Bald ist Weihnachten - aber was schenken? Für Kinder liegen inzwischen immer früher auch Smartphones, Tablets oder Laptops unter dem Weihnachtsbaum. Ab welchem Alter eignen sich die digitalen Geräte überhaupt als Geschenk? Lambert Zumbrägel von der Stadtbücherei Würzburg berät Familien zu Fragen rund um das Thema Medien und Erziehung. Im Gespräch gibt der Medienpädagoge Tipps, wie Kinder eine richtige Handhabe für elektronische Medien entwickeln können.
Lambert Zumbrägel: Grundsätzlich würde ich erst ab einem Alter von etwa zehn Jahren ein persönliches, mobiles und internetfähiges Handy empfehlen. Ab diesem Alter besuchen Kinder in der Regel eine weiterführende Schule. Damit verändert sich in ihrem Leben einiges. Bei Zehnjährigen wächst dann der Bedarf, sich sozial neu einzuordnen. Sie fragen sich dann, wer sie sein wollen und fangen an, sich in der Gruppe neu zu organisieren. Ein Smartphone kann dabei helfen, diese Veränderung zu strukturieren. Vorher würden Kinder ein Smartphone eher zum Spielen in der Freizeit, nicht zum Kommunizieren verwenden.
Zumbrägel: Da rate ich Eltern eher dazu, ein klassisches Handy für 15 Euro zu kaufen. Damit kann das Kind jederzeit anrufen, falls etwas sein sollte. Um ein Smartphone sicher und eigenständig nutzen zu können, braucht es ein hohes abstraktes Vorstellungsvermögen. Das können Kinder erst ab einem Alter von etwa zehn Jahren entwickeln. Die durchaus komplexe Kommunikation über die Sozialen Medien wirkt für viele überfordernd und nicht greifbar. Sie wird erst mit dem Beginn der Pubertät interessant.
Zumbrägel: Wenn Eltern das Gefühl haben, dass das Kind abgehängt wird, macht es eher Sinn, sich als Familie vorher ein Tablet zu kaufen. Der Unterschied ist vor allem ein psychologischer. Dadurch, dass ich ein Smartphone in jede Tasche stecken kann, wird es für mich zu einem persönlichen Gerät. Bei einem Tablet geht das wegen der Größe nicht. Technisch unterscheiden sich die beiden Geräte kaum voneinander. Jüngere Kinder benötigen eher eine Spielkonsole wie eine Nintendo Switch oder eine feste X-Box oder Playstation. Die empfehle ich aber erst ab dem Grundschulalter, auch weil Konsolen sehr fordernd sein können.
Zumbrägel: Die Eltern müssen das Kind bei der Nutzung aktiv begleiten und dürfen es damit nicht alleine lassen. Digitale Medien sollten also nicht einfach frei zur Verfügung gestellt werden. Eltern müssen mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter kommunizieren und dem Kind über die Schultern schauen. Aber aufgepasst: Sobald das Kind in die Pubertät kommt, gibt es Themen, die es nicht mehr mit den Eltern teilen will. Wer also ein Smartphone schenkt, muss höchst sensibel sein: Auch ein Kind hat ein Recht auf eine digitale Privatsphäre. Mit der Zeit sollte die Kontrolle dem Vertrauen weichen. Wenn ich aber mitbekomme, dass etwas schiefläuft, muss die Kontrolle wieder zunehmen.
Zumbrägel: Jein. Bei sogenannten Überwachungsapps wiegen sich Eltern schnell in einer trügerischen Sicherheit. Wenn das Kind bei einem Freund sitzt, nutzt es möglicherweise ein anderes, ungeschütztes Gerät. Letztlich geht es darum, den Sohn oder die Tochter kompetent im Umgang damit zu machen und nicht darum, das Kind absolut zu kontrollieren. Es muss lernen, mit den Gefahren des Lebens richtig umzugehen.
Zumbrägel: Das ist eher eine schulische Frage. Grundschulkinder werden immer mehr dazu angehalten, ins Netz zu kommen. Dafür kann man auch ein Tablet nutzen. Ein Laptop wird ab der weiterführenden Schule interessant, wenn es darum geht, viel zu tippen und mehr damit zu arbeiten. Dazu kommt, dass ein Laptop auch nicht ganz billig ist. Alles andere kann ich bereits mit einem Tablet lernen. Hier gibt es bereits einige Projekte in Kindergärten. Die wichtigere Frage dabei ist: Welche Apps nutzt mein Kind und sind die Programme kindgerecht?
Zumbrägel: Ich empfehle keine tägliche Zeitbegrenzung, sondern lieber ein gewisses Kontingent für die gesamte Woche. So kann das Kind selbstständig entscheiden, wie es die Zeit am Handy verteilt: Heute vielleicht nicht, dafür morgen etwas länger. Wenn ein Kind mal länger am Rechner sitzt, ist das auch nicht gleich gefährlich. Beim Medienkonsum ist es ein wenig wie beim Alkohol: Wenn es einen Zwang gibt und ich jeden Tag spielen muss, wird es bedenklich. Deshalb sollten Kinder nicht konstant jeden Tag eine halbe Stunde am Handy oder Laptop verbringen. Sie müssen, ähnlich wie beim Taschengeld, lernen zu haushalten. Und Eltern müssen es auch aushalten, dass ihr Kind einmal dreieinhalb Stunden am Stück spielt. Dann eben nur einmal die Woche.
Zumbrägel: Wichtig ist, immer drauf zu achten, was meinem Kind guttut. Das hängt in erster Linie mehr vom Inhalt als vom Faktor Zeit ab. Bei einem Spiel ist es nicht entscheidend, wie lange es dauert, sondern was dort gespielt wird. Ein kreatives Strategiespiel wie Minecraft, das deutlich länger dauert, unterscheidet sich bedeutend von einem einfachen Autorennspiel, mit dem ich nach zwei Stunden durch bin. Eltern sollten sich immer fragen, ob das, was ihr Kind dort macht, konstruktiv und fördernd ist - oder destruktiv. Ich rate immer dazu, sich genau damit zu beschäftigen, was das Kind dort gerade spielt und ob es ihm noch guttut. Hier unterscheiden sich Kinder auch individuell voneinander.
Zumbrägel: Zunächst erlernt das Kind, damit die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Es lernt, seine Zeit einzuteilen und zu reflektieren. Da hilft es, wenn Eltern mit ihren Kindern reden und gemeinsam darüber sprechen, was ihnen für Apps oder Spiele gefallen oder was Mutter oder Vater daran nicht gefällt. Die zentrale Aufgabe von Eltern ist es, mit den Kindern darüber zu sprechen. Nur so lernen sie einen verantwortungsvollen Umgang und ihre allgemeine Medienkompetenz steigt. Für Kinder ist es wesentlich, ihnen verschiedene Geräte und Funktionen zu erklären und ihnen zu sagen, warum etwas gefährlich oder nicht gut für sie ist.
Zumbrägel: Neben den physischen Gefahren wie schlechter Körperhaltung gibt es abstrakte Gefahren. Wenn sich Kinder zum Beispiel in digitalen Räumen bewegen, in denen sich auch andere Menschen aufhalten. Beispielsweise Pornoseiten. Hier müssen Eltern immer offen und transparent gegenüber ihren Kindern auftreten. Die Kinder müssen wissen, bei Problemen immer auf die Eltern zukommen zu können. Also: ermutigen und nicht mit Verboten drohen. Schutz sollte immer positiv vermittelt werden.
Zumbrägel: Hier empfehle ich, erst mal etwas auszuprobieren, bevor ich es gleich kaufe. In der Bibliothek der Dinge am Hubland in Würzburg zum Beispiel können sich Kinder Spielekonsolen ausleihen und mit den Eltern ausprobieren. Falls es dort nichts gibt, können Familien auch bei Freunden nachfragen oder ein gebrauchtes Model über Anbieter wie Refurbished zulegen.
wie das dann in Zukunft weiter läuft, kann sich jeder selber ausmalen.
Meiner Meinung nach sind viele sogar schon abhängig davon... und damit meine ich nicht nur Kinder und Jugendliche.