundesamts für Umwelt belegen. Das schadet der Grundwasserbildung massiv, da auf diesen Flächen Wasser nicht ohne weiteres versickern kann.

Professor Karl Auerswald ist Agrarwissenschaftler und Bodenexperte. Zuletzt sprach er in Bütthard über Landnutzung in Zeiten des Klimawandels.
Foto: Anna-Lena Behnke | Professor Karl Auerswald ist Agrarwissenschaftler und Bodenexperte. Zuletzt sprach er in Bütthard über Landnutzung in Zeiten des Klimawandels.

Außerdem sorge der sogenannte Oaseneffekt dafür, dass etwa an Baugebiete angrenzende Felder mehr Wasser durch Verdunstung verlieren, so Auerswald. Wasser, das den Pflanzen in Trockenphasen fehlt.

Fehler 2: Das Wasser wird aus der Natur abgeleitet.

Noch mehr Wasser in der Natur gehe durch Entwässerungsmaßnahmen verloren. Auerswald beziffert die drainierte Fläche in Deutschland auf 23 Prozent. Dadurch komme es nicht nur zu mehr Trockenheit, sondern auch das Risiko von Hochwasserkatastrophen steige.

"Wir locken das Wasser in die Ortschaften", sagt Auerswald. Denn zur Entwässerung tragen nicht nur unterirdische Rohre bei. Auch die Wegseitengräben, die sich entlang jeder Straße befinden, hält der Agrarwissenschaftler für ein Problem. Diese führen entlang der Straßen automatisch in die nächste Ortschaft. Noch dazu sind die Gräben effizient gestaltet, sie sollen das Wasser also möglichst schnell ableiten. "Wenn das Wasser aber doppelt so schnell fließt, wird bei starkem Regen auch der Hochwasserscheitel doppelt so hoch", warnt Auerswald.

Fehler 3: Landwirtschaftliche Maschinen sind zu schwer.

Traktoren und Mähdrescher sind in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur leistungsfähiger, sondern auch schwerer geworden. Doch das kann Schäden verursachen, da Poren im Boden dadurch zusammengedrückt werden. Die Folgen: Wasser und Sauerstoff könnten tiefer liegende Erde – den sogenannten Unterboden – nicht mehr gut erreichen, sagt Auerswald.

Dadurch werde das Wurzelwachstum beeinträchtigt. Pflanzen seien gezwungen, ihren Wasserbedarf aus dem Oberboden zu decken. Die oberen Erdschichten trocknen deshalb leichter aus. "Das sieht dann aus wie in der Wüste", sagt der Wissenschaftler, habe aber nichts mit zu wenig Regen zu tun.

Welche Gegenmaßnahmen gibt es?

"Wir können etwas tun. Das ist meine Botschaft", sagt Bodenexperte Auerswald. "Wir sollten aufhören, die Böden zu verdichten, zu versiegeln und die Landschaft zu drainieren", fordert er, nennt aber auch eine ganze Reihe kleiner Maßnahmen. Landwirten empfiehlt der Agrarwissenschaftler etwa mehr Bodenbedeckung auf ihren Feldern – etwa durch sogenannte Mulchsaat.

Dabei handelt es sich um ein pflugloses Saatverfahren, bei dem Pflanzenreste der Vorfrucht oder einer Zwischenfrucht den Boden bei der Aussaat bedecken. So fließe das Wasser langsamer ab, es komme zu weniger Erosion und Verdunstung, sagt Auerswald. Hecken in der Flur könnten ebenfalls die Verdunstung reduzieren. Auch Gründächer, Zisternen oder Schotterrasen statt gepflasterter Flächen seien Möglichkeiten, Wasser in der Landschaft zu halten, so der Bodenexperte.

Bilder wie aus Wüstenregionen: In seinem Vortrag erklärte Agrarwissenschaftler Karl Auerswald, wie schwere Maschinen und ausgetrocknete Böden zusammenhängen.
Foto: Ivana Biscan (Archivfoto) | Bilder wie aus Wüstenregionen: In seinem Vortrag erklärte Agrarwissenschaftler Karl Auerswald, wie schwere Maschinen und ausgetrocknete Böden zusammenhängen.

Aus dem Publikum kam mehrfach die Forderung nach mehr Aufklärung über die Effekte der Bodennutzung. Gleichzeitig kritisierten Landwirte aus der Umgebung Vorgaben, die zum Teil nicht mit den Empfehlungen von Auerswald übereinstimmen oder eine Umsetzung zumindest schwieriger machen.

Das gelte etwa für die aktuelle Waldflurbereinigung in Bütthard, sagte Landwirt Markus Kraus. "Da werden Wege neu gebaut. Die werden aber nur gefördert, wenn links und rechts ein Graben ist", kritisiert er.  "Man darf nicht erwarten, dass die Welt von heute auf morgen anders wird", sagte Auerswald. "Es braucht mehr Stimmen, erst dann wird sich etwas ändern."

 
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  • Armin Genser
    "... Aus dem Publikum kam mehrfach die Forderung nach mehr Aufklärung über die Effekte der Bodennutzung."

    Aufklärung??

    Informationen und Wissen zu den angesprochen Problemen steht massenhaft zur Verfügung. Es fehlt an der Umsetzung.
    Beispiel: Die Hochglanzbroschüre von Herrn Glauber: "Wassersensible Siedlungsentwicklung " wurde alle Kommunen ans Herz gelegt. Fragen Sie doch mal in den Gemeindeverwaltungen nach, wer sich damit befasst hat. Man schaue sich nur die Neubaugebiete im Landkreis an. Meist wird wie in grauer Vorzeit, Regenwasser möglichst schnell und effektiv in den Abwasserkanal geleitet.
    Die Richtschnur, das Wasserhaushaltsgesetz: "Niederschläge sind auf dem Grundstück zu bewirtschaften", findet kaum Anwendung.
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  • Andreas Gerner
    Was der Experte jedoch verschweigt:

    Im Vergleich zu den 80er Jahren wird heute viel mehr Mulchsaat und Zwischenfruchtanbau betrieben. Früher wurde beinahe alles gepflügt und meist keinerlei Organische Masse (Pflanzenreste der vorigen Ernte) an der Oberfläche belassen.

    -

    PS
    Monokulturen gibt es auf deutschen Äckern so gut wie gar nicht. Unter 1%.
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  • Johannes Metzger
    Das Versagen einer von CSU und FW geprägte Landwirtschaftspolitik, wird auch hier wieder sehr deutlich.
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  • Andreas Gerner
    Was bitte hätte auf Landesebene im Sektor Landwirtschaft grundlegend anders gemacht werden sollen?

    Warum kritisieren Sie nicht stattdessen Siedlungsbau, Versiegelung usw?
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  • Dietmar Eberth
    auch hier ein Versagen der CSU. LOL

    "...die Staatsregierung den Flächenverbrauch laut Koalitionsvertrag von 2018 bis 2023 "deutlich und dauerhaft" senken wollte. Das Bayerische Landesplanungsgesetz gibt einen Richtwert von maximal fünf Hektar pro Tag spätestens im Jahr 2030 vor. Davon ist man weit entfernt."
    https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/5-fakten-zum-flaechenfrass-in-unterfranken-fast-600-fussballfelder-pro-jahr-verschwinden-art-11695466

    Aber jetzt geht's los
    https://www.flaechensparoffensive.bayern/
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  • Andreas Gerner
    Es wird zu viel versiegelt. Der Flächenfraß bringt enorme Probleme.

    Aber das ist keine Landwirtschaftspolitik. Sie kritisierten diese jedoch.

    Also was hätte in der Landwirtschaftspolitik auf Landesebene grundlegend anders gemacht werden sollen?
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  • Klaus Fiederling
    Will die Politik hiergegen überhaupt intervenieren...!?
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  • Dietmar Eberth
    "CSU und Freie Wähler legen mit ihrem Koalitionsvertrag für eine neue bayerische Landesregierung ein ausdrückliches Bekenntnis zum landwirtschaftlichen Familienbetrieb ab."
    "spekulationsgetriebene Landwirtschaft lehnen wir ab und bekennen uns stattdessen in aller Klarheit zu unseren bäuerlichen familiengeführten Betrieben."
    https://www.agrarheute.com/politik/bayern-koalition-bekennt-familienbetrieb-549231

    Hat sich da die CSU geändert?
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Nennt man glaube ich Lippenbekenntnisse - @ Dietmar Eberth -

    sollen sich doch die "Konservativen" im EU-Parlament mal dafür stark machen, die Förderung nach bewirtschafteter Fläche (bei gleichbleibenden Gesamtmitteln) degressiv zu gestalten. Aber ich glaube, bevor das passiert, muss erstmal der letzte bäuerliche Familienbetrieb dichtmachen - damit man sich mit dem Verabschieden so einer Regelung nicht am Ende noch ein Eigentor schießt...
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  • Klaus Fiederling
    Die Botschaft höre ich wohl, alleine mir fehlt der Glauben.

    Politisch gewollt nimmt man uns Bauern das wichtigste Werkzeug(!) für eine erfolgreiche Minimalbodenbearbeitung aus den Händen.

    Wohl nicht die richtigen Adressaten saßen bei Prof. Auerswald in Bütthard zusammen. In erster Linie muss er die Ansprechpartner on top für seine Mission erreichen: Die Vielzahl der Flächeneigentümer. Hier ist Überzeugungsarbeit an vorderster Front zu leisten.

    Die Zukunft in der heutigen LW steht bereits in den Startlöchern; der Einsatz moderner autonomer Techniken lässt dieselbe wieder smart werden.

    Wer den Bauern derzeit 80% Winterbegrünung aufoktroyiert, muss sich der Verantwortung gnadenlos stellen.

    Übrigens: Weg vom annuellen Monokulturenanbau! Hier sind wohl die größten Wissensdefizite auf Seiten der Wissenschaft noch immer zu verorten..., leider!
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  • Dietmar Eberth
    "Die Zukunft in der heutigen LW steht bereits in den Startlöchern; der Einsatz moderner autonomer Techniken lässt dieselbe wieder smart werden."

    Und die Strukturen zu Großbetrieben - wie in Ostdeutschland - eher forcieren statt stoppen. Schon Heute benötigen die Großbetriebe nur halb soviel AK pro Hektar wie Familienbetriebe. Was will die CSU dagegen in Bayern machen?
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