Diese Corona-Zeiten sind wahrlich sehr bewegt, und so tun auch die Ereignisse das, was sie am besten können: Sie überschlagen sich. Vor Wochenfrist hatten wir an dieser Stelle gerade übers Wochenend-Alkoholverbot auf Würzburgs schönster Brücke lamentiert, als kurz darauf die Kunde kam, dass spätabends nun gleich die gesamte Innenstadt in die Null-Prozent-Röhre guckt. Und ja, auch am schönen Mainufer muss am Abend die Cola ohne Whisky auskommen.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, gehen auch noch Ordnungsdienst und Polizei auf Streife. Damit starb bei Würzburgs Partyvolk die letzte Hoffnung – nämlich dass das neue Alkoholverbot vielleicht genauso streng kontrolliert würde wie kürzlich die neue Einbahnregelung in der Zeller Straße, also gar nicht.
Doch was ist das Alkoholverdikt gegen die Verwerfungen zwischen zwei deutschen Küstenländern und unserer Perle am Main? Vom frisch gedeckten Tisch weg wurden vier ahnungslose Urlauber vor eine Rügener Hoteltür gesetzt, nur weil sie aus Würzburg kamen und man im Nordosten Panik schiebt, die Gäste aus Unterfranken könnten die schöne Corona-Bilanz verhageln!
Weil wir nun in dieser Kolumne nicht nur die Wahrheit, sondern auch das Niveau hochhalten, machen wir uns wahrlich nicht zu eigen, was ganz böse Zungen als Grund für die auffallend niedrige Corona-Inzidenz in Meckpomm anführen: Nämlich dass zu einer Provinz mit solch umwerfender Gastfreundschaft selbst das Coronavirus die Abstandsregel einhält – und zwar freiwillig!
Viel lieber lassen wir walten, wofür wir Würzburger bis an die Stadtgrenze weltberühmt sind, gemeint ist unser Großmut. Und so sehen wir mit einem milden Lächeln über den Fauxpas von Rügen hinweg, auch wenn ein solches Vorkommnis in früheren Epochen gut und gern als Kriegsgrund hergehalten hätte – so ändern sich die Zeiten.
Nicht ganz hinwegsehen können wir indes darüber, was man sich im anderen norddeutschen Bindestrichland hat einfallen lassen. In Schleswig-Holstein muss neuerdings in Quarantäne, wer aus Würzburg einreist, "beispielsweise als Reiserückkehrerin oder Reiserückkehrer". Das ist exakt der Punkt, an dem man mal die Frage stellen muss, was eigentlich größer ist: die Langeweile am Timmendorfer Strand oder der Realitätsverlust im Kieler Gesundheitsministerium.
Um es klar zu sagen, verehrte Beamtinnen und Beamte im hohen Norden: Ihr konstruiert da ein Problem, das es in Wahrheit gar nicht gibt! Oder glaubt ihr wirklich, dass irgendjemand freiwillig zurückkehrt in eure meerumschlungene Ödnis, nachdem er mal in Würzburg war? Weg von Schäufele und Bacchus, zurück zu Fischbrötchen und dünnem Bier? Nie im Leben!
Und so wird wohl der Tag kommen, an dem ihr eure an Würzburg verlorenen Landeskinder bitterlich vermissen werdet, es sei denn, ihr lenkt ein – und die Gelegenheit ist günstig: Wie wäre es mit einem Brückenschoppen an der Küste, vielleicht auf der Seebrücke in Heiligenhafen? Dann kämen in diesen trüben Zeiten womöglich nicht nur eure am Main gebliebenen Bürger wieder, sondern ein paar nette Würzburger gleich mit – echt wahr!
Warum beim besten Willen sollte ein Küstenbewohner Würzburg als Wohnort vorziehen?
Und: der Satz mit dem dünnen Bier im Norden zeugt auch nicht von großer Kompetenz.
In der Glosse wird alles natürlich überspitzt formuliert, aber in diesem Fall war mir, obwohl Würzburgerin, zu scharf.