
Schutt und Asche, aus und vorbei: Wer Bilder vom Großbrand 2012 auf dem Biobauernhof "Remlinger Rüben" sieht, muss vom Schlimmsten ausgehen. Ein riesiger Trümmerhaufen, fünf Millionen Euro Schaden, wichtige Betriebsteile zerstört – wie kann das ein Unternehmen überleben?
Das ist nicht nur eine Frage von Versicherung und Geld, wie das Beispiel von Thomas Schwab zeigt. Zehn Jahre nach der Katastrophe ist für den Hofbetreiber in Remlingen (Lkr. Würzburg) klar, wie er über diesen Schicksalsschlag hinwegkam. Es ist eine Geschichte über Glück im Unglück, vorausschauende Personalpolitik, gute Kontakte und eine gehörige Portion Gelassenheit.
12. Juni 2012: Die Halle am Ortsrand von Remlingen brennt bis auf die Grundmauern nieder
Es ist der 12. Juni 2012, als gegen 4.45 Uhr das Telefon von Thomas Schwab klingelt. Ein Augenzeuge berichtet, dass Schwabs Halle am Ortsrand von Remlingen in Flammen steht.
Schwab eilt mit seiner Frau zur Halle und sieht sofort den Feuerschein am Nachthimmel. Kurz darauf ist ihm klar: Eine der beiden erst drei Jahre zuvor gebauten Hallen seines Bio-Betriebs wird bis auf die Grundmauern niederbrennen.

In der Tat kann die Feuerwehr das Gebäude mit der Fläche eines halben Fußballplatzes nicht mehr retten. Verletzt wird niemand. Am Ende muss Schwab mit einem Schaden von fünf Millionen Euro fertig werden. Die Brandursache sei nie geklärt worden, sagt der studierte Landwirt heute.
Wenn der 58-Jährige zurückblickt, wirkt er ungewöhnlich unaufgeregt. Es sei einfach "ein Riesenglück" gewesen, dass sein Bio-Bauernhof nach dem Großbrand weiterlaufen konnte und der Wiederaufbau der Halle ohne große Komplikationen schon nach einem Jahr beendet gewesen sei.

So harmlos wie das zehn Jahre später klingt, war es aber offenbar nicht. Schwab hatte damals 18 Beschäftigte, heute sind es 25. Personal, das trotz des Schicksalsschlages gehalten werden wollte.
Am Tag des Brandes verhandelte Thomas Schwab mit Tegut, wie es weitergehen kann
Vor allem eine schnelle Redaktion von Thomas Schwab am Unglückstag stellt die wichtigen Weichen für das Überleben des vor allem auf Möhren, Kartoffeln und Zwiebeln spezialisierten Unternehmens. Schwab erinnert sich, dass er an jenem 12. Juni gleich um 7.30 Uhr in der Fuldaer Zentrale des Lebensmittelhändlers Tegut anrief mit den Worten: "Wir brennen gerade ab." Dann stieg er ins Auto und verhandelte schon eineinhalb Stunden später in Fulda mit den Tegut-Verantwortlichen, wie es nun weitergehen kann.
Die hessische Supermarktkette ist seit mehr als 20 Jahren der wichtigste Kunde von "Remlinger Rüben". Am Tag des Brandes sei ihm klar gewesen: Wenn Tegut nun abspringt, ist so ziemlich alles verloren, erzählt Schwab.
Bauern in der Umgebung halfen ihm bei der Warenlieferung an Tegut
Doch Tegut sprang nicht ab, zu eng waren offenbar die Lieferbeziehungen. Mit seiner schnellen Reaktion am Tag des Großbrandes versuchte der Remlinger Landwirt, das Vertrauen zu halten. Das habe funktioniert, weil er schon damals gut mit anderen Bauern in der Umgebung vernetzt gewesen sei.
Die halfen ihm bei der Warenlieferung an Tegut. Ein Netz, das hielt: Heute ist Thomas Schwab nach eigener Darstellung mit 20 regionalen Partnerbetrieben per Liefervertrag verbunden. Deren Waren bringt er samt seinen eigenen regelmäßig zu Tegut.
Unternehmer Schwab über die Belegschaft: "Die organisieren sich selber"
Doch es war nicht nur die gute Vernetzung, die Schwab 2012 über die Hürde half. Er hatte auch gut vorgesorgt und gängige Versicherungen für den Schaden und die Betriebsunterbrechung abgeschlossen. Und er vertraute seinem Personal.
Schon vor dem Brand hatte Thomas Schwab viele Aufgaben an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter delegiert. "Die organisieren sich selber", sagt er auch heute noch über seine Belegschaft. Das führe dazu, dass er manche Details im Betriebsalltag nicht kenne. Aber das sei kein Problem.
Hinzu kommt eine Charaktereigenschaft Schwabs, die ihn offenbar von Schockstarre und Panik fernhielt: "Ich habe schon immer ein dickes Fell." Diese Gelassenheit habe ihm geholfen, auch ohne psychologische Hilfe mit dem Unglück fertig zu werden. Geblieben sei nur ein Schreck, den er immer dann verspürt, wenn im Ort die Sirene heult.
Als nach dem Brand die herkömmliche Arbeit auf dem Bio-Hof deutlich eingeschränkt war, führte der Unternehmer Stundenkonten ein. So habe er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten können, weil sie Minusstunden aufbauen durften. Kurzarbeit habe er nicht in Anspruch nehmen müssen, erinnert sich Schwab.
Zwei Beschäftigte kümmerten sich um alles, was mit dem Brand zusammenhing
Um den Berg an Formalitäten rund um Versicherungen, Banken und den Wiederaufbau der Halle zu meistern, delegierte der Remlinger wieder Aufgaben. Zwei Beschäftigten gab er den Auftrag, sich um all das zentral zu kümmern – und um nichts anderes. Zum Glück sei die Buchhaltung von den Flammen verschont geblieben, sagt Schwab.
Während der Phase des Wiederaufbaus habe er in seinem Unternehmen "einen Motivationsschub" gespürt, erinnert er sich. Manches habe "wie ein Uhrwerk" funktioniert.
Ähnlichkeiten mit einem Großbrand in einer Zimmerei in Goßmannsdorf
Das ähnelt einem Fall, der sich nur wenige Monate später in Goßmannsdorf (Lkr. Würzburg) ereignete: Dort brannte im März 2013 die Zimmerei des heutigen Ochsenfurter Bürgermeisters Peter Juks ab. Millionenschaden, qualmende Trümmer, ein Unternehmer vor dem Aus.
Doch Juks setzte auf Zuversicht. "Es geht weiter, jetzt erst recht", sagte er damals. Und er versprach seiner zehnköpfigen Belegschaft: "Die nächste Weihnachtsfeier feiern wir im neuen Betrieb." Die Entschlossenheit hatte Erfolg, denn schon fünf Monate nach dem Brand war Richtfest für die wiederaufgebaute Werkstatt. Den Betrieb gibt es heute noch.
Vor allem finanziell kann ein Großbrand für ein Unternehmen verheerend sein. Doch Bio-Landwirt Schwab ist nach eigenen Worten auch in dieser Hinsicht gut durchs Unglück gekommen. 2012 sei unterm Strich ein "vernünftiges Wirtschaftsjahr" gewesen. "Außerdem hat die Versicherung den ganzen Schaden bezahlt." Heute macht Schwab einen Jahresumsatz von sechs Millionen Euro.
Welche Katastrophen Bio-Landwirt Schwab jetzt sieht
Zehn Jahre später blickt Schwab schon deshalb unaufgeregt auf den Großbrand zurück, weil er längst andere, für ihn wuchtigere Katastrophen auf seinen Betrieb zukommen sieht: Wassermangel wegen des Klimawandels und steigende Lebensmittel-Preise. Dass werde auch die Landwirtschaft treffen.
Den so gut überstandenen Großbrand vor zehn Jahren will Thomas Schwab nicht feiern. Dafür habe er jetzt keinen Kopf. Später vielleicht mal. Aber heuer sei ein solches Jubiläum "irgendwie blöd".