"#Notruf Aub – wir feiern, wenn die Ärztin kommt", hat die Stadt Aub ihre Aktion überschrieben, mit der sie Medizinerinnen und Mediziner dafür gewinnen will, sich im Gollachstädtchen niederzulassen. Es ist der beinahe schon verzweifelte Versuch, in letzter Sekunde die medizinische Versorgung zu sichern, nachdem Günter Schuhmann, der letzte Hausarzt im Ort, in den nächsten Tagen seine Praxis schließen wird. Nicht nur viele Auber stehen dann ohne Hausarzt da, auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Seniorenzentren in Aub und Röttingen und viele Patienten in umliegenden Gemeinden wurden bisher von dem 61-jährigen Mediziner betreut.
Die Sorgen um die ärztliche Versorgung in Aub sind nicht neu. Bereits nachdem 2018 ein zweiter Hausarzt in den Ruhestand gegangen war, habe man sich Gedanken gemacht, sagt Bürgermeister Roman Menth. Die Beratungsstelle des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit habe damals signalisiert, dass es mehrere Jahre dauern kann, einen neuen Arzt zu finden. "Deshalb waren wir früh dran, um vorausschauend zu agieren und einen guten Übergang hinzukriegen, wenn Schuhmann einmal aufhört", so Menth.
Beispielhaft sei bei der Gelegenheit auch über ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gesprochen worden, sagt der Bürgermeister. Ein solches MVZ habe den Vorteil, dass die Ärztinnen und Ärzte dort nach geregelten Arbeitszeiten fest angestellt sind. Für viele junge Medizinerinnen und Mediziner sei das ein attraktives Modell, weil sich Beruf, Familie und Freizeit besser verbinden lassen. "Den klassischen Landarzt, der rund um die Uhr für seine Patienten da ist, den findet man heute nicht mehr", so Menth.
Es kam zum Bruch mit dem bisherigen Hausarzt
Dr. Schuhmann habe man frühzeitig in die Überlegungen mit einbezogen, sagt Menth; ebenso das Kommunalunternehmen des Landkreises, das das Seniorenzentrum in Aub betreibt und deshalb ebenfalls großes Interesse an einer ortsnahen Hausarztversorgung hat. Doch bei diesen Gesprächen kam es offenbar zum Bruch. Schuhmann fühlte sich brüskiert von dem Vorschlag, zum Ende seines Berufslebens als angestellter Arzt in das MVZ einzutreten.
Das Angebot sei nur zustande gekommen, nachdem Schuhmann signalisiert habe, in absehbarer Zeit seine Praxis schließen zu wollen, sagt hingegen der Vorstand des Kommunalunternehmens, Alexander Schraml. "Wenn klar gewesen wäre, dass er weitermachen will, hätten wir überhaupt keinen Grund gehabt, aktiv zu werden", so Schraml.
Bei Schuhmann kam die Botschaft anders an. "Ich wurde gebeten, Aub zu verlassen , um einem MVZ Platz zu machen", sagt er rückblickend im Gespräch mit dieser Redaktion. Zwar kann niemand dem Mediziner seinen Arztsitz streitig machen - auch eine Altersgrenze gibt es nicht. "Ich will aber nicht als Buhmann weitermachen, auf den man mit dem Finger zeigt", sagt der Hausarzt. Mitte letzten Jahres kündigte er deshalb die Schließung seiner Praxis zum 1. April dieses Jahres an - sehr viel früher als erwartet.
Seitdem schrillten im Auber Rathaus die Alarmglocken. Eine erste Ausschreibung des Arztsitzes durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) hatte keinen Erfolg, sagt Bürgermeister Menth. Über Zeitungsanzeigen, Werbung in Radio und Internet und direkte Anschreiben versuchte die Stadt selbst, einen Arzt oder eine Ärztin für Aub zu gewinnen. Im Herbst schaltete man dazu sogar einen Headhunter ein - bisher ohne Erfolg.
Die Rolle als Kleinzentrum steht auf dem Spiel
Für die Stadt stehe dabei mehr auf dem Spiel als die Hausarztversorgung, sagt Roman Menth. Es gehe auch um die zentralörtliche Bedeutung, die die Kleinstadt seit jeher für ihr Umland hat. Ohne Arzt sei auch die Apotheke bedroht und letztlich der übrige Einzelhandel, der von der Rolle der Stadt als Kleinzentrum abhängt.
Für Günter Schuhmann ist das Thema abgeschlossen. Die Praxis schließe bereits Anfang März, sagt er. Der Arztsitz sei erneut ausgeschrieben worden, über die Vergabe entscheide nicht er, sondern die kassenärztliche Vereinigung. "Ich kann mich nicht um eine Nachfolge bemühen, ich habe keine Rechte mehr", so Schuhmann.
Dabei taucht ein weiteres Problem auf: Üblicherweise wird ein vakanter Arztsitz nur für höchstens sechs Monate frei gehalten und erlischt dann, wenn eine Region ausreichend mit Hausärzten versorgt ist. Paradoxerweise ist der südliche Landkreis Würzburg aber sogar überversorgt. Laut Versorgungsatlas der KVB liegt der Versorgungsgrad bei 114 Prozent, und auch nach Schließung der Praxis Schuhmann gäbe es noch ausreichend Hausärzte in der Region. Nur konzentrieren sich diese vor allem auf Ochsenfurt und Giebelstadt.
Um einer Lösung näher zu kommen, hat der Giebelstadter Hausarzt und Bezirksvorsitzende des Hausärzteverbands, Dr. Christian Pfeiffer, einen runden Tisch unter seinen Kollegen initiiert - mit mäßigem Ergebnis. "Unsere Praxen sind mit eigenen Patienten ausgelastet", sagt Pfeiffer. Für zusätzliche Sprechstunden in Aub oder gar Hausbesuche über weite Strecken fehlten schlicht die Zeit und die Kapazität. Außerdem sei es nicht mit einem Arzt getan. Auch an medizinischen Fachangestellten für das Praxisteam herrsche akuter Mangel.
Kein medizinisches Versorgungszentrum ohne neuen Arzt
Dem Auber Bürgermeister käme es gelegen, wenn das Kommunalunternehmen des Landkreises die Federführung für die Gründung eines hausärztlichen MVZs übernähme, ähnlich wie dies bereits für den westlichen Landkreis in Waldbrunn geschehen ist. Vorstellbar wäre für Menth, in Aub eine Außenstelle des MVZ an der Main-Klinik Ochsenfurt zu eröffnen. Dazu habe er bereits zwei Ärzte im Ruhestand an der Hand, die bereit wären, übergangsweise in diesem Zentrum mitzuarbeiten.
KU-Vorstand Schraml winkt ab. Die Anbindung einer Außenstelle sei schon aus technischen Gründen kaum machbar, sagt er. Und ein eigenständiges MVZ hänge ebenfalls davon ab, dass sich eine Ärztin oder ein Arzt finden lässt, um langfristig die Leitung zu übernehmen. "Wir können uns bei einem so anspruchsvollen Projekt auch aus rechtlichen Gründen nicht nur auf Ruhestandsärztinnen und -ärzte stützen", so Schraml.
Hier dreht sich das Problem also im Kreis. Eine Lösung gibt's nur mit einem Arzt, der bereit ist, sich - in welcher Form auch immer - in Aub niederzulassen. Deshalb habe der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung entschieden, noch einmal kräftig die Werbetrommel anzuwerfen, sagt Bürgermeister Menth. Mit dem Slogan "#Notruf Aub – wir feiern, wenn die Ärztin kommt" und einem eigenen Logo will die Stadt nun auf ihr Problem aufmerksam machen und dabei auch mit ihren übrigen Reizen werben.
Aub wirbt als attraktiver Wohnort
"Wir haben ja einiges zu bieten, eine schöne Landschaft, eine gute, familienfreundliche Infrastruktur", so Menth. Möglichen Bewerberinnen oder Bewerbern sichert er eine größtmögliche Unterstützung durch die Stadt zu und gibt sich optimistisch, dass es so doch noch gelingt, die hausärztliche Versorgung langfristig zu sichern. "Wir sind weiterhin überzeugt, dass es klappt", sagt Menth. Übergangsweise habe zumindest ein Arzt aus Uffenheim angeboten, stundenweise Sprechzeiten in Aub anzubieten.
Hausärzte-Vorsitzender Christian Pfeiffer ist skeptisch, ob die Rechnung aufgeht. "Man sollte die Flinte nicht ins Korn werfen, aber das Problem ist die knappe Zeit", sagt er. Und wenn der Versuch erneut scheitert? "Dann werden die umliegenden Ärzte in den sauren Apfel beißen müssen und die Patienten aufnehmen, auch wenn sie dafür eigentlich gar keine Kapazitäten mehr haben."
Nun AUB fehlt die Attraktivität. Der pflegliche, fast unterwürfige Umgang mit den vielen Rechtskonservativen im Zusammenhang mit ihrem mutigsten Bürger Eck, ist vielen angehenden Medizinern immer noch präsent.
Zudem sind die Rahmenbedingungen für Hausärzte schlecht. Wenn zum Schluss ein Stundenlohn der eines einfachen Handwerkers rauskommt, kann ich verstehen, dass sich niemand fürs unterfränkische outback interessiert.
In den Ländern sind die Ärzte unzufrieden und würden sich garantiert über ein Angebot freuen.
Wenn diese Person entsprechende Sprachkenntnisse hätte spräche sicher nichts dagegen.
Sehr viele wollen keine Selbstständigkeit mit dem großen Verwaltungsaufwand, die wollen geregelte Arbeitszeiten - um Familie und Beruf vereinbaren zu können.
In anderen Ländern betreibt einfach die Kommune die Arztpraxis und stellt den jeweiligen Gemeindearzt einfach an! (da können sich dann beispielsweise auch 3 Ärzte/Ärztinnen - denn die meisten aktuellen Studis in der Medizin sind weiblich) zwei Stellen teilen, man kann sich gut gegenseitig vertreten, hat geregelte Arbeitszeiten, Urlaub etc.)
Dazu muss man halt an die gesetzlichen Regelungen für die Niederlassung eines Arztes - und das muss man wollen!