
Die Stadtratssitzungen sind häufig wie Telefonkonferenzen während der Corona-Krise: langweilig, dauern viel zu lange und am Ende kommt doch wenig bei raus. Am vergangenen Montag, bei der ersten Sitzung des neuen Würzburger Stadtrats war das wahrlich anders. Zwar kamen nach vier Stunden auch nur zwei neue hauptamtliche Bürgermeister, eine Resolution gegen Antisemitismus und ein erster Blick auf das OB-Baby heraus, das samt Mutter einen Ehrenplatz in der ersten Reihe hatte. Doch der Unterhaltungsfaktor war sogar noch höher als der bereits erhöhte Blutdruck von Wolfgang Roth bei der Wahl von Judith Jörg zur dritten Bürgermeisterin.
Denn ZfW-Stadtrat Wolfgang Baumann, am Deal zwischen Grünen und CSU eigentlich völlig unbeteiligt, hatte plötzlich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Barbara Lehrieder als Jörgs Gegenkandidatin nominiert und aus der Bürgermeisterwahl doch noch einen vorgezogenen Montagskrimi gemacht.
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Sofort war Matthias Pilz, Verhandlungsführer der Grünen, aufgesprungen, um seine Parteikollegen einzunorden und an die Abmachung zu erinnern. Bei der Auszählung war die Spannung dann auf dem Siedepunkt. Sogar der kleine Leonard Justus Bastian Schuchardt, der zuvor zur Freude des Vaters einige Male schrie (wahrscheinlich war er nur mit den Entscheidungen seines Vaters nicht einverstanden), war mucksmäuschenstill. Dass der Oberbürgermeister das Ergebnis verkünden wollte, obwohl noch ein Stapel mit Stimmzetteln fehlte, beruhigte die Nerven nicht.
Keine Umarmung für Adi Bauer
Letztlich reichte es trotzdem für Jörg und Oberbürgermeister Schuchardt durfte die scheidenden ehrenamtlichen Bürgermeister verabschieden. Während er Schäfer-Blake (SPD) gerne aufgrund der tollen Zusammenarbeit in die Arme geschlossen hätte, aber wegen Corona nicht durfte, betonte das Stadtoberhaupt, dass er bei seinem CSU-Kollegen Bauer sowieso nicht rumkommen würde. Bauer, der sein Amt nach 24 Jahren als Bürgermeister abgibt, erhielt bei der Wahl übrigens auch eine Stimme.
Wenn sich der Stadtrat schon auf zwei neue hauptamtliche Bürgermeister einigt, wäre es zum Abschied schön gewesen, für Bauer eine Stelle als Ehrenbürgermeister zur Eröffnung von Weinfesten zu schaffen. Meine Stimme hätte er gehabt.

Apropos Alkohol. Für die jüngsten neu ins Gremium gewählten Stadträte kamen im CCW wohl Erinnerungen an ihren Abschlussball auf. Denn während Stadtrat Niklas Dehne (Grüne) in der Sitzung ein Dunkles Radler genoss, erschien Rena Schimmer (CSU) im schicken Kleidchen und mit hohen Schuhen, bereit um über die Tanzfläche zu schweben.
Westphal: Schweinfurt statt Würzburg
Zum Abschluss der Sitzung sorgte Kerstin Westphal (SPD) dann noch für einen Lacher. Während ihrer durchaus bemerkenswerten Rede zur Resolution gegen Rassismus und Diskriminierung, unterlief der ehemaligen Schweinfurter Stadträtin ein peinlicher Fehler. Sie sagte Schweinfurt und nicht Würzburg, da schüttelte wohl sogar der OB-Spross den Kopf. Echt wahr.
Was anderes kann man von der Grünen Jugend wohl auch nicht erwarten...