Mit der guten Laune in der Coronakrise ist das wahrlich so eine Sache. Vor allem sinken die Mundwinkel kanzlermäßig spätestens dann nach unten, wenn das vor Monaten schon gekaufte Flugticket aus der Schublade gezogen wird. Genauso schnell kann es dorthin auch wieder verfrachtet werden. Eher steigen noch die Umfragewerte der Würzburger SPD als der Rumpf einer Lufthansa-Maschine in Nürnberg.
Fernreisen sind diesen Sommer mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht drin. Stattdessen gibt es Urlaub zu Hause. Das 0,5-Sterne "Mare del Raufaser" in Balkongo ersetzt zwar nicht das, was einem der Reisekatalog vorgegaukelt hat, aber so ist es eben. Und die weite Reise braucht es doch auch gar nicht. Kulinarische Fehltritte, undefinierbare Flüssigkeiten im Planschbecken, schmutzige Zimmer – in ganz Würzburg versuchen Reisefreunde jetzt diese Zustände in ihren eigenen vier Wänden nachzustellen, um zumindest wieder das Gefühl für einen misslungenen Pauschalurlaub zu kriegen. Und für die nervig laut rumtobenden Kinder sorgt ja wahrlich schon der nette Nachbar.
Früher Palast, heute Zellerau
Besonders der Balkon ist Hoffnungsträger in der Urlaubskrise. Der hatte schon vor ein paar Wochen seinen Soll erfüllt. Wo sollten die 1000 Rollen Klopapier, 100 Packungen Mehl und 50 Kanister Desinfektionsmittel auch sonst hin? Eigentlich waren Balkone früher Palästen und Schlössern vorbehalten, von Aumühle bis Zellerau gehören sie aber längst für viele zur Standardausstattung der Immobilie. Irgendwie müssen Vermieter ja die horrenden Mietpreise in Würzburg rechtfertigen, die leider dafür gesorgt haben, dass die Knete für die 1001. Packung Klopapier nicht mehr gereicht hat. Da bleibt nur der neidische Blick auf den Balkon des Nachbarns, der mit seinem Zellulose-Turm schon längst das Ämterhochhaus in den Schatten stellt.
Regenwald fürs Heim
Immerhin ist Terrassien unproblematisch stornierbar, die Liegen sind auch ohne Handtuch reserviert und hämische Blicke auf den Bierbauch gibt es maximal von der Ehefrau. Wer lieber den Regenwald bevorzugt, stellt sich eben zwei Stunden vor die Yucca-Palme eines schwedischen Möbelhauses und lässt den Rasensprenger im Akkord laufen. Und wenn sich der gewiefte Ägyptenliebhaber genüsslich im Sandkasten der Tochter wälzt, während der übergewichtige Golden Retriever das Kamel mimt, kann die Welt "da draußen" noch so schrecklich sein: Zu Hause ist Urlaub doch immer noch am schönsten, echt wahr!