An der Würzburger Universität startet mit diesem Wintersemester erstmals der Studiengang "Hebammenwissenschaft". Das duale Studium löst die Hebammenausbildung an der Berufsfachschule am Uniklinikum (UKW) ab. Wie das Studium abläuft, warum die Ausbildung an die Uni verlegt werden musste und wieso die Studienplätze begrenzt sind.
Wie funktioniert das Hebammenstudium an der Universität Würzburg?
Die Regelstudienzeit für den Bachelor-Studiengang in Hebammenwissenschaften beträgt sieben Semester. Nach dem Abschluss haben die Studierenden nicht nur den Bachelor in der Tasche, sondern auch die Berufserlaubnis als Hebamme, erklärt Stefan Dreising, Pressesprecher des UKW.
Der Studienplan für das duale Studium ist vollgepackt. Denn damit am Ende eine Berufserlaubnis steht, muss das Studium die Vorgaben des Hebammengesetzes und der Studien- und Prüfungsordnung erfüllen. Laut Hebammengesetz müssen die Studierenden mindestens 2200 praktische Stunden und mindestens 2200 Theoriestunden durchlaufen. In der Praxis sind die Studierenden im UKW im Kreißsaal, auf der Wochenstation, in der Schwangerenambulanz, der Kinderklinik und weiteren Stationen eingesetzt, berichtet das Klinikum.
Wie viele Bewerber gab es?
Nach Angaben des UKW wurden aus 100 Bewerberinnen 22 Personen ausgewählt, die nun in Würzburg studieren.
Warum gibt es nur 22 Studienplätze?
"Die Kapazitätsplanungen finden auf Landes- und Ministerialebene statt", schreibt das UKW auf Anfrage dieser Redaktion. Die Begrenzung auf 22 Studienplätze hat mehrere inhaltliche Gründe. Einerseits gibt es fachpraktischen Unterricht, in dem die Praxis geübt wird. Dort müsse in Kleingruppen unterrichtet werden, erklärt Dreising. In der praktischen Ausbildung in der Klinik brauche es eine noch engere Anleitung. Darüber hinaus bewege sich die Ausbildung in einem sensiblen Bereich: Die Studierenden werden etwa bei Geburten und Schwangerenkonsultationen dabei sein.
Außerdem seien die Stationen in der Praxis genau vorgegeben, sagt Dreising. Danach habe man ausgerechnet, wie viele Studierende eingesetzt werden können. Eventuell werde in den folgenden Semestern nachgesteuert. Zum Vergleich: In der Hebammenfachschule konnten bisher pro Jahrgang nur 16 Auszubildende starten. Aktuell sind dort noch 32 werdende Hebammen in der Ausbildung.
Sind die Hürden höher als früher?
Für die Ausbildung an der Hebammenschule war bisher mindestens eine zehnjährige Schulbildung Voraussetzung. Der überwiegende Teil der Schülerinnen hatte allerdings auch bisher eine Hochschulzugangsberechtigung, berichtet Dreising. Nun sei eine (Fach-)Hochschulreife oder eine gesundheitsberufliche Ausbildung mit zwei Jahren Berufserfahrung Voraussetzung für das Studium der Hebammenwissenschaft.
Welche eigenen Kosten haben die Studierenden?
Die Studierenden zahlen den normalen Semesterbeitrag. Der beläuft sich inklusive Semesterticket im ersten Semester auf aktuell 143,60 Euro. Die werdenden Hebammen erhalten ein monatliches Studienentgelt von 1515 Euro. Dieser Betrag ist im Tarifvertrag festgelegt.
Warum wurde die Ausbildung akademisiert, also an die Hochschule verlegt?
"Deutschland setzt damit europäisches Recht um und ist das letzte Land in Europa, das auf den Bachelorabschluss umstellt", erklärt Dreising. Denn eine EU-Richtlinie von 2013 sieht als Zugangsvoraussetzung für die Hebammenausbildung eine mindestens zwölfjährige allgemeine Schulbildung vor. Dies hat aber aus gesetzlichen Gründen zur Folge, dass die Ausbildung akademisiert werden muss, wie der Deutsche Hebammenverband in einem Papier erläutert.
Außerdem habe sich die Arbeit der Hebammen in den vergangenen Jahren stark gewandelt, berichtet eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums auf Anfrage: "Die Versorgungsaufgaben sind zunehmend komplexer geworden. Nicht zuletzt deshalb und aufgrund der sehr verantwortungsvollen selbstständigen Tätigkeit der Hebammen wird eine akademische Qualifikation als sehr sinnvoll angesehen."
Was bedeutet die Akademisierung für bereits tätige Hebammen?
Für die Hebammen, die im Kreißsaal, in Geburtshäusern oder freiberuflich Frauen versorgen, ändert sich laut Dreising nichts. Allerdings müssen die Hebammen, die im Bachelor-Studiengang unterrichten, selbst mindestens einen Bachelor haben. Bis 2025 gibt es aber laut UKW eine Übergangsfrist, so dass vorerst alle Lehrerinnen, die bisher an der Berufsfachschule unterrichtet haben, auch an die Hochschule wechseln werden – unabhängig von ihrem Abschluss. Für die Praxisanleiterinnen in der Uniklinik gilt die Bachelor-Voraussetzung nicht.
Was sagt der Hebammenverband zur Akademisierung?
Der bayerische Hebammenverband habe sich über Jahrzehnte hinweg für die Akademisierung des Hebammenberufs eingesetzt, sagt Maria Jacobi, zweite Vorsitzende des Verbands. "Frauen fordern zu Recht eine Versorgung auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Diese kann nur von entsprechend wissenschaftlich ausgebildeten Hebammen in Zukunft sichergestellt werden." Trotz der höheren Hürden hält der Landesverband die Akademisierung für einen "sehr wichtigen und richtigen Schritt in Bezug auf den Hebammenmangel." Sie mache den Beruf zukunftsfähig und attraktiv. Generell seien aber bessere Arbeitsbedingungen wichtig, um die Hebammen im Beruf zu halten.
Welche anderen Möglichkeiten gibt es in Unterfranken, Hebamme zu werden?
Die Missio-Klinik in Würzburg bietet jährlich zwei Ausbildungsverträge für das Studium der Hebammenkunde an der Hochschule Fulda an. Außerdem können Interessierte ihre Praxisausbildung am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt (zwei bis drei Stellen) oder an den Haßberg-Kliniken (eine Stelle) absolvieren, wenn sie an der Hochschule Coburg Hebammenkunde studieren.
Einen Bachelor in Hebammenkunde können jährlich 30 Studierende (ab 2023: 38) an der TH Aschaffenburg erlangen. Die Hochschule arbeitet mit dem Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, dem Hospital zum Heiligen Geist in Frankfurt und dem Klinikum Ansbach zusammen.
Die Fachkraft für Pflege, beschäftigt sich mit dem ganzen Menschen.
Wann werden diese Kräfte akademisiert?
Viele Grüße
Anna Kirschner
Redaktionsvolontärin